Steuerfreibetrag für den Verkauf von Aktien in Frankreich durch den ehemaligen gesetzlichen Vertreter
06.07.15

Am 27. Mai 2015 hat das französische oberste Verwaltungsgericht (Conseil d’Etat) eine Entscheidung zu den Bedingungen gefällt, die ein Unternehmer erfüllen muss, der in den Ruhestand geht und bei dieser Gelegenheit sein Unternehmen verkauft, um den im französischen Steuerrecht vorgesehenen Sonderfreibetrag auf die Einkommensteuer zu beanspruchen. Diese Entscheidung ist für den Unternehmenskauf besonders interessant.
Berichtigung der Steuererklärung der Verkäufer eines Unternehmens bezüglich des Freibetrags auf die Veräußerungsgewinne anlässlich eines Aktienverkaufs
Am 26. Juli 2006 haben zwei Aktionäre die Mehrheit der Aktien ihrer Gesellschaft an einen Investmentfonds verkauft. Die Verkäufer haben eine Steuererklärung über die Veräußerungsgewinne abgegeben und dabei den Freibetrag gemäß Artikel 150-0 D bis des französischen Allgemeinen Steuergesetzbuchs i.H.v. EUR 500 000 angewandt, den die ehemaligen gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft, die in Ruhestand gehen, beanspruchen dürfen.
Nach einer Betriebsprüfung hat das Finanzamt entschieden, dass die Verkäufer diesen Freibetrag nicht geltend machen dürfen und hat diesbezüglich die Einkommensteuer berichtigt. Die Verkäufer haben diese Entscheidung des Finanzamts beanstandet und haben einen Rechtsbehelf im Wege des Widerspruchs und der Klage eingelegt. Sowohl in erster Instanz als auch vor dem Berufungsgericht von Nancy wurde ihr Antrag auf Erlass der Einkommensteuer und der Säumniszuschläge abgewiesen. Sie haben infolgedessen Berufung vor dem obersten Verwaltungsgericht Frankreichs eingelegt.
Der Conseil d’Etat erinnert daran, dass die steuerliche Begünstigung in Frankreich für die Abtretung von Aktien von Unternehmern und zugleich gesetzlichen Vertretern, die in den Ruhestand gehen, bestimmten Bedingungen unterliegt
In seiner Entscheidung vom 27. Mai 2015 hat der Conseil d’Etat klargestellt, dass den gesetzlichen Vertretern von KMUs, die die Anteile ihrer Gesellschaft entgeltlich verkaufen, wenn sie in den Ruhestand gehen, ein Freibetrag auf die Veräußerungsgewinne anlässlich des Aktienkaufs zusteht.
Jedoch hat das Gericht klargestellt, dass bestimmte Bedingungen bezüglich des Verkäufers und der Gesellschaft, deren Anteile abgetreten werden, berücksichtigt werden müssen.
In dieser Angelegenheit sind es vielmehr die Bedingungen bezüglich der Person des Verkäufers und nicht die sonstigen Umstände des Verkaufs, die vom Conseil d’Etat in Frage gestellt worden sind.
Einerseits sieht das französische allgemeine Steuergesetzbuch vor, dass „der Verkäufer innerhalb der Gesellschaft, deren Anteile oder Rechte abgetreten werden, die Rolle des gesetzlichen Vertreters ununterbrochen über fünf Jahre vor der Abtretung“ ausgeführt haben muss. In der Regel handelt es sich dabei um das Amt des Geschäftsführers einer GmbH (SARL) oder des Präsidenten oder des Generaldirektors einer Aktiengesellschaft (SA) bzw. einer vereinfachten Aktiengesellschaft (SAS) französischen Rechts. Der Conseil d’Etat hat klargestellt, dass der Verkäufer die Tätigkeit des Generaldirektors am 26. März 2002 aufgenommen hat und die Anteile am 26. Juli 2006 abgetreten hat. Die Bedingung der fünf Jahre wurde somit nicht erfüllt.
Andererseits ist vorgesehen, dass der Verkäufer „jegliche Tätigkeit in der Gesellschaft, deren Anteile oder Rechte abgetreten werden, eingestellt hat und seine Rentenansprüche innerhalb von zwei Jahren vor oder nach der Abtretung geltend macht“. Der Conseil d’Etat hat jedoch festgestellt, dass der Verkäufer sein Amt als Präsident beibehalten hatte, das im September 2007 erneuert worden ist. Das oberste Gericht fand, dass die Tatsache, dass der Verkäufer für diese Tätigkeit seit September 2006 keine Vergütung mehr erhielt keine Rolle spiele. In dieser Hinsicht gibt die Entscheidung des Conseil d’Etat interessante Aufschlüsse.
Folglich hat der Conseil d’Etat die Anträge der Steuerpflichtigen abgewiesen.
Kein Freibetrag für den gesetzlichen Vertreter, der seine Tätigkeit in der Gesellschaft weiterführt, selbst wenn er keine Vergütung erhält
Der Conseil d’Etat hat die Bedingungen bezüglich des Freibetrags auf die Veräußerungsgewinne streng ausgelegt, und zwar insbesondere die Bedingung bezüglich der Fortführung der Tätigkeit innerhalb der verkauften Gesellschaft. Somit ist es zwingend erforderlich, dass der Verkäufer jegliche Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft, deren Anteile abgetreten werden, innerhalb von 24 Monaten nach der Abtretung aufgibt. Die Verkäufer, deren Steuererklärung in dieser Angelegenheit berichtigt wurde, sind sehr wahrscheinlich zu Unrecht davon ausgegangen, dass wenn die fünf Jahre lange Tätigkeit als gesetzlicher Vertreter auch eine Vergütung voraussetzt, es ausreichen würde, keine Vergütung mehr zu erhalten, damit der Verkäufer nicht mehr als gesetzlicher Vertreter eingestuft wird. Allerdings erinnert der Conseil d’Etat in der vorliegenden Entscheidung daran, dass keinerlei Tätigkeit mehr möglich ist.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
Alle Urheberrechte vorbehalten
Bilder: Pixamo,Picture-factory