Der französische Handelsvertreter

Veröffentlicht am 14.03.24
Der französische Handelsvertreter
Der französische Handelsvertreter
Der französische Handelsvertreter

Französische Handelsvertreter spielen als leicht zugängliche Vertriebsstruktur eine entscheidende Rolle für deutsche Unternehmen, die auf dem französischen Markt Fuß fassen möchten. In diesem Artikel widmen wir uns den zentralen rechtlichen Rahmenbedingungen, die bei der Aushandlung von Verträgen mit französischen Handelsvertretern und der Gestaltung einer erfolgreichen Zusammenarbeit ausschlaggebend sind.

Mit unserem fundierten Wissen im französischen und EU-Recht ermöglichen wir es als deutsch-französische Rechtsanwaltskanzlei, Unternehmen effektive und rechtlich abgesicherte Partnerschaften aufzubauen. Unsere Expertise mündet in spezialisierter Beratung im französischen Handelsvertragsrecht.

Inhaltsverzeichnis

Handelsvertreter in Frankreich: Definition

Der Status des Handelsvertreters ist mit genau geregelten Rechten und Pflichten verbunden, Daher kann sich nicht jeder einfach Handelsvertreter nennen, der eine Vertriebstätigkeit hat.

Merkmale vom Handelsvertreter

Im französischen Recht ist der Handelsvertreter nämlich durch eine Reihe Kriterien gem. Artikel L134-1 ff. des frz. Handelsgesetzbuchscode de commerce – erkennbar :

  1. Vermittlung:  Der Handelsvertreter ist ein Vermittler, der im Namen und im Auftrag eines oder mehrerer Auftraggeber handelt (und somit aus dem allg. Vertreterrecht entsteht), mit dem Ziel, Verträge über den Verkauf, Kauf, die Vermietung oder die Erbringung von Dienstleistungen zu verhandeln und gegebenenfalls abzuschließen.
  2. Unabhängigkeit: Der Handelsvertreter muss seine Tätigkeit unabhängig ausüben, ohne durch einen Arbeitsvertrag gebunden zu sein. Er ist kein Angestellter des Auftraggebers und folgt keinen Anweisungen, sondern nur vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Unternehmen
  3. Rechtstruktur: Der Handelsvertreter kann eine natürliche oder juristische Person, in der Regel, eine französische Gesellschaft, sein.
  4. Keine Eigenschaft als Kaufmann. Die Tätigkeit als Handelsvertreter ist in Frankreich zivilrechtlicher Natur. Der Handelsvertreter ist kein Kaufmann wie es in Deutschland der Fall ist.

Schwerpunkt Vermittlung

Die Vermittlungstätigkeit ist das wesentliche Merkmal der Handelsvertretung und ist insbesondere von der Geschäftsbesorgung zu unterscheiden. Die Rechtsprechung in Frankreich hat die Kriterien für die Annahme einer Vermittlungstätigkeit im Einklang mit den EU-Richtern  festgelegt:  ein Handelsvertreter vermittelt, auch wenn er z.B. die Preise bzw. den Vertrag mit dem Kunden nicht selber anpassen kann.

Tipp für die Praxis

Ein Handelsvertreterverhältnis besteht schon, wenn die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten sich mit denen eines Handelsvertreters abdecken. Auch wenn kein schriftlicher Vertrag geschlossen wurde, besteht ein Handelsvertreterverhältnis, sobald die gesetzlichen Kriterien erfüllt sind. Der Handelsvertreter ist vor diesem Hintergrund berechtigt, jederzeit, einen schriftlichen Vertrag vom Unternehmen zu verlangen.

Gesetzesquelle : L134-1 vom code de commerce

Die genaue Definition lautet: « Der Handelsvertreter ist ein Vermittler, der auf selbständiger Basis ohne durch einen Dienstleistungsvertrag gebunden zu sein, dauerhaft damit beauftragt ist, Verkauf-, Kauf-, Miet- oder Dienstleistungsverträge im Namen und auf Rechnung von Produzenten, Industriellen, Händlern oder anderen Handelsvertretern zu verhandeln und wenn es ihm gestattet ist gegebenenfalls abzuschließen.“

Wichtige Klausel für die Rechtswahl und den Gerichtsstand

Wird stets französisches Recht angewandt und sind die französischen Gerichte für etwaige Streitigkeiten zuständig? Hier ganz klar – Nein: In einem deutsch-französischen Kontext gilt der Grundsatz der freien Wahl sowohl des anwendbaren Rechts als auch des Gerichts.

