Der Personalleiter als Unterzeichner des Kündigungsschreibens an den Arbeitnehmer
29.06.15

Am 25. September 2014 hat das deutsche Bundesarbeitsgericht eine interessante Entscheidung über die Möglichkeit für einen Bevollmächtigten des Arbeitgebers gefällt, die Kündigung eines Arbeitnehmers auszusprechen.
Die Wirksamkeit im deutschen Arbeitsrecht einer Kündigung durch Kündigungsschreiben, das von einem Bevollmächtigten des Arbeitgebers unterzeichnet wird
Der Kläger war in einer Firma im Bereich Bau und Industriemaschinen seit Februar 2004 als Materialbesteller im Fertigungslager und in der Endmontage beschäftigt. Am 2. April 2012 hat die Gesellschaft in einem Schreiben an die Bundesagentur für Arbeit angegeben, dass sie die Entlassung von 156 Mitarbeitern plante. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte sie das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers und seiner Kollegen mit Kündigungsschreiben vom 27. April 2012. Dieses Kündigungsschreiben wurde von Herrn K., der sowohl Prokurist als auch Personalleiter war, unterzeichnet. Es wurde ebenfalls vom Personalsachbearbeiter unterzeichnet.
Am 2. Mai 2012 hat der Arbeitnehmer die Kündigung mangels Nachweis der Vertretungsberechtigung des Unterzeichners angefochten. Er hat behauptet, die Stellung von Herrn K. als Personalleiter sei ihm nicht bekannt gewesen. Er sei nur „eine Art Chef“. Er habe keine Kenntnis seiner Vollmacht in der Firma. Aus diesem Grund sei die Kündigung vom 27. April 2012 rechtsunwirksam und das Arbeitsverhältnis sei somit nicht gekündigt worden. Die Gesellschaft hat dieser Argumentation widersprochen. Sie hat entgegengestellt, dass der Unterzeichner Herr K. sehr wohl Personalleiter sei und dass die Mitarbeiter dies wussten.
In der ersten Gerichtsinstanz folgte das Arbeitsgericht der Argumentation der Gesellschaft und hat entschieden, dass die Kündigung ordnungsgemäß erfolgt sei. Das zuständige Landesarbeitsgericht ist allerdings nicht den ersten Richtern gefolgt und hat dem Antrag des Arbeitnehmers auf Grundlage der Regeln des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs stattgegeben.
Im deutschen Recht ist eine Willenserklärung unwirksam, wenn keine Vollmacht des Bevollmächtigten vorliegt
Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch sieht vor, dass ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam ist, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
Das zuständige Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass dem Kündigungsschreiben keine Originalvollmacht beigefügt worden ist. Diese Unterlassung würde den Rechtsbehelf des Arbeitnehmers gegen das Kündigungsschreiben rechtfertigen. Der Arbeitnehmer konnte laut Berufungsgericht nicht sicher sein, dass der Unterzeichnende bevollmächtigt war, ein solches Schreiben auszustellen.
Diese Auslegung wurde allerdings vom Bundesarbeitsgericht, das von der Gesellschaft angerufen worden ist, abgewiesen.
Die Kenntnis des Arbeitnehmers von der Vollmacht als einziges einschlägiges Kriterium für die Rechtswirksamkeit des Kündigungsschreibens in deutschem Arbeitsrecht
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 25. September 2014 die Anwendung der Regeln des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs über eine Vollmacht zur Ausstellung einer Kündigung verdeutlicht. Es hat entschieden, dass eine Verletzung des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur dann vorliegt, wenn die Person keine Kenntnis von der dem Vertreter erteilten Vollmacht oder seiner Stellung als Verwalter hatte. Außerdem hat sie in dem vorliegenden Fall festgestellt, dass die Stellung von Herrn K. als Prokurist vor dem Kündigungsverfahren im Handelsregister veröffentlicht worden ist. Durch diese Veröffentlichung im Handelsregister konnte der Arbeitnehmer für das Bundesarbeitsgericht Kenntnis der Vollmacht nehmen und es war nicht notwendig, dass ihm diese Vollmacht persönlich zugestellt wird.
Das Bundesarbeitsgericht hat vor diesem Hintergrund beschlossen, dass Herr K. in seiner Eigenschaft als Prokurist das Kündigungsschreiben wirksam verschicken konnte. Laut Handelsregister besaß Herr K. allerdings lediglich eine Gesamtprokura zusammen mit dem Geschäftsführer bzw. einem anderen Prokuristen. Der weitere Unterzeichner des Kündigungsschreibens hatte dabei als Sachbearbeiter keine entsprechende Stellung inne.
Das Bundesarbeitsgericht hat zwar bemerkt, dass Herr K., der auch Personalleiter war, in dieser Eigenschaft alleine wirksam eine Kündigung aussprechen konnte. Allerdings war seine Rolle als Personalleiter nicht im Handelsregister eingetragen. Für das Bundesarbeitsgericht war der entscheidende Faktor, ob der Arbeitnehmer auch die Rolle als Personalleiter kannte oder nicht. Da es sich nicht selbst zu dieser Frage aussprechen konnte, hat es die Angelegenheit an das Berufungsgericht verwiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei darauf hingewiesen, dass wenn der Arbeitnehmer Kenntnis von der Rolle des Personalleiters hatte, die Beendigung des Arbeitsvertrags rechtswirksam sei.
Die Kenntnis über die Stellung des Unterzeichners eines Kündigungsschreibens ist unabdingbar
Das Bundesarbeitsgericht hat gezeigt, dass ein Bevollmächtigter des Arbeitgebers wirksam ein Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer kündigen kann. Es hat außerdem klargestellt, dass es dazu nicht notwendig ist, dem Arbeitnehmer persönlich seine Vollmacht anzuzeigen. Allerdings zeigt diese Entscheidung auch, dass es unabdingbar ist, dass der Arbeitnehmer die Stellung des Unterzeichners des Schreibens kennt. Selbst wenn nur eine seiner Stellungen bekannt ist, muss er auch die zweite kennen. Die eine Stellung kann nicht von der anderen abgeleitet werden.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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