Eine Neuheit im Arbeitsrecht: die kollektive Aufhebungsvereinbarung
14.02.18

Die kollektive Aufhebungsvereinbarung nach der Macron-Verordnung vom 22.09.2017
Die Macron-Verordnungen vom 22.09.2017 sehen im Rahmen der großen Reform des französischen Arbeitsrechts unter anderem eine innovative Maßnahme zur kollektiven Aufhebung von Arbeitsverträgen vor: die kollektive Aufhebungsvereinbarung (rupture conventionnelle collective). Dieser wichtige Bestandteil der Reform stößt bei den Arbeitgebern auf reges Interesse. Dies zeigt sich darin, dass die Modemarke Pimkie und der Automobilhersteller PSA nur 10 Tage nach dem offiziellen Inkrafttreten dieser neuen Bestimmung angekündigt haben, dass sie diese neuen Gesetzesbestimmungen zur Abschaffung von Arbeitsstellen anwenden werden.
Zunächst hatte die Regierung im Entwurf für diese Verordnung den Begriff „Plan zum selbstbestimmten und freiwilligen Ausscheiden aus dem Unternehmen“ verwendet, um diese Maßnahme zu bezeichnen. Dieser Begriff umfasst somit unterschiedliche Situationen, unter anderem die der Sozialpläne zum „eigenständigen“ und freiwilligen Ausscheiden aus dem Unternehmen, unter Ausschluss jeglicher Kündigung. Diese Pläne sind folglich auf freiwilliger Basis und dienen hauptsächlich dem Zweck, bestimmte sensible oder überbesetzte Arbeitsstellen zu streichen (Entscheidung vom 26.10.2010).
Diese Wortwahl wurde jedoch nicht im endgültigen Verordnungstext übernommen, da der Gesetzgeber den Begriff der „kollektiven Aufhebungsvereinbarung“ bevorzugte, um den Unterschied zur betriebsbedingten Kündigung deutlich hervorzuheben.
Freiwilliges Ausscheiden im Rahmen der kollektiven Aufhebungsvereinbarung
Von nun an können Unternehmen unabhängig von ihrer Mitarbeiterzahl und ihrer wirtschaftlichen Situation einen gemeinsamen Rahmen für ein freiwilliges Ausscheiden verhandeln. Es handelt sich also um eine Maßnahme zur Streichung von Arbeitsstellen ohne Kündigungen. Der Arbeitgeber hat dabei keinen wirtschaftlichen Grund nachzuweisen. Prinzipiell kann die kollektive Aufhebungsvereinbarung unabhängig von wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder einer Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit in Betracht gezogen werden.
Der Arbeitgeber muss Überzeugungsarbeit leisten, damit seine Arbeitnehmer sich freiwillig melden. Er kann nämlich nicht sofort danach von Kündigungen Gebrauch machen, wenn es nicht genügend Anfragen gibt, denn Artikel L.1237-19 des Arbeitsgesetzbuchs, der die kollektive Aufhebungsvereinbarung einführt, schließt „jegliche Kündigung zum Erreichen der damit verbundenen Ziele in Hinblick auf das Streichen von Arbeitsstellen“ aus. Des Weiteren kann diese Maßnahme zur Aufhebung des Arbeitsvertrages nicht von der einen oder anderen Partei (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) erzwungen werden.
Umsetzung der kollektiven Aufhebungsvereinbarung durch Betriebsvereinbarung
Die Umsetzung der kollektiven Aufhebungsvereinbarung setzt die Unterzeichnung einer Betriebsvereinbarung auf Ebene des Unternehmens bzw. der Niederlassung voraus. Die Aushandlung dieser Betriebsvereinbarung muss vom Arbeitgeber ausgehen und unterliegt den neuen allgemeinen Bestimmungen für Betriebsvereinbarungen seit Inkrafttreten der Macron-Verordnungen.
