Ist die Kündigung wegen Berufsunfähigkeit trotz behördlicher Genehmigung problematisch?

Veröffentlicht am 22.08.17
Kündigung genehmigt
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Kündigung genehmigt

Berufsunfähigkeit einer geschützten Arbeitnehmerin

Eine für ihren Arbeitsplatz als berufsunfähig anerkannte Arbeitnehmerin kann nach französischem Arbeitsrecht eine Entschädigung verlangen, indem sie sich auf die Gründe ihrer Berufsunfähigkeit beruft, selbst wenn die Kündigung rechtswirksam ist. Der französische Kassationshof (Cour de cassation) hat sich in einem Urteil vom 29.06.2017 mit dieser Frage befasst. Es handelte sich dabei im einen komplexen Rechtsfall einer geschützten Arbeitnehmerin, die berufsunfähig erklärt wurde.

In diesem Fall beachtet der Arbeitgeber die Formvorschriften zur Kündigung wegen Berufsunfähigkeit, indem er die Arbeitnehmerin dazu auffordert, zwei Pflichttermine mit dem Betriebsarzt wahrzunehmen. Dieser Arzt erklärt sie daraufhin berufsunfähig und stellt die Unmöglichkeit einer Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber fest. Da der Arbeitgeber sie nicht an einem anderen Arbeitsplatz beschäftigen kann, hat er durch die Berufsunfähigkeit einen Kündigungsgrund.

Nachdem er die entsprechenden Regelungen bezüglich einer Entlassung wegen Berufsunfähigkeit beachtet hat, leitet der Arbeitgeber das spezifische Verfahren, das bei Kündigung eines Arbeitnehmervertreters angewendet wird, ein und beantragt eine Genehmigung bei der Arbeitsaufsichtsbehörde. Nachdem der Arbeitgeber diese Genehmigung der Behörde erhält, entlässt er die Arbeitnehmerin wegen Berufsunfähigkeit.

Ist eine Schadensersatzforderung trotz vorliegender Genehmigung zur Kündigung möglich?

Die Arbeitnehmerin widerspricht der Kündigung vor dem Arbeitsgericht und verlangt die Zahlung verschiedener Beträge als Schadensersatz. Laut der Arbeitnehmerin hätte die Kündigung nicht genehmigt werden dürfen, denn der Arbeitgeber hat grobe Fehler begangen, die ihre Gesundheit beeinträchtigt haben. Aus Sicht des Arbeitgebers konnte die Kündigung nach behördlicher Genehmigung nicht mehr in Frage gestellt werden.

Das Berufungsgericht und der Kassationshof hingegen sind der Meinung, dass die Arbeitnehmerin ein Recht auf Schadensersatz hat. In der Tat prüft die Arbeitsaufsicht ausschließlich die Existenz einer Berufsunfähigkeit bevor sie die Kündigung genehmigt oder nicht. Es ist nicht Aufgabe der Arbeitsaufsicht bei dieser Prüfung nach der Ursache der Berufsunfähigkeit zu suchen.
Der Kassationshof räumt abschließend ein, dass ein berufsunfähig erklärter Arbeitnehmer vor der Zivilgerichtsbarkeit alle Rechte einklagen kann, die auf der Berufsunfähigkeit beruhen, wenn diese durch Verletzung der Dienstpflichten seitens des Arbeitgebers begründet ist.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: Dan Race

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