Rechtswahlklausel

Es ist wichtig, eine Rechtswahlklausel in den Vertrag mitaufzunehmen, die explizit festlegt, welches Rechtssystem auf den Vertrag anwendbar ist. Sie können beispielsweise vereinbaren, dass der Vertrag dem deutschen Recht unterliegt. Dies bietet dem Unternehmen insbesondere im Hinblick auf die Ausgleichszahlung Vorteile.

Gerichtsstandsvereinbarung

Neben der Rechtswahl sollte auch eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen werden. Dies bedeutet, dass explizit festgelegt wird, welche Gerichte im Falle eines Rechtsstreits zuständig sind. Für deutsche Unternehmen kann es vorteilhaft sein, deutsche Gerichte zu wählen.

Tipp für die Praxis

Das Land, dessen Rechtsvorschriften angewandt werden, sollte idealerweise auch der Gerichtsstand sein. Es wird schnell kompliziert, wenn z.B. ein französisches Gericht über einen deutschen Handelsvertretervertrag entscheidet. Allerdings bevorzugen französische Handelsvertreter oft einen Vertrag nach französischem Handelsvertreterrecht, das ihnen vertrauter ist.

Unterschied zwischen einem Handelsreisenden (VRP) und einem Handelsvertreter 

Der VRP (Voyageur, Représentant, Placier) geht als Vertriebsmitarbeiter auch auf Kunden zu, um Geschäfte abzuschließen. Es bestehen aber wesentliche Unterschiede zwischen einem Handelsvertreter und einem VRP in Frankreich. Sie betreffen hauptsächlich den Status, die vertragliche Beziehung zum Unternehmen sowie die Vergütungs- und Arbeitsmodalitäten. Hier sind die wesentlichen Unterschiede:

  1. Status: Der Handelsvertreter ist ein selbständiger Unternehmer, der auf eigene Rechnung und Gefahr handelt, während der VRP ein Angestellter des Unternehmens ist, für das er arbeitet.
  2. Vertragswerk: Der Handelsvertreter schließt einen relativ frei verhandelbaren Vertrag ab, während der französische Arbeitsvertrag vom VRP streng geregelt ist.
  3. Vertragliche Bindung: Der Handelsvertreter arbeitet auf Basis eines Handelsvertretervertrags, der VRP ist durch einen Arbeitsvertrag an das Unternehmen gebunden. Vorsicht: Auch wenn ein Handelsvertretervertrag geschlossen wird, kann in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis bestehen, wenn vom Unternehmen zu viele Anweisungen erteilt werden.
  4. Sozialversicherung: Der Handelsvertreter muss selbst für seine soziale Absicherung sorgen und seine Beiträge abführen. Der VRP hingegen ist über seinen Arbeitgeber sozialversichert.
  5. Vergütung: Die Vergütung eines Handelsvertreters erfolgt in der Regel auf Provisionsbasis abhängig von den erzielten Umsätzen. Der VRP bezieht ein festes Gehalt (unter Beachtung des französischen Mindestlohns), möglicherweise ergänzt durch Provisionen.
  6. Besteuerung: Der Handelsvertreter wird steuerlich als Selbständiger behandelt. Der VRP unterliegt als Angestellter der Lohnsteuer.
  7. Flexibilität in der Arbeitsgestaltung: Der Handelsvertreter genießt eine größere Freiheit in Bezug auf seine Arbeitszeiten und -methoden. Der VRP muss sich an die vom Arbeitgeber festgelegten Arbeitszeiten und -richtlinien halten.
  8. Kündigung: Die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit einem Handelsvertreter unterliegt handelsrechtlichen Bestimmungen und kann Entschädigungsansprüche nach sich ziehen. Die Kündigung eines VRP richtet sich nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer.

Wettbewerbsverbot und Ausschließlichkeit bei Klauseln im Handelsvertreterrecht – was gibt es zu beachten?

Wettbewerbsverbotsklausel

Die Wettbewerbsverbotsklausel eines Handelsvertretervertrags nach Vertragende ist nur gültig, soweit sie alle dieser 3 folgenden Bedingungen erfüllt:

  • Sie wurde schriftlich festgehalten;
  • Sie bezieht sich auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis;
  • Sie erstreckt sich auf die Warengattungen oder Dienstleistungen, auf die sich die Vertretung laut Vertrag bezogen hat.

Eine Wettbewerbsverbotsklausel für einen Handelsvertreter darf nicht einfach beliebig formuliert sein.

