Nutzung von Instant Messaging am Arbeitsplatz
10.03.20

Zugriff durch den Arbeitgeber auf den am PC installierten Instant Messenger
Unternehmen verwenden mehr und mehr Instant Messaging, insbesondere durch die größere Verbreitung der Telefonsoftware Skype.
Es gibt in der Tat zahlreiche Vorteile:
- sehr geringe Kosten im Vergleich zu anderen Kommunikationsmethoden;
- die Möglichkeit, stets den Kontakt zu halten;
- die Organisation von Video- und Audiokonferenzen;
- weniger empfangene/gesendete E-Mails.
Diese digitalen Hilfsmittel erlauben es dem Arbeitgeber auch, das Verhalten seiner Arbeitnehmer während ihrer Arbeitszeit zu überwachen, wie aus der Rechtsprechung in Bezug auf die Nutzung eines Facebook-Accounts durch die Arbeitnehmer hervorgeht.
Das Instant Messaging hat auch den Vorteil, dass es dem Unternehmen ermöglicht, einen schriftlichen Nachweis der Gespräche zu erhalten, wodurch es dem Arbeitgeber technisch möglich ist, zu kontrollieren, ob die Arbeitnehmer sich treu gegenüber der Gesellschaft verhalten.
Am 23.10.2019 entschied der französische Kassationshof über die Frage, ob der Arbeitgeber die Kündigung einer Arbeitnehmerin durch Textnachrichten rechtfertigen konnte, welche diese über einen Instant Messenger, der auf ihrem Arbeitscomputer installiert war, versendet hatte.
Im vorliegenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin für ihre urlaubsbedingte Abwesenheit ihrem Arbeitgeber das Passwort ihres Computers gegeben. Bei einer Prüfung der Informatik während dieser Abwesenheit stellte der Arbeitgeber fest, dass die Arbeitnehmerin eine Instant-Messaging-Software, MSN Messenger, installiert hatte und diese nutzte, um einer anderen Kollegin Lohnzettel, Bescheinigungen für das Arbeitsamt und Endabrechnungen zu übermitteln, obwohl diese Kollegin im Rahmen ihrer Tätigkeit keinen Zugang zu diesen Unterlagen hatte.
Der Arbeitgeber entschied sich, dieser Arbeitnehmerin fristlos zu kündigen, und zwar insbesondere wegen Diebstahls von Dokumenten zu persönlichen Zwecken und deren Weitergabe an andere Arbeitnehmer.
Es stellte sich jedoch die Frage der Gültigkeit dieser Maßnahme als die Arbeitnehmerin diese bestritt und das Arbeitsgericht die Kündigung für ungültig erklärte.
Die Grenze zwischen privaten und beruflichen Nachrichten
Der Arbeitgeber legte Rechtsmittel vor Gericht ein und berief sich auf die beiden folgenden Argumente:
- Zunächst ist der Arbeitgeber der Auffassung, dass Nachrichten, die von einem Arbeitnehmer mit einem Material, das ihm vom Arbeitgeber zur Ausführung seines Arbeitsvertrages zur Verfügung gestellt wird, versendet werden, als beruflich gelten, was den Arbeitgeber berechtigt, diese bei Abwesenheit des Arbeitnehmers zu lesen, außer wenn letzterer sie als privat gekennzeichnet hat.
- Laut Arbeitgeber waren die Textnachrichten seiner Arbeitnehmerin nicht als privat gekennzeichnet, wodurch er davon ausgehen konnte, dass sie beruflicher Natur waren, und er berechtigt war, diese zu lesen.
- Des Weiteren warf der Arbeitgeber den Richtern vor, gegen die Vermutung der beruflichen Natur verstoßen zu haben. Er war nämlich der Meinung, dass die Tatsache, dass der auf einem Arbeitscomputer installierte Instant Messenger private Nachrichten enthielt, nicht verhinderte, dass diese als beruflich betrachtet werden.
Mit seinem Urteil vom 23.10.2019 wies der französische Kassationshof diese Argumente zurück. Das Gericht stellte in der Tat fest, dass die versandten Textnachrichten, auf die sich die Kündigung der Arbeitnehmerin stützte, von einem privaten E-Mail-Account stammten, welcher nicht der beruflichen Adresse, welche die Arbeitnehmerin für ihre Tätigkeit nutzte, entsprach. Folglich fielen diese Nachrichten unter das Briefgeheimnis und die Kündigung war missbräuchlich.
