GmbH-Geschäftsführer und Arbeitnehmer-Kündigungsschutz

Veröffentlicht am 21.12.23
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GmbH-Geschäftsführer und Arbeitnehmer-Kündigungsschutz
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Als GmbH Geschäftsführer ist man in der Regel kein Arbeitnehmer, sondern ein Organ der Gesellschaft. Das bedeutet, dass der rechtliche Schutz, den ein Arbeitnehmer genießt, insbesondere bei der Kündigung, nicht automatisch auf einen Geschäftsführer übertragen wird. Es gibt jedoch bestimmte Situationen, in denen auch ein Geschäftsführer arbeitsrechtlichen Schutz in Anspruch nehmen kann. Im folgenden Artikel wird untersucht, unter welchen Umständen ein GmbH Geschäftsführer den Schutz eines Arbeitnehmers hat.

Der Grundsatz: Der GmbH-Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer

Der GmbH-Geschäftsführer hat eine besondere Stellung im deutschen Recht: Er ist zugleich Organ der Gesellschaft und deren Dienstnehmer. Die Stellung des GmbH-Geschäftsführers als Dienstnehmer ist eine Besonderheit des deutschen Gesellschaftsrechts. Sie existiert nicht für den französischen Geschäftsführer, welcher zu diesen Zwecken einen Arbeitsvertrag für getrennte Arbeitnehmertätigkeiten haben müsste. Bei dieser Doppelfunktion als Vertretungsorgan und Dienstnehmer stellt sich immer wieder die Frage, ob der Geschäftsführer einer GmbH wie ein Arbeitnehmer Kündigungsschutz beanspruchen kann.

In der Regel genießt der GmbH-Geschäftsführer bei seiner Abberufung keinen Kündigungsschutz. Sein Verhältnis zur GmbH ist grundsätzlich kein Arbeitsverhältnis. Ein solches besteht nur in Ausnahmefällen. Zudem ist der allgemeine Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) im Grunde nicht anwendbar. Die Rechtsprechung hat dem Geschäftsführer gleichwohl in verschiedenen Fällen allgemeinen und teils besonderen Kündigungsschutz gewährt.

Im Überblick:

Grundsätzlich ist der Geschäftsführer kein Arbeitnehmer. Er gilt nur in Ausnahmefällen als Arbeitnehmer. Der gesetzliche Kündigungsschutz ist in der Regel nicht anwendbar.

Bestellung und Anstellung des GmbH-Geschäftsführers unterscheiden

Zum Verständnis dafür, dass die Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzes je nach rechtlicher Beziehung des Geschäftsführers zur GmbH unterschiedlich zu beantworten ist, ist zunächst an die Trennung zwischen Bestellung als des Geschäftsführers als Organ und Anstellung im Rahmen eines Dienstvertrages zu erinnern. Durch die Bestellung obliegt dem Geschäftsführer einer GmbH die organschaftliche Vertretung der Gesellschaft. Seine Vertretungsmacht erfolgt nach § 35 Abs. 1 GmbHG automatisch. Die Bestellung bevollmächtigt den Geschäftsführer, für die GmbH zu handeln. Der Geschäftsführer hat dabei die Weisungen der Gesellschafter zu beachten.

Die Anstellung ist von der Bestellung strikt zu trennen:

  • Aus der Bestellung zum Organ durch die Gesellschafter ensteht seine Vertetetungsvollmacht und dadurch kann seine Eintragung als Geschäftsführer beim Handelsregister erfolgen.
  • Die Anstellung betrifft die persönlichen Rechtsbeziehungen des Geschäftsführers zur GmbH. Im Anstellungsvertrag werden nachrangig zum gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis diejenigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft geregelt, welche nicht bereits durch die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers im Gesetz oder Gesellschaftsvertrag vorgegeben sind. Zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer muss nicht zwingend ein schuldrechtlicher Anstellungsvertrag geschlossen werden.

Das Anstellungsverhältnis kann als Auftragsverhältnis gemäß §§ 662 ff. BGB ausgestaltet sein, wenn die Tätigkeit der Geschäftsführung unentgeltlich erfolgt. In den meisten Fällen wird jedoch eine Vergütung für die GmbH-Geschäftsführertätigkeit vereinbart, so dass ein Dienstvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrags nach den §§ 675, 611 BGB vorliegt.