  • Sollte es zu Streitigkeiten kommen, prüft der Richter, wie für jegliche Wettbewerbsverbotsklausel, die Verhältnismäßigkeit und insbesondere ob die Klausel für die Wahrung der Interessen des vertretenen Unternehmens notwendig ist und ob sie den Handelsvertreter nicht daran hindert, eine berufliche Tätigkeit auszuüben. Eine solche Klausel setzt allerdings zur Wirksamkeit keine finanzielle Gegenleistung zugunsten des ehemaligen Handelsvertreters voraus.
  • Eine Wettbewerbsverbotsklausel ist längstens zwei Jahre nach Beendigung des Vertragsverhältnisses wirksam. Jede gegenteilige Klausel oder Vereinbarung, die zum Nachteil des Handelsvertreters von dieser Regel abweicht, gilt als gegenstandslos.

Ausschließlichkeitsklausel

Wie bei jedem Vertrag muss die Ausschließlichkeit zeitlich und räumlich begrenzt sein und kann im Handelsvertretervertrag eingebaut werden und, je Partei wie folgt gestaltet sein:

  • Das Unternehmen gewährt dem Handelsvertreter eine Ausschließlichkeit, d.h. er verpflichtet sich, in einem bestimmten Gebiet innerhalb von Frankreich oder in ganz Frankreich, in der Regel für die Dauer des Vertrages, keine weiteren Handelsvertreterverträge mit Dritten abzuschließen;
  • Der Handelsvertreter verpflichtet sich zur Ausschließlichkeit, indem er nur für dieses deutsche Unternehmen tätig wird.

Was gilt, wenn keine Klausel vorgesehen wurde?

Wurde keine Ausschließlichkeitsklausel bzw. keine Wettbewerbsklausel für den Vertragszeitraum im französischen Handelsvertretervertrag vorgesehen, bestimmt der Gesetzgeber in Frankreich Folgendes laut Artikel L134-3 des Handelsgesetzbuchs: „Der Handelsvertreter kann ohne Genehmigung die Vertretung neuer Auftraggeber übernehmen. Er darf jedoch nicht ohne Zustimmung seines Auftraggebers die Vertretung eines Unternehmens übernehmen, das mit dem eines seiner Auftraggeber in Wettbewerb steht“.

In jedem Fall bleibt der Handelsvertreter auch ohne Ausschließlichkeitsrecht und nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, der für die Erfüllung jedes Vertrages gilt, verpflichtet, sich gegenüber seinem Auftraggeber loyal zu verhalten. Artikel L134-4 des Handelsgesetzbuchs erinnert im Übrigen ausdrücklich daran, dass die Beziehung zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer durch eine Treuepflicht und eine gegenseitige Informationspflicht geregelt sind.

Dagegen ist der Handelsvertreter nach Beendigung des Handelsvertretervertrages von jeglichen Verpflichtungen befreit, wenn der Vertag kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot beinhaltet.

Vergütung des Handelsvertreters

Die Vergütung eines Handelsvertreters im französischen Recht gestaltet sich im Wesentlichen nach dem Europarecht. Hier ein Überblick zu den wichtigsten Aspekten:

Provisionsbasis

Die Vergütung erfolgt in der Regel (jedoch nicht zwingend) auf Provisionsbasis:

  • für jedes während des Vertragsverhältnisses abgeschlossene Handelsgeschäft,
  • wenn das Handelsgeschäft durch seine Vermittlung zustande gekommen ist, sei es mit neuen vom Handelsvertreter gerade geworbenen Kunden oder mit bereits bestehenden Kunden,
  • wenn er für ein bestimmten Bezirk oder einen bestimmten Kundenkreis zuständig ist: für jedes Geschäft, das während der Dauer des Handelsvertretervertrages mit einer Person abgeschlossen wird, die zu diesem Bezirk oder diesem Kreis angehört, auch wenn der Handelsvertreter nicht selber vermittelt hat.

Die genaue Höhe der Provision wird im Handelsvertretervertrag festgelegt. Es ist hierbei wichtig, eine klare Klausel zu verfassen.

