Die Abfindung für den Arbeitnehmer bei einer Aufhebungsvereinbarung
Veröffentlicht am 07.05.24

In den letzten Jahren ist in Frankreich die Anzahl individueller Aufhebungsvereinbarungen für unbefristete Arbeitsverträge stark angestiegen, was die Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht zurückgehen ließ
Bevor man eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnet, sollte man wissen, dass das französische Arbeitsrecht die Zahlung einer Abfindung bzw. Entschädigung vorsieht, der sogenannten „besonderen Entschädigung für die Aufhebungsvereinbarung (indemnité spécifique de rupture conventionnelle), wodurch Kosten für den Arbeitgeberentstehen. Dazu kommt der sogenannte Sozialabschlag (forfait social), der sich auf 30 % der Abfindungssumme beläuft.
Die Bestimmung der Höhe dieser Entschädigung für die Aufhebungsvereinbarung ist aus folgenden Gründen mit besonderer Sorgfalt festzulegen:
- Wenn die Parteien sich in diesem Punkt nicht einigen können, ist der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung nicht möglich.
- Der Arbeitgeber muss den Mindestbetrag der Entschädigung für die Aufhebungsvereinbarung richtig berechnen, da die Vereinbarung zwischen ihm und dem Arbeitnehmer ansonsten nicht gültig ist. Die Höhe dieser Abfindung kann also nicht einfach improvisiert werden.
Inhaltsverzeichnis
Die „individuelle Aufhebungsvereinbarung“ im französischen Arbeitsrecht
Die Aufhebungsvereinbarung ist ein Verfahren mit dem der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer einvernehmlich die Beendigung des unbefristeten Arbeitsvertrages zwischen ihnen vereinbaren. Der Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung setzt die Zustimmung beider Parteien voraus, die während einem oder mehrerer Gespräche die Bedingungen der Vertragsbeendigung verhandeln.
Die gesetzlichen Bestimmungen machen recht strenge Vorgaben für Inhalt und Formalismus, was die Parteien insbesondere dazu zwingt, ihre Vereinbarung schriftlich und in der Form eines besonderen Vordrucks festzuhalten, die gesetzlichen Fristen zum Widderruf und zur Genehmigung durch die Arbeitsaufsichtsbehörde zu beachten und die Höhe der spezifischen besonderen Entschädigung für die Vertragsbeendigung festzulegen.
Die besondere Mindest-Aufhebungsabfindung
Die Aufhebungsvereinbarung begründet einen Anspruch für den Arbeitnehmer auf eine „besondere Entschädigung“ als Abfindung bei Vertragsende, deren Höhe nicht unter der gesetzlichen Kündigungsentschädigung oder der tarifvertraglichen Kündigungsentschädigung, falls diese höher sein sollte, liegen kann. Zur Erinnerung: dieser Betrag wird je nach Betriebszugehörigkeitsdauer und Höhe der Vergütung des Arbeitnehmers festgelegt. Die Höhe der besonderen Entschädigung stellt nur einen Mindestbetrag dar. Es steht den Parteien frei, einen höheren Betrag auszuhandeln.
Der Mindestbetrag der besonderen Abfindung sollte beachtet werden, da ansonsten entweder die Arbeitsaufsichtsbehörde bei ihrer Überprüfung die Genehmigung verweigert oder der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht die Zahlung der Differenz fordern kann.
Berechnung der Aufhebungsabfindung
Gesetzliche Abfindung
Die Höhe der Abfindung wird nach den folgenden gesetzlich festgelegten Kriterien berechnet, wobei der Tarifvertrag eine Berechnung vorsehen kann, die großzügiger für den Arbeitnehmer ausfällt.
- Ein Viertel des Monatsgehalts pro Jahr der Betriebszugehörigkeit in den ersten 10 Jahren
- Ein Drittel des Monatsgehalts für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit von mehr als 10 Jahren
Das Referenzgehalt wird für nach den für den Arbeitnehmer vorteilhaften Kriterium berechnet,
ENTWEDER
- Das Durchschnittsgehalt der letzten 12 Monate vor der Kündigung; wenn die Betriebszugehörigkeit weniger als 12 Monate beträgt, wird der Durchschnitt auf das gesamte Gehalt der Monate vor der Kündigung berechnet
ODER
- Ein Drittel der letzten 3 Monatsgehälter.
Die Abfindung gemäß Tarifvertrag
Wenn eine anderweitige Vereinbarung (Tarifvertrag der Berufsverbände, Kollektivvertrag, Arbeitsvertrag) besteht, findet, statt der gesetzlichen Mindestabfindung, die Mindestentschädigung laut der Vereinbarung Anwendung.