Die Einordnung des Anstellungsverhältnisses als Dienstvertrag reicht aber noch nicht für die Einordnung aus, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt. Denn auch ein Arbeitsvertrag ist ein Dienstvertrag. Ein Arbeitsvertrag ist ein Dienstvertrag mit einer besonderen Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Unternehmen.

Im Überblick:

Der Geschäftsführer wird zum Vertretungsorgan bestellt. In einem Anstellungsverhältnis können persönliche Rechtsbeziehungen zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft geregelt werden. Es muss nicht zwingend ein Anstellungsvertrag geschlossen werden.

Geschäftsführer kann für die Arbeitsgerichte Arbeitnehmer sein

Auffassung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) differenziert von Fall zu Fall je nach Grad der persönlichen Abhängigkeit des Geschäftsführers von der Gesellschaft. Danach gilt der GmbH-Geschäftsführer ausnahmsweise als Arbeitnehmer, wenn die Gesellschaft eine über ihr gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinausgehende Weisungsbefugnis hat, die es ihr erlaubt, dem Geschäftsführer auch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen zu erteilen. Die Gesellschaft muss in der Lage sein, die konkreten Modalitäten der Erbringung der Geschäftsführungsleistungen wie Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit zu bestimmen. Der Geschäftsführer muss also im Einzelfall unselbstständig und weisungsgebunden tätig werden.

Diese Auffassung hat das BAG auch in seiner neueren Rechtsprechung immer wieder bekräftigt. So weist das BAG beispielsweise in seiner Entscheidung vom 27.04.2021 (2 AZR 540/20) ausdrücklich darauf hin, dass die Arbeitnehmereigenschaft des Geschäftsführers nur in extremen Ausnahmefällen anzunehmen sei. Im konkreten Fall hatte das Gericht über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers zu entscheiden. Es ging um die Frage, ob für einen Mitarbeiter der gesetzliche Kündigungsschutz gilt oder nicht, was u.a. davon abhängt, ob in dem Unternehmen mindestens 11 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Der Arbeitnehmer vertrat die Auffassung, dass die Kündigung der sozialen Rechtfertigung bedurft hätte, da seiner Meinung nach auch die beiden bei dem Arbeitgeber beschäftigten Geschäftsführer bei der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer zu berücksichtigen waren und somit die Mindestzahl von 11 Arbeitnehmern erreicht waren, ab der der gesetzliche Kündigungsschutz anwendbar sein kann. Diese Auffassung hat das BAG verneint, mit dem Hinweis, dass „eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schießen lässt, (…) allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht“ kommt (vgl. BAG aaO). Etwas anderes soll nach dem BAG (Entscheidung vom 17.06.2020 7 AZR 398/18) allerdings dann gelten, wenn die Parteien ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis vereinbart haben.

An diesen Grundsätzen der Rechtsprechung des BAG orientieren sich die untergeordneten Arbeitsgerichte in der ersten Instanz und Landesarbeitsgerichte in der zweiten Instanz.

Konkrete Rechsprechung mit Entscheidung eines Landesarbeitsgerichts

In einer jüngeren Entscheidung vom 5.10.2022 (3 Ta 132/22) hatte das Landesarbeitsgerichts Düsseldorf über die Einordnung des Geschäftsführers als Arbeitnehmer zu befinden. Es stellte die Kriterien für eine ausnahmsweise Einordnung als Arbeitnehmer klar, welches es in diesem Fall nicht als erfüllt ansah.

Der Fall war der folgende: Der Geschäftsführerdienstvertrag eines alleinigen GmbH-Fremdgeschäftsführers enthielt die folgende Klausel: „Der Geschäftsführer ist gesamtvertretungsberechtigt gemeinsam mit einem Prokuristen.“ Im Handelsregister war die allgemeine Vertretungsregelung eingetragen: „Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein.“ Der Geschäftsführer kündigte seinen Geschäftsführerdienstvertrag unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum 30.4.2021. Daraufhin kündigte die Gesellschaft wiederum dem Geschäftsführer fristlos und teilte ihm die sofortige Abberufung als Geschäftsführer mit, welche bereits am 30.12.2020 im Handelsregister eingetragen wurde. Der Geschäftsführer wehrte sich gegen die fristlose Kündigung.

Er war der Ansicht, er sei ein Arbeitnehmer, weil er wegen der Beschränkung seiner Vertretungsbefugnis keine weitergehenden Befugnisse als ein Prokurist hätte und darin auch ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstorganschaft läge. Außerdem sei er wie ein Arbeitnehmer weisungsgebunden gewesen im Hinblick auf Arbeitszeit und -ort sowie die Urlaubsregelung.