Fälligkeit der Provision

Provisionsansprüche entstehen:

– sobald das Unternehmen das Geschäft ausgeführt hat oder aufgrund der Vereinbarung mit dem Dritten hätte ausführen müssen, oder sobald der Dritte das Geschäft ausgeführt hat;

– spätestens, wenn der Dritte seinen Teil des Geschäfts ausgeführt hat oder ausgeführt haben müsste, wenn das Unternehmen seinen eigenen Teil ausgeführt hätte (damit wird der Fall umgangen, dass ein Unternehmen seinen Teil missbräuchlich nicht ausführt, um dem Handelsvertreter keine Provision zu zahlen). Die Provision wird spätestens am letzten Tag des Monats gezahlt, der auf das Quartal folgt, in dem sie verdient wurde.

Nachvertragliche Provisionen

Der Handelsvertreter hat möglicherweise auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Anspruch auf Provision für Geschäfte, die auf seine Initiative zurückzuführen sind oder die vor Vertragsende geschlossen wurden. In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung eine vertragliche Frist von drei Monaten als angemessen angesehen.

Darüber hinaus hat der Handelsvertreter auch dann Anspruch auf Provision, wenn:

  • das Handelsgeschäft mit dem Kunden nach Beendigung des Handelsvertretervertrags abgeschlossen bzw. ausgeführt wurde und
  • die Bestellung des Kunden vor Beendigung des Handelsvertretervertrags beim Handelsvertreter bzw. seinem Auftraggeber eingegangen ist.

Wichtiger Hinweis: In einem kürzlich ergangenen Urteil vom 13. Oktober 2022 hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass diese Regel nicht zwingend ist: Die Parteien können sie vertraglich ausschließen!

Vorschüsse, Mindestvergütung und Kosten

In manchen Fällen können Provisionsvorschüsse oder eine garantierte Mindestvergütung vereinbart werden, insbesondere während der Anlaufphase.

Etwaige Kosten und Auslagen, die dem Handelsvertreter im Rahmen seiner Tätigkeit entstehen, können je nach Vertrag ebenfalls erstattet werden.

Transparenz und Berechnung

Der Unternehmer ist verpflichtet, dem Handelsvertreter alle notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen, um die Berechnung des Provisionsbetrags überprüfen zu können.

Welche Kündigungsfristen gelten?

Der Handelsvertretervertrag kann für die folgenden Laufzeiten abgeschlossen werden:

  • für eine bestimmte Zeit: Der Anspruch auf Ausgleichszahlung geht dadurch nicht verloren. Wird das Vertragsverhältnis nach Ende der Laufzeit fortgeführt, so wird er automatisch in einen Handelsvertretervertrag auf unbestimmte Zeit umgewandelt;
  • für eine unbestimmte Zeit: Es gelten nach französischem Recht folgende Kündigungsfristen:
  • 1 Monat für das 1. Vertragsjahr;
  • 2 Monate für das 2. angefangene Jahr;
  • 3 Monate für das 3. angefangene Jahr und die folgenden Jahre.

Kürzere Fristen sind unzulässig. Längere Fristen sind zulässig, wenn sie für das Unternehmen nicht kürzer sind als für den Vertreter.

Ausgleichszahlung für Handelsvertreter in Frankreich

In Frankreich ist das Thema der Ausgleichszahlungen für Handelsvertreter rechtlich genau geregelt und spielt eine wichtige Rolle im Rahmen der Beendigung von Vertragsbeziehungen. Diese Regelungen zielen darauf ab, den Handelsvertreter für den „erlittenen Schaden“ nach dem Gesetzeswortlaut, d.h. den Verlust seiner Provisionen nach Vertragsende zu entschädigen. Hier die wichtigen Kriterien:

Gesetzliche Grundlage

Die Ausgleichszahlung für Handelsvertreter wird im französischen Handelsgesetzbuch (Artikel L134-12 Code de commerce) bestimmt und sieht vor, dass der Handelsvertreter bei Vertragsende Anspruch auf eine Ausgleichszahlung hat, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Vor allem hat dem Unternehmer innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertrags den Anspruch offiziell geltend zu machen

Berechtigung

Ungleich dem deutschem Recht besteht nicht erst Anspruch auf Ausgleich, wenn der Handelsvertreter nachweislich neue Kunden geworben oder die Geschäftsbeziehungen mit bestehenden Kunden wesentlich ausgebaut hat, sondern schon dadurch, dass er Umsätze für das Unternehmen verbucht hat.

Ausschluss

Die Ausgleichszahlung ist wie im deutschen Recht für folgende Fälle ausgeschlossen:

  • der Kündigung des Vertrages durch den Handelsvertreter (mit Ausnahmen),
  • der Nachfolge im Vertrag durch einen Dritten an die Stelle des Handelsvertreters,
  • des schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters (siehe dazu die jüngste Rechtsprechung).