Der Inhalt dieser kollektiven Aufhebungsvereinbarung muss zwingend durch diese Betriebsvereinbarung festgelegt werden, deren Verfassung größter Sorgfalt bedarf. Zu den in der Betriebsvereinbarung enthaltenen Bestimmungen gehören zwingende Inhalte, wie beispielsweise:
- die Modalitäten und Bedingungen der Information des Wirtschafts- und Sozialausschusses;
- die Höchstzahl von geplanten Austritten und die Umsetzungsdauer der kollektiven Aufhebungsvereinbarung;
- die Voraussetzungen für die Teilnahme von Arbeitnehmern (zum Beispiel Mindestbetriebsalter);
- die Modalitäten zur Abgabe und Auswertung der Bewerbungen der interessierten Arbeitnehmer;
- die Modalitäten zur Berechnung der dem Arbeitnehmer zugesicherten Abfindungen, welche nicht geringer als die gesetzliche Abfindung sein darf;
- Maßnahmen, welche die Begleitung und externe Wiedereingliederung der Arbeitnehmer in gleichwertigen Arbeitsstellen erleichtern, wie Weiterbildungsmaßnahmen, Validierung des Erwerbs von Berufserfahrung (validation des acquis de l’expérience) oder Umschulung oder Maßnahmen zur Förderung der Entstehung neuer Wirtschaftstätigkeiten oder der Übernahme bestehender Wirtschaftstätigkeiten durch die Arbeitnehmer.
Ebenso wie individuelle Aufhebungsvereinbarungen muss auch die geplante kollektive Aufhebungsvereinbarung den Behörden zur Genehmigung vorgelegt werden.
Die Behörde hat ihre Entscheidung dem Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Vereinbarung mitzuteilen. Antwortet die Behörde nicht innerhalb dieser Frist von zwei Wochen, so gilt die Vereinbarung als genehmigt.
Die Folgen der Aufhebungsvereinbarung für die Arbeitnehmer
Nimmt der Arbeitgeber die Bewerbung des Arbeitnehmers im Rahmen der kollektiven Aufhebungsvereinbarung an, so führt dies zur Beendigung des Arbeitsvertrages in gegenseitigem Einvernehmen der Parteien. Da es sich nicht um eine Kündigung durch den Arbeitgeber oder durch den Arbeitnehmer handelt, müssen die dazu vorgesehenen Verfahren nicht beachtet werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben sich ausschließlich an die in der vorgenannten Betriebsvereinbarung vorgesehenen Bestimmungen zu halten.
Die Arbeitnehmer, die sich für die kollektive Aufhebungsvereinbarung beworben haben und ausgewählt wurden, haben Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung unter den gleichen Bedingungen wie Arbeitnehmer, denen betriebsbedingt gekündigt wurde.
Arbeitnehmer, die die Ordnungsmäßigkeit der Beendigung ihres Arbeitsvertrages im Rahmen der kollektiven Aufhebungsvereinbarung bestreiten möchten, verfügen über eine Frist von einem Jahr, um beim Arbeitsgericht Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsvertrages zu erheben.
Die Vorteile der kollektiven Aufhebungsvereinbarung für den Arbeitgeber
Die Gründe, die einen Arbeitgeber zum Abschluss einer kollektiven Aufhebungsvereinbarung, welche von ihm ausgehen muss, bewegen können, sind vielfältig:
- vorzeitiger Personalabbau, selbst wenn die Bedingungen einer betriebsbedingten Kündigung nicht erfüllt sind;
- Angebot einer Aufhebungsvereinbarung für die Arbeitnehmer, deren Tätigkeit eingestellt wird, um eine Neuausrichtung auf eine bestimmte Tätigkeit vorzubereiten;
- notwendiger Personalabbau in einem entspannten Betriebsklima;
- Ausscheiden einer bestimmten Kategorie von Arbeitnehmern fördern.
Erheblicher Kostenaufwand für den Arbeitgeber
Diese Maßnahme der kollektiven Aufhebungsvereinbarung bedeutet einen erheblichen Kostenaufwand für den Arbeitgeber. Die für die Genehmigung der Betriebsvereinbarung zur kollektiven Aufhebungsvereinbarung zuständige Behörde hat angekündigt, dass sie sehr anspruchsvoll bei der Prüfung der angemessenen Gegenleistung für die Arbeitnehmer sein wird.
In der Tat hat das Arbeitsministerium angekündigt, keine Vereinbarungen zu akzeptieren, die ausschließlich finanzielle Vorteile für die Arbeitnehmer vorsehen. Der Arbeitgeber muss sich also einfallsreich geben und bedeutende Vorteile anbieten, wie beispielsweise:
- Regelungen zum Vorruhestand;
- beträchtliche Hilfen zur Unternehmensgründung;
- etc.
Die Zeit wird zeigen, ob dieser neue Weg der Beendigung des Arbeitsvertrages im Wettbewerb stehen wird mit dem Sozialplan im Rahmen der betriebsbedingten Kündigung.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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Bild: Tupungato