Die tarifvertragliche Entschädigung darf jedoch nicht mit den abweichenden Regeln für Entlassungsabfindungen verwechselt werden. In bestimmten Berufen folgen die Regeln für die gesetzliche Kündigungsentschädigung nämlich besonderen Berechnungsmodalitäten. In diesem Zusammenhang hat das französische Kassationsgericht die Anwendung dieser abweichenden Regeln abgelehnt, um der Anwendung des allgemeinen Rechts den Vorzug zu geben, insbesondere in Bezug auf den Beruf des Journalisten oder in Bezug auf einen Arbeitnehmer eines öffentlichen Wohnungsbauamtes.
Entschädigung und Prämien
Außerordentliche oder jährliche Prämien oder Gratifikationen werden nur pro rata temporis berücksichtigt.
Besteuerung der Aufhebungsabfindung
Ebenso wie die Kündigungsabfindung ist auch die besondere Abfindung für die Aufhebungsvereinbarung von der Einkommensteuer befreit, und zwar bis zum höchsten der folgenden Beträge:
- der Betrag der gesetzlichen oder tarifvertraglichen Kündigungsentschädigung;
- die zweifache Höhe des im Laufe des Kalenderjahres, das der Beendigung des Vertrages vorausgeht, vom Arbeitnehmer erhaltenen Brutto-Jahresgehalts;
- die Hälfte des Gesamtbetrages der gezahlten Entschädigungen (dies schließt insbesondere die Entschädigung für die Aufhebungsvereinbarung und eine eventuelle Vergleichsentschädigung ein).
Diese letzten beiden Beträge (das doppelte Jahresgehalt und die Hälfte der gezahlten Entschädigungen) sind steuerbefreit unter der Bedingung, dass sie nicht höher sind als 6-mal die Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherung (PASS), wobei dieser Betrag 2024 bei 278 280 Euro liegt. Wird diese Höchstgrenze überschritten, sind die Beträge ab dem ersten Euro steuerpflichtig. Wenn der Arbeitnehmer jedoch Anspruch auf die Zahlung einer Rente von einer gesetzlichen Rentenkasse hat, ist die gesamte besondere Entschädigung für die Aufhebungsvereinbarung steuerpflichtig.
Sozialabgaben für die Aufhebungsabfindung
Das System für Sozialabgaben in Bezug auf die Entschädigung für die Aufhebungsvereinbarung ist recht komplex, da die folgenden Abgaben unterschiedliche behandelt werden:
- Sozialversicherungsbeiträge;
- der allgemeine Sozialbeitrag (CSG) und der Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld (CRDS), die auch Sozialversicherungsbeiträge sind und vom Einkommen des Arbeitnehmers abgezogen werden;
- der Sozialabschlag, den der Arbeitgeber zu tragen hat.
Besondere Abfindung bei Vertragsbeendigung und Sozialabgaben
Die Abfindung für die Aufhebungsvereinbarung, ebenso wie die Kündigungsentschädigung, steuerbefreit. Hier ist darauf hinzuweisen, dass die gezahlte Entschädigung von der Berechnungsgrundlage der Sozialversicherungsbeiträge ausgenommen ist, und zwar bis zum höheren der beiden folgenden Höchstbeträge:
- der von Sozialabgaben befreite Anteil darf nicht 2-mal den PASS (Beitragsbemessungsgrenze) überschreiten (also 92 736 Euro für 2024);
- der von Sozialabgaben befreite Anteil darf auch nicht den von der Einkommenssteuer befreiten Anteil überschreiten.
Über diesen Obergrenzen ist die Entschädigung für den überschüssigen Teil sozialabgabenpflichtig. Wenn die gezahlte Entschädigung 10-mal höher als der PASS ist (EUR 463 680 für 2024 ), werden für die entsprechenden Beträge ab dem ersten Euro Sozialversicherungsbeiträge geschuldet.
Wenn der Arbeitnehmer das Renteneintrittsalter erreicht hat, sind für die Entschädigung Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.
Besondere Entschädigung für die Vertragsbeendigung und CSG / CRDS
Die Entschädigung für die Aufhebungsvereinbarung ist von der CSG (Sozialbeitrag) und der CRDS (Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld) befreit, und zwar für den Anteil, der innerhalb der vom anwendbaren Tarifvertrag oder ansonsten der vom Gesetz vorgesehenen Höchstgrenze liegt und nicht 2-mal höher als der PASS ist.
Für den überschüssigen Anteil werden CSG und CRDS geschuldet, und zwar für den Anteil, der von Sozialabgaben befreit ist. Wenn dieser Betrag allerdings höher als 10-mal der PASS ist, sind CSG und CRDS ab dem ersten Euro zu entrichten.
