Sozialversicherungsfreiheit des GmbH-Geschäftsführers
11.12.12

Allgemeine Bestimmungen des deutschen Rechts bezüglich der Sozialversicherung des Geschäftsführers einer GmbH
Nach deutschem Sozialrecht besteht die Sozialversicherungspflicht für einen GmbH-Geschäftsführer, wenn er sich in einem Beschäftigungsverhältnis befindet. Die persönliche Abhängigkeit stellt das wesentliche charakteristische Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses dar. Das Vorliegen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses hängt vom tatsächlichen Gesamtbild der Tätigkeit ab.
Ein wesentliches Kriterium für die Feststellung der persönlichen Abhängigkeit ist der Umfang der Kapitalbeteiligung und dem daraus resultierten Einfluss des Geschäftsführers auf die Gesellschaft. Hat der Geschäftsführer eine Kapitalbeteiligung von mehr als 50% an der Gesellschaft, wird das Beschäftigungsverhältnis im Regelfall verneint. Eine Kapitalbeteiligung des Geschäftsführers unter 50% führt allerdings nicht automatisch zum Umkehrschluss.
Hält der Geschäftsführer einer deutschen GmbH weniger als 50% der Geschäftsanteile, sind weitere Indizien zu prüfen. Es muss z.B. festgelegt werden, ob der Geschäftsführer ein eigenes Unternehmerrisiko trägt, Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft, den Arbeitsort und die Arbeitszeit hat. Ein wichtiges Kriterium sind dabei die Fachkenntnisse des Geschäftsführers. Im Fall des Vorliegens von besonderen Fachkenntnissendes minderheitlich beteiligten Geschäftsführers, ist der mehrheitlich am Kapital beteiligte Geschäftsführer nicht in der Lage, den anderen Geschäftsführer Weisungen zu erteilen. Es stellt ein starkes Indiz für eine beherrschende Stellung des minderheitlich beteiligten Geschäftsführers dar.
Deutsche Gerichtsentscheidung, die sich weigert anzuerkennen, dass der Geschäftsführer einer GmbH versicherungspflichtig ist
In einer Entscheidung vom 26.06.2012(L 11 KR 2769/11) hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden, dass der Geschäftsführer einer GmbH, der zwar Gesellschafter ist, jedoch weder eine Kapitalmehrheit noch eine Sperrminorität in der GmbH hat, nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH steht, wenn er als Einziger über ein spezielles Fachwissen verfügt, von dem die GmbH wirtschaftlich abhängig ist.
In dieser Angelegenheit war der Kläger Forstwirt und seit mehreren Jahren als Arbeitnehmer der beklagten Gesellschaft beschäftigt. Im Jahre 2006 wurde er zum Geschäftsführer bestellt. Er hielt eine Beteiligung von 21% an dem Stammkapital der Gesellschaft. Er bat um Feststellung seiner Sozialversicherungsfreiheit. Die Gesellschaft lehnte ab. Das Sozialgericht bestätigte den Standpunkt der Gesellschaft.
Der Kläger wendete gegen die Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts ein, dass seine Fachkenntnisse für die Gesellschaft von großer Bedeutung seien. Sein besonderes Know-How sei nicht ersetzbar und auf dem Markt nicht zu erwerben.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat dieser Argumentation stattgegeben und den Geschäftsführer von der Versicherungspflicht befreit. Der Kläger beherrsche faktisch die Gesellschaft, auch wenn er weder über eine Mehrheit am Stammkapital noch über eine Sperrminorität verfügte. Die Gesellschaft ist wirtschaftlich von seinem Fachwissen abhängig. Nur ca. 10 Personen weltweit verfügen über dieses Fachwissen, und darunter fällt nicht der andere Geschäftsführer der Gesellschaft.
Nach französischem Sozialrecht wäre der französische Geschäftsführer einer SARL nach derzeitigem Stand der Gesetzgebung und der Rechtsprechung in dieser Konstellation nicht sozialversicherungsbefreit. Nach französischem Sozialrecht gibt es grundsätzlich keine Sozialversicherungsbefreiung für Geschäftsführer.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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