Berechnung

Das Handelsgesetzbuch sieht keine Methode zur Berechnung dieses Ausgleichs vor, aber es ist üblich, dass der Ausgleich zwei Jahresbruttovergütungen des Handelsvertreters entspricht, auf der Grundlage der Vergütungen der letzten zwei oder drei Jahre vor Beendigung des Vertrags. Da mit der Ausgleichszahlung das französische Recht den Verlust der Einkunftsquelle entschädigt, werden nur die Provisionsauszahlungen herangezogen und nicht, wie nach deutschem Recht, die das Unternehmen verbleibenden Vorteile mit der verbleibenden Kundschaft. Dadurch, dass die Ausgleichszahlung einen Entschädigungscharakter hat, gibt es keine Obergrenze für die Höhe der Ausgleichszahlung des Handelsvertreters in Frankreich.

Rechtswahlklausel und Einfluss auf die Ausgleichszahlung

Die Berechnung der Ausgleichszahlung des Handelsvertreters in Frankreich ist von der Rechtswahlklausel abhängig : Wird deutsches Recht angewandt, zahlt das deutsche Unternehmen deutlich weniger (maximal ein Jahr und meistens weniger anstelle von zwei Jahren Provision in Frankreich). Der französische Handelsvertreter darf diese Rechtswahlklausel vor Gericht nicht anfechten, nur weil das ausländische Recht für ihn ungünstiger ist.

Die französischen Gerichte haben in diesem Sinne bestätigt, dass den Handelsvertretern nicht zwingend die höhere Ausgleichszahlung zusteht, wenn sie mit einer Vereinbarung nach ausländischem Recht in Frankreich tätig sind.

Fehlender schriftlicher Vertrag oder Rechtswahlklausel

Auch in Fällen, in denen kein schriftlicher Vertrag besteht oder eine Rechtswahlklausel fehlt, kann der Handelsvertreter unter bestimmten Umständen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung erheben. Das französische Recht sieht vor, dass solche Ansprüche nicht einfach ausgeschlossen werden können, insbesondere wenn die Tätigkeit in Frankreich stattfindet. Stimmen die Tätigkeiten des Agenten in Frankreich mit den Tätigkeiten, die für Handelsvertreter gesetzlich definiert sind, überein, so hat er grundsätzlich Anspruch auf eine Ausgleichszahlung am Ende der Zusammenarbeit.

Gerichtsentscheidungen zur Ausgleichszahlung

Die französische Rechtsprechung entwickelt sich ständig weiter und die Gerichte entscheiden regelmäßig zu Gunsten der Schutzrechte von Handelsvertretern. Es ist daher für Unternehmen ratsam, sich über aktuelle Entwicklungen und Urteile auf dem Laufenden zu halten, um ihre Vertragspraxis entsprechend anzupassen.

Beispiele:

  • Der Anspruch auf Ausgleich besteht auch, wenn der Handelsvertreter sich weigert, nach Ablauf des vorherigen Vertrags einen neuen Vertrag abzuschließen.
  • Die Ausgleichszahlung ist auch dann geschuldet ist, wenn der Vertrag während der Probezeit beendet wird.
  •  Schuldhaftes Verhalten des Handelsvertreter führt nicht immer zum Verlust des Ausgleichsanspruchs : Am 16. November 2022, entschied der Kassationshof, dass die Kündigung des Handelsvertretervertrages auf Initiative des Handelsvertreter , die durch Umstände gerechtfertigt ist, die dem Auftraggeber zuzurechnen sind, auf jedem Fall eine Ausgleichszahlung rechtfertigt, auch wenn der Handelsvertreter bei der Erfüllung des Vertrags grobe Pflichtverletzungen begangen hat.
  • In einem zweiten Urteil vom selben Tag änderten die hohen Richter diesmal ihre Rechtsprechung, um sie mit der des EuGH in Einklang zu bringen:  dem Handelsvertreter, der vor der Kündigung des Vertrags eine schwere Vertragsverletzung begangen hat, die nicht in der Kündigung erwähnt wurde und erst nach der Kündigung vom Auftraggeber entdeckt wurde, also nicht Auslöser der Kündigung war, kann der Anspruch auf Ausgleichszahlung nicht vorenthalten werden.

