Hat der Arbeitnehmer Zugriff auf alle beruflichen E-Mails dank dem Datenschutz?

Veröffentlicht am 25.09.25
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Hat der Arbeitnehmer Zugriff auf alle beruflichen E-Mails dank dem Datenschutz?
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Können französische Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber die Herausgabe sämtlicher im Rahmen ihrer Arbeit versandten und empfangenen E-Mails verlangen? Diese Frage ist in der Praxis von großer Bedeutung und verdient es, genau betrachtet zu werden – insbesondere, wie die französischen Gerichte sie beurteilen.

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Die Bekräftigung eines uneingeschränkten Auskunftsrechts auf berufliche E-Mails und deren Inhalte

Die Anerkennung von E-Mails als personenbezogene Daten durch die Richter

Das Urteil der Sozialkammer der französischen Cour de cassation (gleicht dem BAG) vom 18. Juni 2025 (Nr. 23-19.022) legt eine überraschende Regel fest: E-Mails, die ein Arbeitnehmer über sein berufliches E-Mail-Postfach austauscht, stellen personenbezogene Daten im Sinne von Artikel 4 der DSGVO dar. Folglich kann der Arbeitnehmer deren vollständige Herausgabe verlangen.

Ein Arbeitnehmer braucht als Beweismittel in einem Rechtsstreit Zugriff auf alle E-Mails in seinem beruflichen Postfach

Der Sachverhalt in dieser Entscheidung verhält sich wie folgt: Ein Arbeitnehmer wird im Anschluss einer internen Untersuchung, in der die Vorwürfe der Belästigung, sexistischer Handlungen oder Handlungen mit sexuellen Anspielungen geprüft werden sollten, verhaltensbedingt entlassen.

Der Arbeitnehmer wurde bereits ab der Ladung zum Vorgespräch freigestellt und hatte vorab keine E-Mails aus seinem beruflichen Postfach abgerufen. Da ihm nun die Zugänge gesperrt wurden und er somit auch keinen Zugriff auf seine E-Mails hatte, forderte er den Arbeitgeber auf, ihm seine beruflichen E-Mails zu übermitteln. Er wollte damit im Rahmen einer Kündigungsschutzklage seine Entlassung mit Beweisen bestreiten, die er in diesen E-Mails finden würde.

Der Arbeitgeber lehnte dies ab, da diese Korrespondenz, die im beruflichen Rahmen stattgefunden hat, nicht privat seien und nicht unter das in Artikel 15 der DSGVO vorgesehene Recht auf Zugang (das einer Person den Zugang zu ihren personenbezogenen Daten ermöglicht) fielen.

Die Richter stufen sämtlichen Inhalt aller E-Mails als personenbezogene Daten ein

Das Berufungsgericht und anschließend auch der französische Kassationsgerichtshof sind der Ansicht, dass alle E-Mails, einschließlich beruflicher E-Mails, als personenbezogene Daten zu behandeln sind. Mit seiner Entscheidung stuft der Kassationsgerichtshof berufliche E-Mails als personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO ein. Er begründet dies damit, dass sie eine direkte oder indirekte Identifizierung der betroffenen Person ermöglichen.

Aus diesem Grund stellen berufliche E-Mails personenbezogene Daten dar, und infolgedessen hat der Arbeitnehmer; im Sinne der Argumentation des Kassationshofs; ein Recht auf Zugang zu seinen personenbezogenen Daten (Artikel 15 DSGVO).

Widersprüchliche Vorschriften zu personenbezogenen Daten

Die Entscheidung des Kassationsgerichts ist in zwei Hinsichten unkoheränt:

  1. Diese Gleichstellung widerspricht den Richtlinien der CNIL (der französischen Datenschutzbehörde) und dem Wortlaut der DSGVO, die beruflichen E-Mails als Arbeitsmittel betrachten, das personenbezogene Daten enthalten kann.
  2. Indem der Arbeitgeber verpflichtet wird, das Dokument offenzulegen und nicht mehr nur die darin enthaltenen personenbezogenen Daten zu entfernen, entsteht eine echte Gefahr für die Cybersicherheit, da der Inhalt der E-Mails verbreitet wird.

