Französisches Patent- und Markenamt: Schweigen bedeutet Ablehnung
01.06.15

Die Rechtsverordnung Nr. 2015-511 vom 7. Mai 2015 bestätigt, dass die Hauptentscheidungen des französischen Patent- und Markenamts (INPI) dem Prinzip „Schweigen bedeutet Ablehnung“ unterliegen und stellt die Modalitäten der Entscheidungsbildung bei Untätigkeit der Behörde klar.
Betroffen sind die Anträge auf Anmeldung und Verlängerung von eingetragenen Geschmacksmustern, Anträge auf Beschränkung des Patentgegenstands, Verfall oder Zurücknahme eines Patents, Anträge auf Markenanmeldung und Verlängerung von eingetragenen Marken sowie Patentanmeldungen oder Widerspruchsverfahren gegen Markenanmeldungen.
Unklarheiten der Rechtsverordnung vom 23. Oktober 2014 über die Anwendung des Grundprinzips „Schweigen bedeutet Ablehnung“ auf Entscheidungen des französischen Patent- und Markenamts bei gewerblichen Schutzrechten
Es muss daran erinnert werden, dass ein französisches Gesetz Nr. 2013-1005 vom 12. November 2013, das zum Ziel hatte, die Beziehungen zwischen den Bürgern und der Verwaltung zu vereinfachen, die Regel eingeführt hatte, dass die Untätigkeit der Behörde über mehr als zwei Monate nach Antragstellung grundsätzlich als Annahme des Antrags auszulegen ist. Anschließend wurden allerdings viele Rechtsverordnungen erlassen, die Ausnahmen zu dieser Grundregel bei gewissen Entscheidungen vorsehen.
So war dies zum Beispiel der Fall bei den Hauptentscheidungen des INPI, die durch eine Rechtsverordnung Nr. 2014-1280 vom 23. Oktober 2014 der Regel „Schweigen bedeutet Ablehnung“ untergeordnet wurden. Der Anhang dieser Rechtsverordnung sieht in der Tat vor, dass Untätigkeit des französischen Patent- und Markenamts, also Ausbleiben einer ausdrücklichen Antwort des INPI, von vier Monaten nach einer Patentanmeldung oder sechs Monaten bei anderen Anträgen, wie Markenanmeldungen oder Widerspruchsverfahren, als stillschweigende ablehnende Entscheidung auszulegen ist. Diese Rechtsverordnung wurde von französischen Patentanwälten und Fachleuten im Bereich des geistigen Eigentums stark kritisiert. Dabei wurde besonders moniert, dass die Anwendungsbedingungen dieser Rechtsverordnung nicht klar waren und sie teilweise nicht mit dem französischen Gesetzbuch über geistiges Eigentumsrecht vereinbar war, wodurch Rechtsunsicherheit entstehen würde.
Das war insbesondere der Fall für die Frist von vier Monate für eine stillschweigende ablehnende Entscheidung für eine Patentanmeldung, da die Bestimmungen des französischen Gesetzbuchs über geistiges Eigentumsrecht, die die Veröffentlichung der Patentanmeldungen nach einer Frist von 18 Monaten nach Anmeldung vorsieht, nicht mit der Annahme einer stillschweigenden ablehnenden Entscheidung nach einer Frist von 4 Monaten nach der Anmeldung vereinbar sind.
Die Rechtsverordnung vom 12. November 2013 schafft bei Fehlen einer Antwort des französischen INPI Klarheit
Das französische Patent- und Markenamt, die Hauptverbände der Patentanwälte in Frankreich sowie die Fachleute des geistigen Eigentumsrechts sind gemeinsam der französischen Regierung gegenüber aktiv geworden, um die obengenannte Rechtsverordnung Nr. 2014-1280 abzuändern. Das Ergebnis ist die Rechtsverordnung Nr. 2015-511 vom 7. Mai 2015, die im Anhang der Rechtsverordnung vom 23. Oktober 2014 die Leitlinien zum geistigen Eigentumsrecht herausstreicht.
Die Rechtsverordnung vom 7. Mai 201 schafft somit Klarheit zur Anwendung des Prinzips „Schweigen bedeutet Ablehnung“ für geistige Eigentumsrechte, das somit mit den Bestimmungen des französischen Gesetzbuchs über geistiges Eigentumsrecht vereinbar ist:
- Für Marken- und Geschmacksmusteranmeldungen, die immer noch der sechsmonatigen Frist für eine stillschweigende ablehnende Entscheidung unterliegen, führt die neue Rechtsverordnung außerdem eine Fristunterbrechung ein, falls ein Dritter Einspruch einlegt oder falls das INPI eine Regelwidrigkeit feststellt und den Parteien mitteilt;
- Was Patentanmeldung anbelangt, so löscht die Rechtsverordnung die viermonatige Frist für eine stillschweigende ablehnende Entscheidung. Somit sind die Bestimmungen nunmehr mit dem französischen Gesetzbuch über geistiges Eigentumsrecht vereinbar und die Situation wurde für Anmelder und Rechteinhaber klargestellt.
Vorsicht bei der Berechnung der Fristen bei stillschweigenden Entscheidungen des französischen Patent- und Markenamts
Das INPI hat mitgeteilt, mit der Veröffentlichung der Rechtsverordnung zufrieden zu sein und bestätigt, dass es weiterhin alles Notwendige tun wird, um die Bearbeitungszeiten möglichst zu verkürzen. Dennoch sollten Rechteinhaber immer extrem vorsichtig bei der Berechnung von Verfahrensfristen sein.
In der Tat besteht bei stillschweigenden Entscheidungen einer Behörde immer die Gefahr, nicht genau über den Ausganspunkt der Berufungsfrist gegen die stillschweigende Entscheidung informiert worden zu sein. Daher ist es wichtig, diese Frist schon im Vorfeld bei der Antragstellung zu berechnen um zu vermeiden, dass eine endgültige Entscheidung getroffen wurde, gegen die keine Berufung mehr möglich ist.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
Alle Urheberrechte vorbehalten