Französisches Haushaltsgesetz 2016: Neuheiten für Unternehmen
11.04.16

Das Haushaltsgesetz für 2016 sowie das geänderte Haushaltsgesetz für 2015 bringen mehrere steuerrechtliche Neuheiten für die Unternehmen ein, insbesondere für die Unternehmensgruppen und im Bereich der Mehrwertsteuer. Generell kann festgestellt werden, dass das Gesetz keine Reform, sondern eher einer Angleichung an das Europarecht entspricht und vereinzelte Maßnahmen beinhaltet.
Neuheit im Haushaltsgesetz für 2016 bezüglich der Mutter-Tochter-Besteuerung
Es gilt im französischen (und europäischen) Recht eine Regelung zur Befreiung von der Körperschaftsteuer für die von Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden. Als Voraussetzung gilt unter anderem, dass die Muttergesellschaft mindestens 5% des Gesellschaftskapitals der ausschüttenden Gesellschaft hält. Von nun an werden die von bloßen Eigentümern gehaltenen Aktien bei der Anwendung der 5%-Regel berücksichtigt. Es handelt sich um eine Angleichung an das Europarecht, nach dem der Nießbraucher, im Gegensatz zum bloßen Eigentümer, nicht die Eigenschaft eines Gesellschafters hat.
Die Richtlinie 2015/121 vom 27.01.2015 ergänzt die Richtlinie über die Dividendenzahlungen und andere Gewinnausschüttungen von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaften (Richtlinie 2011/196 vom 30.11.2011) mit einer zwingenden Missbrauchsbekämpfungsklausel, die die Mitgliedstaaten spätestens zum 31.12.2015 in ihrer Gesetzgebung umzusetzen haben. Das französische Steuerrecht kennt bereits diesen Rechtsmissbrauchsbegriff. Diese neuen Bestimmungen des Haushaltsgesetzes sind jedoch offensichtlich strenger als die bisherigen Bestimmungen: Sie sehen nämlich vor, dass der Rechtsmissbrauch schon besteht, wenn einer der verfolgten Ziele die Steuerminderung ist:
- Von nun an wird den Behörden ermöglicht, die Steuerbefreiung der Gesellschaften von der Körperschaftssteuer bezüglich der ausgeschütteten Dividenden im Falle eines Rechtsmissbrauchs abzulehnen, indem sich insbesondere auf die in der vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Liste genannten Fälle bezogen werden kann und
- im Falle einer von einer in einem nicht kooperierenden Staat bzw. Gebiet niedergelassenen Gesellschaft stammenden Dividendenausschüttung, welche diese Maßnahme ausschließlich zur Steuerminderung trifft.
Der Gesetzgeber hat vor diesem Hintergrund erneut eine detaillierte Liste der von der Steuerbefreiung ausgeschlossenen Ausschüttungen erstellt.
Französisches Haushaltsgesetz 2016 und die Besteuerung der Dividende an eine europäische Muttergesellschaft
Der französische Gesetzgeber hat im Haushaltsgesetz 2016 die nationale Gesetzgebung an die noch nicht integrierten Erfordernisse des Europarechts angepasst.
Die Befreiung der Quellensteuer im Falle einer Ausschüttung von Dividenden an eine mindestens 10% des Gesellschaftskapitals der französischen Tochtergesellschaft unmittelbar haltende europäische Muttergesellschaft gilt von nun an auch unter Berücksichtigung des bloßen Eigentums für die 10%. Außerdem werden von nun an die in Island, Norwegen und Lichtenstein niedergelassenen Muttergesellschaften diese Steuerbefreiung in Frankreich in Anspruch nehmen können. Es ist ebenfalls vorgesehen, dass die Muttergesellschaften mit 5 bis 10% Kapitalbeteiligung diese Steuerbefreiung geltend machen dürfen, wenn ihr Sitz sich innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes befindet und die Steuerbefreiung sich im Sitzstaat als unmöglich herausstellt.