Seit dem 1. September 2023 wird bei den Sozialabgaben der Abfindung für eine Vertragsaufhebung nicht mehr danach unterschieden, ob der betroffene Arbeitnehmer Anspruch auf die gesetzliche Grundrente hat oder nicht. Dies gilt für alle Abfindungen, die nach dem 31. August 2023 gezahlt werden.
Besondere Entschädigung für die Vertragsbeendigung und spezifischer Sozialabgabenzuschlag
Die Entschädigungen für Aufhebungsvereinbarungen unterliegen einem spezifischen Sozialabgabenzuschlag von 20 % ab dem ersten Euro und bis zu 2-mal den PASS. Dies entspricht:
- dem von der Berechnungsgrundlage der Abgaben ausgenommenen Anteil, welcher der CSG/CRDS unterliegt (über der gesetzlichen oder tarifvertraglichen Höchstgrenze und unter der Höchstgrenze von 2-mal den PASS);
- dem von der Berechnungsgrundlage der Abgaben sowie von der Berechnungsgrundlage der CSG ausgenommenen Anteil (gesetzlicher oder tarifvertraglicher Betrag).
Diese Abgabe obliegt ausschließlich dem Arbeitgeber und ist an die französische Alters- und Rentenkasse (Caisse nationale d’assurance vieilleisse) zu entrichten.
Weitere Kriterien, die die Abfindungshöhe beeinflussen
Neben dem Gehalt und der Dauer der Betriebszugehörigkeit, die zwangsläufig die Höhe der Abfindung beeinflussen, besteht das Interesse des Arbeitnehmers an einer Aufhebungsvereinbarung darin, zu versuchen, den Betrag seiner Abfindung auszuhandeln. Der Arbeitnehmer kann seinen Arbeitgeber beispielsweise darauf hinweisen, dass er im Falle einer Kündigung mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass vor einem Arbeitsgericht kein triftiger Grund für die Kündigung vorliegen würde und er somit potenziell Anspruch auf eine Entschädigung für eine Kündigung ohne berechtigten Grund hätte, die nach der Macron-Tabelle berechnet wird.
Die Macron-Tabelle kann eine gute Größenordnung davon vermitteln, auf welchen Betrag man bei einer Verhandlung abzielen könnte.
Natürlich kann sich auch die Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf die Höhe des zuerkannten Betrags auswirken. Wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise einen Aufhebungsvertrag anfragt, um sich einem neuen Projekt zu widmen und der Arbeitgeber immer gerne mit dieser Person zusammengearbeitet hat, möchte er sie vielleicht auf ihrem neuen beruflichen Werdegang ermutigen. Umgekehrt mag sich der Arbeitgeber bei einem angespannten Verhältnis eher auf den Mindestbetrag beschränken.
Auch Verhandlungsgeschick spielt eine Rolle und ist natürlich von Person zu Person unterschiedlich.
Zeitpunkt der Auszahlung der Aufhebungsabfindung
Die Abfindung wird an dem im Aufhebungsvertrag vereinbarten Datum fällig, das normalerweise der letzte Tag des Arbeitsverhältnisses ist (siehe Cerfa). Der Arbeitgeber ist also gehalten, die Entschädigung an dem Tag zu zahlen, an dem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich rechtskräftig wird, und nicht am Tag der Genehmigung des Aufhebungsvertrags durch das zuständige Amt des französischen Arbeitsministeriums. Die Zahlungspflicht entsteht jedoch bereits mit der Genehmigung. Sollte der Arbeitnehmer zum Beispiel nach der Genehmigung, aber vor dem tatsächlichen Datum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sterben, ist die Abfindung an die Erben auszuzahlen.
Wenn der Arbeitgeber die Abfindung zum vereinbarten Zeitpunkt nicht zahlen kann, wird die Aufhebungsvereinbarung ungültig. Der Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber auf die Zahlung verklagen.
Die Abfindung und die Auswirkungen auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Im Gegensatz zu einer vom Arbeitnehmer ausgesprochen Kündigung, gelten bei einer Aufhebungsvereinbarung die Ansprüche auf Arbeitslosengeld. Wie auch bei der Kündigungsabfindung wird die Abfindung für die Berechnung des Auszahlungsbeginns des Arbeitslosengeldes berücksichtigt. Man spricht hier von der Karenzzeit, die über die Karenzzeit von 7 Tagen, die für alle Arbeitnehmer gilt, hinausgeht.
Die Abfindung als Insolvenzgeld
Wenn der Arbeitgeber einem Insolvenzverfahren unterliegt, kann der Arbeitnehmer, der eine Aufhebungsvereinbarung vor Eröffnung dieses Verfahrens unterzeichnet hat, die Zahlung nicht mehr beim Arbeitgeber einfordern. Stattdessen muss er sich für die Zahlung der ausstehenden Forderung an die AGS über den Insolvenzverwalter wenden.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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