Einstufung als Betriebsstätte in Frankreich vermeiden

In manchen Fällen legen die französischen Behörden die Tätigkeit von Handelsvertretern als Betriebsstätte in Frankreich aus. Dies hat zur (negativen) Folge, dass die über den Handelsvertreter erzielten Umsätze entgegen der Annahme des Unternehmens in Frankreich besteuert werden. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Frankreich und Deutschland sieht nämlich vor, dass ein Vertreter (hier: der Handelsvertreter in Frankreich), der für ein Unternehmen (hier : in Deutschland) tätig ist und von diesem Unternehmen wirtschaftlich abhängt, in die Einstufung der Betriebsstätte fällt, wenn er eine Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen. Die Auslegung des Begriffs „Betriebsstätte“ ist sehr weit, so dass man die Befugnisse des Handelsvertreters mit großer Sorgfalt festlegen sollte.

Welche Gerichte sind bei Streitigkeiten zuständig?

Welches Gericht innerhalb von Frankreich

In Frankreich können sowohl das Tribunal Judiciaire als auch das Tribunal de Commerce zuständig sein, je nachdem wer klagt. Während das auftraggebende Unternehmen in den allermeisten Fällen ein Kaufmann ist, gilt dies nicht für den Handelsvertreter. Der Handelsvertreter gilt nicht als Kaufmann. Das Unternehmen muss vor dem Handelsgericht klagen, während der Handelsvertreter die Wahl hat, auch wenn eine Vertragsklausel anders lautet.

Ausschlaggebend für den Gerichtsstand ist der Wohnsitz des Beklagten und der Erfüllungsort der Dienstleistung.

Welches Gericht im internationalen Kontext

In internationalen Angelegenheiten, insbesondere bei deutsch-französischen Verträgen, finden die EU-Verordnungen Brüssel-Ia über die Gerichtszuständigkeit und Rom-I über das anwendbare Recht Anwendung:

– Die Parteien können unter anderem gemäß Artikel 3 der Rom-I-Verordnung ein auf ihren Vertrag anwendbares Recht vereinbaren und außerdem auf der Grundlage von Artikel 25 der Brüssel-Ia-Verordnung ein Gericht bestimmen, das im Streitfall zuständig ist.

– Fehlt eine Gerichtsstandsklausel, wenden die Gerichte dann die in Artikel 7 der Brüssel-Ia-Verordnung festgelegten Kriterien an, wonach bei der Lieferung von Dienstleistungen das Gericht an dem Ort in einem Mitgliedstaat zuständig ist, an dem die Dienstleistungen laut Vertrag erbracht worden sind oder erbracht werden hätten müssen.

Häufige Fragen und Antworten

Was ist der Hauptunterschied zwischen einem VRP und einem Handelsvertreter?

Ein VRP ist ein angestellter Handelsvertreter eines bestimmten Unternehmens und kein unabhängiger Gewerbetreibender wie ein Handelsvertreter. Unternehmen, die Handelsvertreter beauftragen, sollten daher nicht versuchen, ihnen die gleichen Bedingungen aufzuerlegen, die sie ihren Handelsvertretern auferlegen könnten, da sie sonst Gefahr laufen, dass der Handelsvertretervertrag in einen Arbeitsvertrag umgewandelt wird.

Was ist das entscheidende Kriterium für die Einstufung als Handelsvertreter?

Das entscheidende Kriterium ist die Vermittlungsbefugnis. Ein Handelsvertreter kann nur dann ein Handelsvertreter sein, wenn er über eine echte Vermittlungsbefugnis im Namen und für Rechnung seines Auftraggebers verfügt. Die Definition der Vermittlungsbefugnis wurde jedoch im Laufe der Zeit immer weiter aufgeweicht: Insbesondere ist die Befugnis, selbst Verträge abzuschließen, um die Eigenschaft eines Handelsvertreters zu erfüllen, nur fakultativ.

Können die Parteien in einem internationalen Handelsvertretervertrag das anwendbare Recht und ein zuständiges Gericht für den Fall eines Rechtsstreits vereinbaren?

Auf internationaler Ebene und gerade in einem deutsch-französischen Rahmen, fällt der Handelsvertretervertrag unter Zivil- und Handelssachen. Es ist daher möglich, bereits bei Vertragsabschluss das anwendbare Recht, aber auch ein zuständiges Gericht zu vereinbaren. Im Übrigen handelt es sich bei den französischen Bestimmungen über die Handelsvertretung nicht um ein Polizeigesetz im rechtlichen Sinne, so dass für den Handelsvertreter nachteilige Vertragsbestimmungen enthalten sein dürfen.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

Alle Urheberrechte vorbehalten

Bild: Song About Summer

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