Kontokorrent im französischen Unternehmensinsolvenzrecht

20.08.13
Bankkonto und Scheck
Kontokorrent im französischen Unternehmensinsolvenzrecht
Bankkonto und Scheck

Fortbestehender Kontokorrentvereinbarung nach Entscheidung des französischen Insolvenzverwalters

Regelmäßig stellt sich bei der Eröffnung des französischen Insolvenzverfahrens mit Fortführung (redressement judiciaire) eines französischen Unternehmens die Frage des Fortbestands eines der für die Geschäftstätigkeit wichtigsten Verträge, nämlich der Kontokorrentvereinbarung mit der Bank.

Die Handelskammer des französisches Revisionsgerichts (Cour de cassation) hat in einem Urteil vom 4. Juni 2013 ihre Rechtsprechung bestätigt, nach welcher die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegenüber einer Gesellschaft nicht die Kündigung der Kontokorrentvereinbarung mit der Bank zur Folge hat, soweit der Insolvenzverwalter sich für deren Fortsetzung entschieden hat. Die Entscheidung des Insolvenzverwalters bzgl. der Fortsetzung eines Vertrags ist nach französischem Unternehmensinsolvenzrecht für den Vertragspartner rechtlich bindend.

Im vorliegenden Fall hat ein französischer Insolvenzverwalter, welchem im Insolvenzverfahren eine unterstützende Aufgabe ohne Beschränkung übertragen wurde, sich für die Fortsetzung der Kontokorrentvereinbarung entschieden. Die Fortsetzung dieses Vertrags erfolgt auf Ersuchen des Insolvenzverwalters hin unter der Bedingung einer zweifachen Unterschrift: Der des Schuldners und der des Insolvenzverwalters. Die Bank hat versucht, sich ihren Verpflichtungen zu entziehen, indem sie die Fortführung des Vertrags abgelehnt hat. Der Insolvenzverwalter und die insolvente Gesellschaft haben daraufhin den zuständigen französischen Richter angerufen. Der zuständige Richter der ersten Instanz hat die Aufrechterhaltung der Kontokorrentvereinbarung bestätigt, gefolgt vom Berufungsgericht.

Die Rechtskraft der Entscheidung des Insolvenzverwalters

Anschließend hat die Bank Revision eingelegt, welche durch den französischen Kassationsgerichtshof in seinem Urteil vom 4. Juni 2013 verworfen wurde. Die Bank argumentierte, dass ihr durch das Erfordernis einer zweifachen Unterschrift eine zusätzliche Bedingung auferlegt wurde, welche in der ursprünglichen Kontokorrentvereinbarung nicht vorgesehen war. Aber das Kontokorrent muss, wie der Cour de Cassation festgestellt hat, dagegen unter der Bedingung der zweifachen Unterschrift funktionieren: Die Aufgabe des Insolvenzverwalters enthält die Verpflichtung, die Gesellschaft in allen Geschäftshandlungen, vor allem in denen, die das Funktionieren von  Bankkonten betreffen, zu unterstützen. Die Bank darf vor diesem Hintergrund die Entscheidung des Insolvenzverwalters nicht bestreiten.

Außerdem hat die Bank dargelegt, dass die unterstützende Tätigkeit des Insolvenzverwalters seine Zustimmungspflicht nur im Fall der Scheckausstellung erfordert, ohne dass dabei eine zweifache Unterschrift notwendig sei.

Das französische Revisionsgericht hat entschieden, dass der Insolvenzverwalter die sich im Insolvenzverfahren befindliche Gesellschaft in allen Geschäftsführungsmaßnahmen unterstützen muss. Außerdem hat das oberste französische Gericht daran erinnert, dass allein die Tatsache, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nach französischen Unternehmensinsolvenzrecht nicht zu einer Beendigung der laufenden Verträge führt.

Im Kontext der derzeit wachsenden finanziellen Schwierigkeiten von französischen Unternehmen ist die Klarstellung  des Cour de Cassation eine wichtige Botschaft an die Banken.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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