Berufs- und Privatleben eines Arbeitnehmers sind nicht immer strikt getrennt, insbesondere weil Unternehmen immer mehr neue Technologien nutzen. Der Arbeitnehmer hat im Übrigen das Recht, seine berufliche Mailbox auch privat zu nutzen, sofern diese Nutzung angemessen ist und den reibungslosen Ablauf des Geschäftsbetriebes nicht stört.
Der Arbeitgeber kann nicht einfach die elektronische Kommunikation des Arbeitnehmers überwachen
Nur wenn das Kommunikationsmittel beruflicher Natur ist, darf der Arbeitnehmer dessen Nutzung kontrollieren. Es gibt jedoch Einschränkungen in Bezug auf diese Kontrolle. Der Arbeitnehmer muss in der Tat Kenntnis von dieser Kontrollmöglichkeit haben. Außerdem spielt die Art des vom Arbeitgeber kontrollierten Kommunikationsmittels eine Rolle (Computer, Smartphone, usw.).
Im Rahmen des Rechts auf Privatsphäre und des Briefgeheimnisses untersagt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte den Arbeitgebern, die gesamte elektronische Kommunikation eines Arbeitnehmers, der zuvor nicht darüber informiert wurde, zu überwachen.
Unternehmen wird dementsprechend empfohlen, auf Nutzungsbestimmungen für die Informatik, zurückzugreifen, welche in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern und dem Datenschutzbeauftragten von einem Anwalt verfasst wurden und die Kontrollverfahren im Einzelnen erläutern.
Aber auch wenn der Arbeitnehmer zuvor informiert wurde, kann der Arbeitgeber nicht uneingeschränkt dessen elektronische Kommunikation überwachen. Der Arbeitgeber darf weder das Briefgeheimnis noch die Privatsphäre seines Arbeitnehmers verletzen. Er kann nur angemessene Überprüfungen vornehmen und darf nicht etwa eine allgemeine Überwachung von dessen elektronischer Kommunikation vornehmen.
Der private Instant Messenger ist dem Arbeitgeber nicht zugänglich
Im von den höchsten Richtern entschiedenen Fall konnte der Arbeitgeber berechtigterweise daran zweifeln, dass die Nachrichten, welche die Arbeitnehmerin über einen auf ihrem Arbeitscomputer installierten, privaten Instant Messenger verschickte, persönlicher Natur waren. In anderen Rechtssachen hatten die Richter in der Tat bereits entschieden, dass die berufliche Natur des Computers die damit verbundenen privaten Elemente beeinflusste, außer diese waren eindeutig als privat gekennzeichnet (Urteil frz. Kassationshof, 18. Oktober 2006, Nr. 04-48.025 und frz. Kassationshof, 17. Juni 2009, Nr. 08-40.274).
Im vorliegenden Fall hat der französische Kassationshof jedoch anders entschieden und geurteilt, dass ein auf dem Arbeitsmaterial installierter privater Instant Messenger durch das Briefgeheimnis geschützt ist.
Diese Entscheidung könnte in Zukunft kritisiert werden. Wenn diese Entscheidung nämlich streng auf Instant-Messaging-Apps angewandt wird, die auf zahlreichen Diensthandys installiert sind (WhatsApp, Viber, WeChat, usw.) und oft im beruflichen Rahmen genutzt werden, wäre es dem Arbeitgeber untersagt, auf diese in einem beruflichen Rahmen ausgetauschten Inhalte zuzugreifen.
Dies scheint jedoch nicht angemessen, da die Kontrolle durch den Arbeitgeber in einer solchen Situation berechtigt erscheint. Es ist also nicht sicher, dass dieses Urteil in einer solchen Situation anwendbar ist. Die klassische Rechtsprechung, die besagt, dass ein Arbeitnehmer private Nachrichten als solche kennzeichnen muss, scheint in diesem Fall angemessener. Diese Situation kann nur durch einen Gerichtsentscheid eindeutig geklärt werden.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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