Der französische Handelsvertreter ist mit einer Verhandlungsvollmacht ausgestattet
30.03.15

Gemäß dem französischen Handelsgesetzbuch (Code de commerce), „ist der Handelsvertreter ein Beauftragter, welcher im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit, […] damit beauftragt ist, dauerhaft Verkaufs-, Einkaufs-, Miet- oder Dienstleistungsverträge im Namen und auf Rechnung des Produzenten, Unternehmers, von Händlern oder von anderen Handelsvertretern auszuhandeln und gegebenenfalls abzuschließen.“
Tatsächliche Ausführung der französischen Handelsvertretung und Handlungsvollmacht
Die konkreten Umstände der Ausführung des Vertrages zwischen dem Unternehmen und dem Vermittler müssen untersucht werden, um einen Vertrag als Handelsvertretungsvertrag (agence commerciale) qualifizieren zu können oder nicht. Die französische Rechtsprechung schreibt dabei dem Begriff der Verhandlung eine große Rolle zu. Sie vertritt eine enge Auslegung des Begriffs der Verhandlung.
Eine neue beispielhafte Darstellung des Begriffs der Verhandlung hat eine dem französischen Kassationshof (Cour de cassation) im Dezember 2014 vorgelegte Angelegenheit ergeben. In dieser Streitsache hatte eine Gesellschaft zu einer anderen Gesellschaft Geschäftsbeziehungen zur Vermarktung ihrer Produkte in einem festgelegten Absatzgebiet gepflegt, bis sie diesen ein Ende setzte. Die ehemalige Geschäftspartnerin hat den Status eines Handelsvertreters nach französischem Recht für sich in Anspruch genommen und die erstgenannte Gesellschaft auf Zahlung von Provisionen und des Ausgleichsanspruchs verklagt.
Verwerfung der Qualifizierung als Handelsvertretung in Frankreich bei einfacher Verkaufsförderung von Produkten
Der französische Kassationshof ist den Tatsachenrichtern gefolgt, welche die Qualifizierung als Handelsvertretung verworfen und also die Zahlung einer Ausgleichssumme abgelehnt hatten. Die Entscheidung gibt an, dass die Absatzmittlerin mit der einfachen Verkaufsförderung der Produkte beauftragt war.
Die beklagte Gesellschaft gewährleistete die Werbung, indem sie ihr sowie den Kunden Warenmuster, Tarife und Aufzeichnungen lieferte. Sie behielt sich ebenfalls das Recht vor, bestimmte Bestellungen abzuweisen. Sie stellte die Rechnungen aus, welche durch Zahlung an sie beglichen wurde. Sie legte die besonderen Verkaufsbedingungen bei Großaufträgen fest.
Die vermittelnde Gesellschaft konnte weder nachweisen, dass sie über irgendeinen Spielraum bei einem wirtschaftlichen Vorgang verfügte, noch dass sie die Möglichkeit hatte, ihre Mandantin zu verpflichten.
Eine enge Definition des Begriffs der Verhandlungen im französischen Recht über die Handelsvertretung
Der französische Kassationshof gibt an, dass „anhand allein dieser Feststellungen und Einschätzungen, das Berufungsgericht, welches sich mit der angeblich ausgelassenen Recherche befasst hat und die Konditionen der Vertragsausführung konkret analysiert hat, zutreffend den Schluss gezogen hat, dass die [beauftragte] Gesellschaft ohne Vollmacht, mit der Kundschaft zu verhandeln, nicht in den Genuss des Status eines Handelsvertreters kommen könne“.
Nach der aktuellen französischen Rechtsprechung bedeutet verhandeln also, dass der Handelsvertreter über „einen Spielraum“ verfügt, der es ihm erlaubt, die Vertragsbedingungen für das bevorstehende Geschäft abzuändern. Die einfache Verkaufsförderung von Produkten stellt dagegen keine Verhandlung im Sinne der aktuellen französischen Rechtsprechung über Handelsvertreter dar.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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