Die Richter des LAG erinnerten daran, dass es auf den Grad der persönlichen Abhängigkeit ankommt. Dabei muss eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden. Eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lässt, kommt nach der Rechtsprechung allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht.

Vorliegend bestätigte das LAG, dass der Geschäftsführerdienstvertrag die Vertretungsmacht unzulässig einschränkte. Ein Geschäftsführer kann nicht gezwungen sein, gemeinsam mit einem Prokuristen zu handeln. Allerdings führt dies allein in den Augen der Richter nicht dazu, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Vielmehr kommt es auf den tatsächlichen Umfang von Weisungen in der gelebten Vertragspraxis an, die über diejenigen Weisungen der Gesellschafter an einen Geschäftsführer hinausgehen, was hier nicht der Fall war.

Im Überblick:

Der Geschäftsführer ist Arbeitnehmer ist wer:

  1. seine Arbeit weisungsgebunden,
  2. fremdbestimmt und
  3. in persönlicher Abhängigkeit erbringt.

Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen vor Zivilrgerichten möglich

Grundatz der Anwendung in Ausnahmefällen

Die Zivilgerichtsbarkeit, an oberster Stelle der Bundesgerichtshof (BGH), geht beim Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers von einem freien Dienstverhältnis aus. Der BGH lehnt die Bewertung des Geschäftsführers als Arbeitnehmer mit der Begründung ab, dass der Geschäftsführer aufgrund seiner Organstellung als Vertreter der GmbH und seinem damit verbundenen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH selbst Arbeitgeberfunktionen ausübt.

Der BGH lässt dennoch die Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen auf den Geschäftsführer in Ausnahmefällen zu. Voraussetzung ist, dass der Geschäftsführer von der GmbH wirtschaftlich abhängig ist und die jeweilige gesetzliche Regelung die Anwendung auf Organmitglieder nicht ausschließt. Im konkreten Fall müssen die Funktionen des Geschäftsführers als gesetzlicher Vertreter und Unternehmensleiter zweitrangig sein. Es kommt jeweils darauf an, ob die arbeitsrechtliche Bestimmung hauptsächlich dazu dient, die persönliche und wirtschaftliche Existenz des Geschäftsführers zu sichern. Wesentlich ist vor allem, ob der Geschäftsführer der Gesellschaft seine Arbeitskraft wie ein Arbeitnehmer hauptberuflich zur Verfügung stellt. Des Weiteren darf die Funktionsfähigkeit der Organtätigkeit nicht gefährdet werden. Unproblematisch ist dies bei einem Fremdgeschäftsführer. Bei einem minderheitlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer kann entscheidend sein, ob er das Zustandekommen von Beschlüssen durch seine Sperrminorität verhindern kann. Die Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen kommt hingegen nicht für einen Mehrheitsgesellschafter in Betracht, der als Kapitaleigner einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft hat, dass er auch über die Leitungsmacht verfügt.

Im Überblick

Die Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen auf den Geschäftsführer setzt voraus:

  1. Der Geschäftsführer ist wirtschaftlich abhängig.
  2. Die arbeitsrechtliche Bestimmung darf Geschäftsführer nicht ausschließen.

Beispiel 1: Anwendung des Urlaubsrechts auf den Geschäftsführer

Gegebenenfalls kann sich die Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Bestimmungen auf den Geschäftsführer auch aus einer sog. richtlinienkonformen Auslegung ergeben. Im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung sind die Gerichte verpflichtet, deutsches Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der jeweiligen EU-Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen.

Die Bedeutung der richtlinienkonformen Auslegung verdeutlicht etwa eine Entscheidung des BAG vom 25.07.2023 (9 AZR 43/22), in der um Urlaubsabgeltungsansprüche ging.

Das BAG hatte zu klären, ob das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) auf eine Geschäftsführerin angewendet werden kann. Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Dies bedeutet, dass der Urlaub in Geld auszuzahlen ist.

