Grundsätzliches Anschlussverbot bei befristetem sachgrundlosem Arbeitsvertrag beim gleichen Arbeitgeber

04.03.19
Befristeter Arbeitsvertrag nur einmal
Grundsätzliches Anschlussverbot bei befristetem sachgrundlosem Arbeitsvertrag beim gleichen Arbeitgeber
Befristeter Arbeitsvertrag nur einmal

Das deutsche Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) bestimmt den Grundsatz, dass die Befristung eines Arbeitsvertrags durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein muss. Als Ausnahme davon gilt, dass eine Befristung auch ohne einen solchen Sachgrund bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig ist, wenn nicht mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (sog. Anschlussverbot). Diese Besonderheit des deutschen Arbeitsrechts kennt das französische Arbeitsrecht nicht, da immer ein Sachgrund für den französischen befristeten Arbeitsvertrag gegeben sein muss.

Diese Vorschrift über das Anschlussverbot wurde vom Bundesarbeitsgericht (BAG) in zwei Urteilen aus dem Jahr 2011 überraschend dahingehend ausgelegt, dass eine Befristung des Arbeitsverhältnisses selbst bei einer Vorbeschäftigung wirksam ist, wenn diese Vorbeschäftigung länger als drei Jahre zurückliegt. Diese Rechtsprechung wurde deutlich kritisiert und schließlich eine Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerG) herbeigeführt. Das Bundesverfassungsgericht schob der Rechtsprechung des BAG über eine regelmäßige Zulässigkeit einer erneuten Befristung nach einer dreijährigen Karenzzeit in seiner Entscheidung vom 06.06.2018 (Az.: 1 BvR 1375/14) einen Riegel vor. Daraufhin hat das BAG nun seine Auslegung in seinem jüngsten Urteil zur sachgrundlosen Befristung revidiert.

Kehrtwende des BAG: Das Anschlussverbot gilt zeitlich wieder unbeschränkt

Das BAG hat am 23.01.2019 entschieden, dass die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags auch dann nicht zulässig ist, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe beinhaltete.

Der Arbeitnehmer war von 2004 bis 2005 befristet bei einer Automobilherstellerin tätig. Zum 19. August 2013 stellte diese den Arbeitnehmer erneut befristet ein. Nach zweimaliger Befristungsverlängerung bis zum 18. August 2015 teilte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer mit, dass sie nicht bereit sei, das Arbeitsverhältnis über den 18. August 2015 hinaus fortzusetzen.

Die von dem Arbeitnehmer eingeleitete Befristungskontrolle ist in allen Instanzen erfolgreich

Der Arbeitnehmer rief mit einer Befristungskontrollklage das Arbeitsgericht an. Er machte geltend, dass die Befristung wegen seiner Vorbeschäftigung bei der Arbeitgeberin von 2004 bis 2005 unwirksam sei. Das Arbeitsgericht Stuttgart gab dem Arbeitnehmer in seiner Entscheidung vom 14.01.2016 (21 Ca 5246/15) recht.

Dagegen legte die Arbeitgeberin beim Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg Berufung ein. Die Arbeitgeberin argumentierte, dass die Anwendung des sog. Anschlussverbots befristeter Arbeitsverträge zeitlich beschränkt werden müsse. Sie führte an, dass auch eine Karenzzeit zwischen den Beschäftigungen von drei Jahren ausreiche, um vom Gesetzgeber ungewollte missbräuchliche Kettenbefristungen zu verhindern. Die Arbeitgeberin gab außerdem zu bedenken, dass eine zeitlich unbegrenzte Berücksichtigung von Vorbeschäftigungen in die Grundrechte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingreife, weil Arbeitgeber alle Vorbeschäftigungen prüfen müssten und bereits vorbeschäftigte Arbeitnehmer gegebenenfalls nicht wiedereingestellt und somit benachteiligt werden würden. Des Weiteren machte die Arbeitgeberin geltend, ihr Vertrauen in die Rechtsprechung des BAG zur zeitlichen Begrenzung auf drei Jahre bei den zu beachtenden Vorbeschäftigungen müsse geschützt werden. Die Automobilherstellerin konnte sich damit jedoch nicht durchsetzen. Auch das Berufungsgericht hielt die Befristung in seinem Urteil vom 11.08.2016 (Az.: 3 Sa 8/16) für unzulässig.

Achtjährige Karenzzeit genügt im Einzelfall nicht für die Wirksamkeit der Befristung

Die Arbeitgeberin ging schließlich in die Revision vor das BAG. Angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ließ das BAG es jedoch bei seiner Befristungskontrolle nicht mehr ausreichen, dass die Vorbeschäftigung länger als drei Jahre zurücklag. Es hatte vielmehr losgelöst von dem obsoleten Kriterium der dreijährigen Karenzzeit zu prüfen, ob das Anschlussverbot ausnahmsweise unzumutbar ist, etwa weil die Vorbeschäftigung sehr lange zurück liegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist und eine Gefahr der Ausnutzung von Kettenbefristungen nicht besteht. Im vorliegenden Fall, in dem die Vorbeschäftigung acht Jahre zurücklag, kam das BAG zu dem Ergebnis, dass das Anschlussverbot zumutbar ist. Es bestätigte die Ansicht des Arbeitnehmers, dass die Befristung unzulässig war und sein Arbeitsverhältnis nicht am 18.08.2015 geendet hat.

Bislang liegt nur die Pressemitteilung der Entscheidung des BAG vor. Die Veröffentlichung der Entscheidung mit der Begründung im Detail bleibt abzuwarten.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: bluedesign

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