Die persönliche Haftung des Gesellschafters der französischen SAS

22.09.14
Haftung in der société par actions simplifiee (S.A.S)
Haftung in der société par actions simplifiee (S.A.S)
Haftung in der société par actions simplifiee (S.A.S)

In einer Entscheidung vom 18. Februar 2014 hat die Handelskammer des französischen Kassationshofs (Cour de cassation) zum ersten Mal bestätigt, dass der Gesellschafter einer vereinfachten Aktiengesellschaft französischen Rechts (Société par actions simplifiée, SAS) persönlich für sein Verschulden gegenüber eines Vertragspartners der Gesellschaft haften kann. Der Sachverhalt, der dieser Angelegenheit zugrunde lag, war komplex.

Haftungsfall für den Gesellschafter der französischen SAS

Ein Kaufmann hat einen Beitrittsvertrag mit der Firma ITM, die eine große Supermarktkette in Frankreich betreibt, abgeschlossen, um eine Filiale dieser Supermarktkette zu betreiben. Anschließend hat er eine Betriebsgesellschaft in der Form einer französischen SAS gegründet, von der er Hauptaktionär und Präsident war.

Um sicher zu gehen, dass diese SAS vollständig in das Vertriebsnetz der Supermarktkette integriert wird, hat die Firma ITM eine Aktie an der SAS erworben. Außerdem sah die Satzung der SAS vor, dass alle außerordentlichen Entscheidungen mindesten fünfzehn Jahre lang einstimmig getroffen werden müssen, also mit der Zustimmung der Firma ITM.

Nach Ablauf dieser fünfzehn Jahre hat der Präsident und Hauptgesellschafter der SAS diese Regel der Einstimmigkeit in eine Mehrheitsregel umgewandelt, was zur Folge hatte, dass einige Betriebsverträge zwischen der SAS und der Firma ITM bezüglich des Betriebs der Supermarktfiliale automatisch gekündigt wurden. ITM hat daraufhin versucht, die Firma SAS sowie ihren Präsidenten und Hauptgesellschafter in Anspruch zu nehmen, um den ihr entstanden Schaden zu entschädigen.

Satzungsänderungen der Betriebsgesellschaft, die Vertragspartnern schaden, gelten als fehlerhafte Handlungen

Das Berufungsgericht, gefolgt von der Handelskammer des Kassationshofs, hat bestätigt, dass die SAS in Anspruch genommen werden kann, da sie die Regel der Einstimmigkeit in ihrer Satzung durch eine Mehrheitsregel ausgetauscht hat: für den Kassationshof stellt diese Satzungsänderung eine fehlerhafte Handlung dar, da sie automatisch zur Kündigung der Betriebsverträge mit der Firma ITM führte.

In Anbetracht des Zusammenspiels zwischen den unterschiedlichen von den Parteien geschlossenen Verträgen hat die Satzungsänderung zur Vertragsverletzung des Betriebsvertrags der Supermarktfiliale geführt, woraus der Firma ITM zweifellos ein Schaden entstanden ist.

Berufungsgericht und Kassationshof waren sich über das Haftungsprinzip zwar einig. Allerdings musste noch entschieden werden, wer zwischen der SAS und ihrem Präsidenten und Hauptgesellschafter für den Schaden haften musste.

Der Hauptgesellschafter der Betriebsgesellschaft muss persönlich für seinen Fehler haften

In dieser Hinsicht ist die Entscheidung des Kassationshofs überraschend: bis heute ging man in der Tat im Regelfall davon aus, dass die juristische Person der SAS die persönliche Haftung der Gesellschafter gegenüber Dritten abschirmt. Der Kassationshof hat in der vorliegenden Entscheidung allerdings entschieden, dass ein Aktionär unter gewissen Bedingungen persönlich für sein fehlerhaftes Verhalten gegenüber einem Vertragspartner der Gesellschaft haften muss.

Das Gericht ging dabei davon aus, dass die Entscheidung des Hauptgesellschafters eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen um die Regel der Einstimmigkeit durch eine Regel der einfachen Mehrheit zu ersetzten, woraus eine eindeutige Verletzung des Betriebsvertrags der Supermarktfiliale entstand, ein besonders grobes Verschulden seinerseits darstellte, das nicht mit einer normalen Ausübung der Befugnisse eines Gesellschafters vereinbar ist und daher seine persönliche Haftung gegenüber Dritten Vertragspartnern der SAS mit sich bringt.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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