Nach § 2 BUrlG gilt das Bundesurlaubsgesetzes für Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten zudem arbeitnehmerähnliche Personen. Zu berücksichtigen ist, dass durch das Bundesurlaubsgesetz die Vorgaben des Art. 7 der EU-Richtlinie 2003/88/EG („Arbeitszeitrichtlinie“) umgesetzt werden.Somit ist bei der Auslegung von § 2 BUrlG der allgemeine europarechtliche Arbeitnehmerbegriff in den Blick zu nehmen. Nach diesem europarechtlichen Arbeitnehmerbegriff ist als Arbeitnehmer jeder anzusehen, der für einen anderen eine Tätigkeit nach dessen Weisung ausübt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist es möglich, dass ein Geschäftsführer Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts ist, auch wenn der Grad der Abhängigkeit oder Unterordnung eines Geschäftsführers bei der Ausübung seiner Aufgaben geringer ist als der eines Arbeitnehmers im Sinne der üblichen Definition des deutschen Rechts. Der EuGH stellt somit – wie das deutsche Recht – maßgeblich auf die Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers ab, stellt jedoch an den Umfang dieser Weisungsgebundenheit geringere Anfoderungen.

Diese Weisungsgebundenheit sah das BAG im zu entscheidenden Fall gegeben, da die Geschäftsführerin auf Anweisung eine Arbeitszeit von 07:00 bis 18:00 Uhr einzuhalten hatte. Zudem hatte die Geschäftsführerin Vorgaben, welche Aufgaben sie vormittags und welche Aufgaben sie nachmittags zu erledigen hatte. Somit war die Geschäftsführerin als Arbeitnehmerin im europarechtlichen Sinne anzusehen und konnte einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend machen.

Beispiel 2: Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) auf den Geschäftsführer

Das AGG ist gem. § 6 Abs. 3 AGG ausdrücklich auf Geschäftsführer anwendbar, sofern der Zugang zur Erwerbstätigkeit oder der berufliche Aufstieg betroffen ist.

So sah es der BGH in seiner Entscheidung vom 23. April 2012 (II ZR 163/10). Ein Geschäftsführer war für eine befristete Dauer angestellt. Nach Ablauf seines Vertrages wurde er nicht als Geschäftsführer weiterbeschäftigt. Aus Sicht des BGH war durch die nicht erfolgte erneute Anstellung der Zugang zur Erwerbstätigkeit im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG betroffen. Hieraus folgt indes kein Kündigungsschutz. Kündigungen von Geschäftsführern sind nach dieser Vorschrift gerade nicht erfasst. Im Fall eines Verstoßes gegen das AGG durch eine diskriminierende Kündigung kann ausnahmsweise Kündigungsschutz bestehen (s.u.).

Mutterschutz der Geschäftsführerin und Gleichstellung mit einer Arbeitnehmerin

Manchmal regelt der Gesetzgeber ausdrücklich für den Geschäftsführer Schutzbestimmungen, damit er wie ein Arbeitnehmer gestellt ist. Zum Beispiel sollen Geschäftsführerinnen bei Schwangerschaft nicht nur gegen eine Kündigung wie eine Arbeitnehmerin geschützt sein, sondern sich auch körperlich wie Arbeitnehmerinnen erholen können. Für Fremdgeschäftsführerinnen und Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführerinnen greifen auch die Beschäftigungsverbote nach § 3 MuSchG. Da diese allerdings nur das Anstellungsverhältnis der Geschäftsführerin betreffen und nicht deren Organstellung, beinhaltet der neu gefasste § 38 Abs. 3 GmbHG nun auch einen gesellschaftsrechtlichen Mutterschutz, indem er ein Recht des Geschäftsführers/der Geschäftsführerin auf zeitweisen Widerruf der Bestellung verbunden mit der Zusicherung der Wiederbestellung nach Ablauf des Mutterschutzes beinhaltet. Die GmbH-Geschäftsführerin muss bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen somit während des gesetzlich vorgesehenen Mutterschutzes kein die persönliche Existenz bedrohendes Haftungsrisiko mehr in Kauf nehmen. Sie kann verlangen, dass während der Mutterschutzzeit in Bezug auf ihr Dienstverhältnis auch die Organstellung pausiert.

Im Prinzip kein allgemeiner Kündigungsschutz für Geschäftsführer

Der Begriff allgemeiner Kündigungsschutz bezeichnet den Kündigungsschutz im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Nach dem KSchG kann ein Arbeitnehmer unter gewissen Bedingungen seine Kündigung vor Gericht anfechten. Eine Kündigung ist unter Anwendung des allgemeinen Kündigungsschutzes des KSchG nur dann wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Hierfür muss ein wichtiger Grund vorliegen, nach welchem die Kündigung personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt ist.

Für den GmbH-Geschäftsführer gilt dieser Schutz allerdings grundsätzlich nicht. Es bestehen nämlich zwei gesetzliche Hürden: § 1 Abs. 1 KSchG und 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG.

