Endlich eine offizielle Definition der Holding mit Leitungstätigkeit!
03.07.18

Tragweite der steuerlichen Behandlung einer Holding mit Leitungstätigkeit
In einem Urteil vom 13.06.2018 nutzte der französische Staatsrat die Gelegenheit, um den Begriff der Holding mit Leitungstätigkeit (holding animatrice) im Zusammenhang der Einkommensteuer näher zu bestimmen. Es handelt sich um ein mit Spannung erwartetes Urteil. Dieser Begriff wurde bis zu diesem Zeitpunkt nämlich noch nie eindeutig definiert. Er ist jedoch äußerst wichtig, denn er begründet in bestimmten Situationen insbesondere einen Anspruch auf Steuervergünstigungen.
Der Steuerstatus der Holding mit Leitungstätigkeit erlaubt es in der Tat, von zahlreichen Vergünstigungen zu profitieren. So sind zum Beispiel bedeutende Steuerbefreiungen für den Fall einer Übertragung von Aktien einer Holding mit Leitungstätigkeit im Rahmen eines Nachlasses vorgesehen. Das gleiche gilt für die Vermögensteuer auf Immobilien (impôt sur la fortune immobilière): Die Beteiligung an einer Holding mit Leitungstätigkeit wird als geschäftlicher Vermögensgegenstand betrachtet und ist somit von der Vermögensteuer auf Immobilien befreit.
Halten von Beteiligungen
Im vorliegenden Fall haben mehrere Gesellschafter, die natürliche Personen sind, ihre Aktien an einer Holding veräußert. Sie waren der Meinung, dass der aus diesen Verkäufen erzielte Nettogewinn von der Einkommensteuer durch den Freibetrag gemäß Artikel 150-0 D ter und 150-0 bis des frz. Steuergesetzbuches (code général des impôts) befreit war. Dieser Freibetrag war laut ihnen anwendbar, denn er ist Verkäufen von Aktien aus Gesellschaften mit Leitungstätigkeit vorbehalten. Das französische Finanzamt forderte eine Steuerberichtigung und belastete die Gewinne aus dem Verkauf mit der Einkommensteuer, denn nach der Auffassung des Finanzamtes hatte die Holdinggesellschaft keine Leitungstätigkeit.
Die Holdinggesellschaft war Inhaberin von 95 % des Grundkapitals einer Gesellschaft und diese Beteiligung stellte den Großteil der Aktiva der Holding dar. Eine zwischen der Holdinggesellschaft und dieser Tochtergesellschaft unterzeichnete Vereinbarung sah vor, dass die Muttergesellschaft für die Tochtergesellschaft Verwaltungsleistungen erbringt und die Grundlinien für Strategie und Entwicklung festlegt. Artikel 3 dieser Vereinbarung legte jedoch fest, dass die Holdinggesellschaft keine Entscheidungen für die Tochtergesellschaft treffen konnte, es sei denn sie war dazu bevollmächtigt.
Des Weiteren hatte die Gesellschaft zwischen 1999 und 2006 Maßnahmen ergriffen, um Unternehmen oder Geschäftszweige im gleichen Tätigkeitsbereich wie die Tochtergesellschaft zu erwerben.
Die Richter verweigerten der Gesellschaft, deren Aktien verkauf worden waren, in der ersten Instanz und in der Berufung den Status einer Holding mit Leitungstätigkeit. Sie waren nämlich der Meinung, dass die Holdinggesellschaft in den letzten fünf Jahren vor dem Aktienverkauf nicht wirksam in die Leitung der Tochtergesellschaft eingegriffen hatte.
Definition des Staatsrates der Holding mit Leitungstätigkeit
Der Staatsrat erklärt, dass „eine Holdinggesellschaft, deren Haupttätigkeit neben der Verwaltung der Beteiligungen
- die aktive Beteiligung an der Unternehmenspolitik der Gruppe und der Kontrolle der Tochtergesellschaften und
- falls zutreffend und ausschließlich intern die Erbringung von speziellen Verwaltungs-, Rechts-, Buchhaltungs-, Finanz- und Immobiliendienstleistungen ist,
eine Leitungstätigkeit für ihre Gruppe übernimmt und folglich als eine Gesellschaft mit einer Tätigkeit in den Bereichen Handel, Industrie, Handwerk, Freiberuflichkeit, Landwirtschaft oder Finanzen betrachtet werden muss“ im Sinne der günstigen Bestimmungen des frz. Steuergesetzbuches bezüglich der Nettogewinne aus Verkäufen. Daraus ergibt sich, dass eine Holdinggesellschaft als leitungstechnisch tätig betrachtet wird, wenn ihre Tätigkeit der Verwaltung von Beteiligungen entspricht und sie aktiv an der unternehmenspolitischen Leitung der Gruppe teilnimmt und die Kontrolle über ihre Tochtergesellschaften hat. Es handelt sich hierbei um eine Reihe von Indizien. Der vom Staatsrat entschiedene Fall ist somit einzigartig und erlaubt keine analogen Schlussfolgerungen mit (auch nur teilweise) abweichendem Sachverhalt. Es ist hervorzuheben, dass die Dienstleistungen der Holding ihre Haupttätigkeit darstellen müssen, was Holdings, deren Verwaltungstätigkeit nur nebensächlich ist, ausschließt.
Eingreifen einer Holding mit Leitungstätigkeit in die Unternehmenspolitik der Gruppe
Der Staatsrat hat im Gegensatz zu den Richtern des Berufungsgerichtes aus den Niederschriften des Verwaltungsrates der Gesellschaft Cofices geschlussfolgert, dass diese seit langem an der Unternehmenspolitik der Gruppe teilnimmt und verweist insbesondere auf die Suche nach neuen Partnern und die Bestimmung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Außerdem hatten die Gesellschaft Cofices und ihre Tochtergesellschaft, CES, eine Leitungsvereinbarung abgeschlossen. Laut der vom Staatsrat klar formulierten Definition musste die Gesellschaft Cofices als eine Holding mit einer Haupttätigkeit der Gruppenleitung betrachtet werden, so dass sie als Holding mit Leitungstätigkeit galt.
Eine offizielle Definition der Holding mit Leitungstätigkeit ersetzt nun jegliche Auslegung durch die Behörden. Es ist anzumerken, dass das vorliegende Urteil im Bereich der Einkommensteuer ergangen ist. Man muss sich also die Frage stellen, ob die Richter diese Definition der Holding mit Leitungstätigkeit beibehalten werden in zukünftigen Fällen im Zusammenhang mit der Vermögensteuer auf Immobilien oder unentgeltlichen Übertragung (Schenkung, Nachlass, etc.). Um eine gewisse Kohärenz zu garantieren, wäre es natürlich wünschenswert, wenn die Richter die gleiche Definition für eine Holding mit Leitungstätigkeit auf alle Situationen anwenden würden.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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Bild: Andrey Popov