Umfang des Auskunftsrechts: Inhalte, Metadaten, Einschränkungen aufgrund der Rechte Dritter

Zugriff auf alle E-Mails und deren Metadaten

Dieses Auskunftsrecht hat eine doppelte Tragweite: Der Arbeitnehmer, der einen entsprechenden Antrag stellt, hat nun das Recht, Folgendes zu erhalten:

  • nicht nur Dokumente, die personenbezogene Daten enthalten,
  • sondern auch die zugehörigen Metadaten (Zeitstempel, Empfänger, Anhänge usw.). Diese Argumentation widerspricht erneut dem vom Gerichtshof der Europäischen Union und in Artikel 15 der DSGVO festgelegten Rahmen, wonach Metadaten von den Informationen ausgenommen sind, die einer Person, die ihr Recht auf Auskunft ausübt, mitzuteilen sind.

Ursprünglich ermöglicht das Auskunftsrecht den Zugriff auf die eigenen personenbezogenen Daten, um deren Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu berichtigen.

Von den Richtern zugelassene Einschränkungen des Auskunftsrechts

An dieser Stelle sollte betont werden, dass dieses Auskunftsrecht nicht uneingeschränkt gilt. In seiner Entscheidung greift der Gerichtshof teilweise Artikel 15 der DSGVO über das Recht auf Auskunft auf und setzt eine Grenze: die Rechte und Freiheiten anderer.

Diese Einschränkung bringt jedoch zusätzliche Verpflichtungen und Kosten für den Arbeitgeber mit sich, der die Wahrung der Rechte Dritter beachten muss und aufpassen muss, welche Informationen er dem Arbeitnehmer, der sein Recht auf Auskunft ausübt, weitergibt. Dieses Verfahren ist kostspielig und kann viel Zeit in Anspruch nehmen, insbesondere wenn der Antrag eine große Anzahl von Dokumenten betrifft.

Praktische Herausforderungen und Risiken für den Arbeitgeber: Mitteilungspflicht, Rahmenbedingungen für Ablehnungen

Der Arbeitgeber hat dadurch zusätzlich die folgenden Punkte zu beachten:

  1. Die Bearbeitung eines Antrags auf Auskunftsrecht ist streng geregelt: Die Einhaltung dieses Verfahrens stellt eine zusätzliche Belastung für den Arbeitgeber dar. Er muss nämlich ein internes Verfahren einrichten, um dem Antrag auf vollständige Offenlegung der E-Mails innerhalb der vorgeschriebenen Frist (in der Regel 1 Monat) nachzukommen und die angeforderten Dokumente vorzulegen, wobei er darauf achten muss, die Rechte und Freiheiten anderer nicht zu verletzen (z. B. müssen sensible Daten geschwärzt).
  2. Der Arbeitgeber muss mit hohen Geldstrafen rechnen, wenn er dieser sehr weit gefassten Auskunftspflicht nicht nachkommt. In dem den Richtern vorgelegten Fall hatte und wurde der Arbeitgeber zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, als es sich geweigert, alle E-Mails und deren Metadaten herauszugeben.

Wenn der Arbeitgeber dem Antrag auf Auskunftsrecht stattgibt, aber bei seiner Antwort fahrlässig handelt, drohen ihm sowohl nach dem Arbeitsrecht als auch nach dem Datenschutzrecht die gleichen Strafen wie bei einer Ablehnung. Nach französischem Arbeitsrecht kann der Arbeitnehmer geltend machen, dass der Arbeitgeber sein Recht auf Verteidigung beeinträchtigt (insbesondere im Rahmen einer Kündigungsschutzklage). Im Datenschutzrecht kann die CNIL eingeschaltet werden und die Nichtbeachtung des Auskunftsrechts mit einer Geldstrafe ahnden.