  • Nach § 1 Abs. 1 KSchG betrifft das Kündigungsschutzgesetz die „Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer“. Jedoch ist der GmbH-Geschäftsführer nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich kein Arbeitnehmer;
  • § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG schließt Organmitglieder juristischer Personen, die zur gesetzlichen Vertretung der Gesellschaft berufen sind, ausdrücklich vom Schutzbereich aus.

Allgemeiner Kündigungsschutz des GmbH- Geschäftsführers nur in wenigen Ausnahmefällen

Im Folgenden wird jeweils anhand verschiedener Situationen, die sich als Rahmen der Geschäftsführertätigkeit ergeben können, die Anwendbarkeit bzw. der Ausschluss des Kündigungsschutzes für den GmbH-Geschäftsführer dargelegt.

Individualvertragliche Vereinbarung der Geltung des KSchG im Geschäftsführeranstellungsvertrag

Die Geltung des KSchG kann im Geschäftsführeranstellungsvertrag ausdrücklich vereinbart werden. Dabei müssen jedoch die Bestimmungen über das Geschäftsführeramt im Gesetz und im Gesellschaftsvertrag beachtet werden.

Zum Beispiel bestimmt das Gesetz, dass Geschäftsführeranstellungsverträge für nach dem MitbestG mitbestimmte GmbHs (betrifft i. d. R. Unternehmen mit mehr als 2.000 Arbeitnehmern) auf höchstens fünf Jahre befristet abgeschlossen werden können. Die Anwendung des KSchG ist nicht mit dieser Regelung vereinbar und eine auf das KSchG verweisende Klausel im Geschäftsführeranstellungsvertrag wäre somit unwirksam.

Wird die Anwendung des KSchG im Anstellungsvertrag des Geschäftsführers wirksam vereinbart, folgt daraus bei einer nach dem KSchG unwirksamen Kündigung allerdings nicht zwangsläufig der Fortbestand des Anstellungsverhältnisses. Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Geschäftsführer über die Wirksamkeit der Kündigung hat die GmbH i. d. R. die Möglichkeit, einen Antrag auf Auflösung des Anstellungsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung zu stellen. Dies kann sich aus einer entsprechenden richterlichen Auslegung des Anstellungsvertrags ergeben. Denn das Gericht wird regelmäßig annehmen, dass die Vertragsparteien nicht die Absicht hatten, dem Geschäftsführer Schutzwirkungen über das Kündigungsschutzgesetz hinaus zu gewähren.

Kündigungsschutz durch Drittanstellungsverhältnisse

Bei einem Drittanstellungsverhältnis wird der Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht mit der GmbH, sondern einem dritten Unternehmen geschlossen.

Beispiel 1 : Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG

Bei einer GmbH & Co. KG kann der Anstellungsvertrag für die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH, die die Gesellschafterin der GmbH & Co. KG ist, mit der GmbH & Co. KG anstelle der Komplementär-GmbH geschlossen werden. Das BAG hat betreffend eine solche Konstellation entschieden, dass der allgemeine Kündigungsschutz zugunsten des Geschäftsführers gegenüber der GmbH & Co. KG gilt, weil der Betroffene eben nicht Geschäftsführer der GmbH & Co. KG ist.

Beispiel 2 : Geschäftsführer der Tochtergesellschaft ist bei der Muttergesellschaft angestellt

Ein Drittanstellungsverhältnis liegt auch vor, wenn ein Arbeitnehmer der Muttergesellschaft zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft bestellt wird. Auch wenn der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft nunmehr ausschließlich für diese tätig ist, bleibt der Arbeitsvertrag zur Konzernmutter als ruhendes Arbeitsverhältnis bestehen. Selbst der Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrags mit der Tochtergesellschaft ändert am Fortbestand des Arbeitsvertrags mit der Muttergesellschaft nichts. Das Organverhältnis besteht in den genannten Fällen jeweils zur Tochtergesellschaft und nicht zur Konzernmutter. Gegenüber letzterer gilt der Ausschluss des allgemeinen Kündigungsschutzes nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht. Der Geschäftsführer der Tochtergesellschaft, der zugleich Arbeitnehmer der Muttergesellschaft ist, kann gegenüber der Muttergesellschaft folglich Kündigungsschutz nach dem KSchG beanspruchen.

