Stimmverbot bei der Abberufung eines deutschen Geschäftsführers
12.04.18

Neue Entscheidung zum Stimmverbot in der GmbH
Die deutschen Richter hatten in einer bedeutenden Entscheidung die Gelegenheit, die Bedingungen des Stimmverbots eines Gesellschafters für die Abberufung von seinem eigenen Amt als Geschäftsführer im deutschen Gesellschaftsrecht näher zu bestimmen. Der Bundesgerichtshof hat am 04.04.2017 über die Frage entschieden, ob das Stimmverbot für den betroffenen Gesellschafter die Regel ist, und zwar ungeachtet der Umstände.
Minderheitsgesellschafter setzt die Abberufung des Geschäftsführers auf die Tagesordnung
In der vorliegenden Angelegenheit waren die beiden Gesellschafter einer GmbH zerstritten. Diese GmbH bestand aus einem Minderheitsgesellschafter im Besitz von 49 % der Anteile und einem Mehrheitsgesellschafter mit 51 % der Anteile, der außerdem Geschäftsführer war. Der Minderheitsgesellschafter wollte den Geschäftsführer abberufen, was laut Satzung der Gesellschaft einer Gesellschafterversammlung bedurfte.
Er nutzte also die Gelegenheit als der Gesellschafter-Geschäftsführer der Gesellschaft am 19.09.2014 beschließt, alle Gesellschafter zu einer Gesellschafterversammlung am 13.11.2014 für einen anderen Tagesordnungspunkt, der nichts mit der durch den Minderheitsgesellschafter geplanten Abberufung zu tun hat, einzuberufen. Ein paar Tage später stellt der Minderheitsgesellschafter einen Antrag zur Aufnahme weiterer Tagesordnungspunkte für die anstehende Gesellschafterversammlung, insbesondere :
- Die sofortige Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grund
- Die fristlose Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages aus wichtigem Grund
- Die Bestellung des Minderheitsgesellschafters zum neuen Geschäftsführer
Bei der Gesellschafterversammlung vom 13. November 2014 stimmte der Minderheitsgesellschafter wenig überraschend für seine eigenen Beschlüsse während der Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer dagegen stimmte. Der Geschäftsführer stellt als Versammlungsleiter in der Niederschrift fest, dass die Beschlüsse offiziell abgelehnt wurden, weil kein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt.
Anfechtungsklage durch den Minderheitsgesellschafter gegen die Ablehnung der Abberufung durch den Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter
Der Minderheitsgesellschafter geht mit der Angelegenheit vor Gericht, um diese Feststellungen aufheben zu lassen. Seine Klage wird in der ersten und der zweiten Instanz abgewiesen. Der Minderheitsgesellschafter wendet sich sogar an den Bundesgerichtshof.
Generelles Stimmverbot?
Im Prinzip kann im deutschen Gesellschaftsrecht ein Gesellschafter keinem Stimmverbot unterliegen, wenn es sich um innere Angelegenheiten der Gesellschaft betreffende Beschlüsse handelt, selbst wenn seine eigenen Rechte betroffen sind. Es gibt jedoch eine Ausnahme, wenn der Gesellschafter mehrheitlicher Anteilseigner ist und somit über seine Bestellung und Abberufung als Geschäftsführer der Gesellschaft entscheiden kann. Zur Erinnerung, die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers bedürfen im Prinzip einer Entscheidung mit einfacher Mehrheit.
Sämtliche Richter in dem betroffenen Verfahren stellten fest, dass die Abberufung des Geschäftsführers nicht auf einem wichtigen Grund beruhte. Von dieser Feststellung ausgehend stellte sich dem Richter, der über den Antrag des Minderheitsgesellschafters auf Aufhebung der abgelehnten Beschlussanträge zur Abberufung entscheiden sollte, die Frage, ob das Stimmverbot für den Mehrheitsgesellschafter gültig bleiben sollte oder nicht. Mit anderen Worten, sollte der Mehrheitsgesellschafter prinzipiell einem Stimmverbot für jegliche Entscheidung bezüglich der Abberufung von seinem Amt unterliegen, selbst ohne wichtigen Grund, oder nur wenn der wichtige Grund nachgewiesen ist?
Gültigkeit der Stimme des Mehrheitsgesellschafters bezüglich seiner Abberufung vom Amt des Geschäftsführers
Die Richter entschieden, dass bei fehlendem Nachweis des wichtigen Grundes für die Abberufung des Geschäftsführers, letzterer in seiner Eigenschaft als Gesellschafter seine Stimme bezüglich seiner Abberufung abgeben darf und diese Stimme mitgezählt wird. Da dieser Gesellschafter über 51 % der Stimmen verfügt, war sein Stimmrecht ausschlaggebend und führte zur Ablehnung des Beschlusses zur Abberufung. Da der deutsche Richter den vorstehend erklärten Standpunkt wählte, stellte er folglich die Gültigkeit des Beschlusses fest.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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