Die Grauzonen

Dieses interne Verfahren wirft für den Arbeitgeber mehrere Fragen auf: Wer erhält den Antrag auf Auskunftsrecht? Welche Mittel werden eingesetzt, um die angeforderten personenbezogenen Daten zu entfernen? Durch diese Fragen sollen Streitigkeiten, in diesem Zusammenhang auftreten könnten, bestmöglich vermieden werden.

Wenn der Arbeitgeber mit einem Antrag auf Auskunftsrecht eines Arbeitnehmers oder ehemaligen Arbeitnehmers konfrontiert ist und diesem nicht stattgeben möchte, muss er die Gründe für seine Ablehnung genau darlegen.

Die Grenzen des Auskunftsrechts des Arbeitnehmers auf alle seine E-Mails

Weitere Rechtsgrundlagen, die die Auskunft rechtfertigen (Recht auf Beweis, vertragliche Treu und Glauben, Grundrechte)

Ein Arbeitnehmer hat neben dem Recht auf Auskunft noch andere Rechtsgrundlagen, um seine beruflichen E-Mails zu erhalten, obwohl in der Praxis meist das Recht auf Zugang geltend gemacht wird.

Ein Arbeitnehmer kann sich auf das Recht auf Beweisführung berufen. Die Rechtsprechung erkennt an, dass das Recht auf Beweisführung die Einholung und Vorlage von Informationen, einschließlich vertraulicher Informationen, rechtfertigen kann, wenn dies im Verhältnis zum verfolgten Ziel steht.

Der Arbeitnehmer hat auch die Möglichkeit, sich im Rahmen der Erfüllung seines Arbeitsvertrags, aber auch nach dessen Beendigung auf Treu und Glauben zu berufen. Dies könnte beispielsweise geltend gemacht werden, damit der Arbeitnehmer die Richtigkeit der vom Arbeitgeber angeführten Gründe überprüfen kann.

Schließlich gewährt das französische Recht einen starken Schutz der Grundrechte, insbesondere im Arbeitsrecht. Der Arbeitnehmer könnte sich daher auf diese Grundlage berufen, um Zugang zu seinen beruflichen E-Mails zu erhalten.

Die Risiken des Missbrauchs und die notwendige Abwägung: Geschäftsgeheimnisse und Vertraulichkeit der Korrespondenz

Diese neue Auslegung des Auskunftsrechts ist nicht ohne Risiko. Der Arbeitnehmer könnte das Auskunftsrecht missbrauchen, um aus zahlreiche E-Mails Zugriff zu verschaffen und diese als Verfahrenswaffe in einem Arbeitsgerichtsverfahren einzusetzen. Umgekehrt könnte einem zu restriktiven Arbeitgeber vorgeworfen werden, die Ausübung eines Grundrechts zu behindern.

Hinzu kommt, dass die CNIL sich im Datenschutzrecht dagegen ausspricht, dass ein Antrag auf Auskunftsrecht vom Antragsteller begründet werden muss.

Es muss daher ein Gleichgewicht zwischen zwei Erfordernissen hergestellt werden:

  • Schutz von Dritten (Korrespondenten, Partner, Kollegen),
  • Wahrung der berechtigten Interessen des Unternehmens (Vertraulichkeit, Geschäftsgeheimnis).

In der Praxis: Empfehlungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Empfehlungen um die Praxis sicherer zu gestalten:

  • Für den Arbeitgeber:
    • einen dokumentierten Prozess für die Bearbeitung von Auskunftsanfragen vorsehen;
    • die Personal- und Rechtsabteilungen schulen;
    • Filter- oder Anonymisierungstools einrichten.
  • Für den Arbeitnehmer:
    • seine Anfrage genau formulieren;
    • allgemeine Recherchen vermeiden;
    • das Recht auf Auskunft mit dem Recht auf Beweisführung verbinden, um seine Glaubwürdigkeit zu stärken.

Françoise Berton, avocat en droit allemand

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