Ruhende Arbeitsverhältnisse: Kündigungsschutz bei Wiederaufleben

Das Dienstverhältnis des Geschäftsführers einer GmbH kann als Arbeitsverhältnis zu bewerten sein, wenn der spätere Geschäftsführer zunächst als Arbeitnehmer der GmbH beschäftigt ist und später zum Geschäftsführer befördert wird:

  • Der Arbeitsvertrag kann bei einer Bestellung zum Geschäftsführer in veränderter Form fortbestehen, ohne dass ein neuer Geschäftsführungsbesorgungsvertrag geschlossen werden muss. Es werden lediglich die Pflichten der GmbH und des Arbeitnehmers, welcher nunmehr auch das Amt des Geschäftsführers bekleidet, im bestehenden Arbeitsvertrag modifiziert.
  • Wird dagegen mit dem zum Geschäftsführer bestellten Arbeitnehmer zusätzlich zum Arbeitsvertrag ein Geschäftsführeranstellungsvertrag geschlossen, ist zu unterscheiden, ob der Geschäftsführeranstellungsvertrag schriftlich (Fall 1) oder mündlich (Fall 2) geschlossen wurde:

Fall 1: Ein schriftlicher Geschäftsführeranstellungsvertrag ersetzt in der Regel den Arbeitsvertrag. Nach Abberufung kann er wieder in einen Arbeitsvertrag umgewandelt werden.

Fall 2: Wird der Geschäftsführeranstellungsvertrag mündlich geschlossen, besteht der ursprüngliche Arbeitsvertrag ruhend fort. Nach Abberufung ist der vormalige Geschäftsführer auf der Grundlage des wiederauflebenden Arbeitsvertrags weiter zu beschäftigen.

Teilweise besonderer Kündigungsschutz für den GmbH-Geschäftsführer

Bei wirtschaftlicher Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers, einer Drittanstellung oder einem ruhenden Arbeitsvertrag, ist ein besonderer Kündigungsschutz für den GmbH-Geschäftsführer möglich, zum Beispiel:

  • bei Beantragung von Elternzeit,
  • bei Inanspruchnahme von Pflegezeiten,
  • im Fall einer Behinderung.

Einen Sonderfall stellt § 17 MuSchG dar, wonach die Kündigung aus Gründen der Schwangerschaft unzulässig ist. Aufgrund des Rechts der Europäischen Union (sog. „europarechtlicher Arbeitnehmerbegriff“) gilt hier die Besonderheit, dass die Geschäftsführerin für das MuSchG als Arbeitnehmerin gilt, wenn die Voraussetzungen des europarechtlichen Arbeitnehmerbegriffs erfüllt sind.

In dem besonderen Fall einer diskriminierenden Kündigung kann ein Geschäftsführer u.U. ebenfalls Kündigungsschutz geltend machen. Diskriminierende Kündigungen untersagt das AGG. Nach der Rechtsprechung des BGH vom 26.03.2019 (II ZR 244/17) können auch Fremdgeschäftsführer einer GmbH gegenüber diskriminierenden Kündigungen durch das AGG geschützt sein, da diese nach dem BGH unter den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff fallen und dieser bei der Anwendung des AGG berücksichtigt werden muss. Bei seiner Entscheidung hatte sich das Gericht mit der Frage der Wirksamkeit einer Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrages aufgrund des Erreichens einer Altersgrenze gemessen am AGG auseinanderzusetzen. Der BGH hat den gekündigten Fremdgeschäftsführer als Arbeitnehmer eingestuft. Dieser kann sich also gegen diskriminierende Entlassungsbedingungen im Zusammenhang mit seinem Alter wehren.

Will ein Geschäftsführer seine Gesellschaft auf Grund einer Beendigung seines Dienstverhältnisses verklagen, sollte er vom Anwalt prüfen lassen, vor welches Gericht er ziehen kann. Kommt demnach das Arbeitsgericht in Betracht, muss er außerdem in der Lage sein, seine extreme Weisungsgebundenheit anhand von Beispielen konkret im Detail nachweisen zu können, da dies für die ausnahmsweise Einordnung als Arbeitnehmer für den Kündigungsschutz relevant sein kann.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: BillionPhotos.com

Kommentar zu « GmbH-Geschäftsführer und Arbeitnehmer-Kündigungsschutz »

  •   Nina Hayder

    Es ist interessant, welche Regelungen bei einer Kündigung einzuhalten sind. Dies habe ich so noch nicht gewusst. Eine Freundin reicht jetzt auch eine Kündigungsschutzklage ein.

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