Schließlich werden die an eine ausländische sich in einem Insolvenzverfahren befindende Gesellschaft, welche Verluste fährt, ausgeschüttete Dividenden unter der Beachtung gewisser Bedingungen von der Quellenbesteuerung befreit.
Das Französische Haushaltsgesetz 2016 und die Verallgemeinerung der Besteuerung eines Anteils der Kosten auf die Dividenden der Tochtergesellschaft
Mit dem neuen französischen Haushaltsgesetz steht nunmehr die Steuergesetzgebung Frankreichs im Einklang mit der europäischen Rechtsprechung. Tatsächlich sah die französische Gesetzgebung vor, dass die von einer Muttergesellschaft bezogenen Dividenden aufgrund der von ihr in anderen ausschließlich französischen Gesellschaften gehaltenen Anteile von der Körperschaftsteuer befreit werden, wobei ein Anteil von 5% der Kosten in den zu versteuernden Gewinn wieder einfließt. Der Gerichtshof der Europäischen Union war allerdings in einem Urteil vom 02.09.2015 der Ansicht, dass diese französischen rechtlichen Bestimmungen „auf ungerechtfertigte Weise die Niederlassungsfreiheit verletz[en]“. Das geänderte Haushaltsgesetz für 2015 setzt der Steuerbefreiung der Dividendenausschüttungen ein Ende, die innerhalb der Organschaft vorgenommen werden. Dies betrifft sowohl die in Frankreich niedergelassenen Gesellschaften als auch die sich in einem anderen Mitgliedsstaat befindenden Tochtergesellschaften, wenn diese die Bedingungen zur Mitgliedschaft in einer Organschaft in Frankreich erfüllen würden.
Diese Dividendenausschüttungen unterliegen nunmehr nach dem französischen geänderten Haushaltsgesetz für 2015 einer anteiligen Besteuerung von einem Prozent des Betrages der Ausschüttungen.
Erklärung der großen Unternehmensgruppen bezüglich der Tätigkeit ihrer Niederlassungen im Ausland
Für die ab dem 01.01.2016 beginnenden Geschäftsjahre sind die multinationalen Unternehmensgruppen mit Sitz in Frankreich, die über Zweigniederlassungen im Ausland verfügen und außerhalb Frankreichs niedergelassene Einrichtungen, die konsolidierte Jahresabschlüsse erstellen und deren jährlicher Umsatz über 750 Millionen Euro hinausgeht, besitzen bzw. direkt oder indirekt kontrollieren, dazu verpflichtet, eine Erklärung abzugeben. Diese Erklärung muss die Aufteilung der Gewinne der Unternehmensgruppe und der wirtschaftlichen, buchhalterischen und steuerrechtlichen Gesamtgrößen zwischen den Ländern, sowie Informationen über die Lokalisierung und die Tätigkeit der Einrichtungen der Unternehmensgruppe beinhalten.
In Ermangelung oder Verspätung der Erklärung wird eine Geldstrafe von 100.000 Euro verhängt. Diese Bestimmung ist besonders einschneidend und ist Gegenstand einer Klage vor dem frz. Verfassungsgericht. Das Verfassungsgericht hat diese Bestimmungen als verfassungskonform anerkannt, so dass große Unternehmensgruppen sie nunmehr beachten müssen.
Neuheiten des Haushaltsgesetzes 2016 bezüglich der Mehrwertsteuer
Die Abschaffung des Anspruches auf Steuerabzug im Falle eines Mehrwertsteuerbetruges, der bisher auf Lieferungen beschränkt war, wurde auf Dienstleistungen erweitert.
Im Rahmen der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetruges müssen die Steuerpflichtigen die Softwares und gesicherten und zertifizierten Kassensysteme benutzen. Ansonsten kann zu einer Geldstrafe von 7.500 Euro pro Software oder Kassensystem verurteilt werden.
Die Auslösungsschwelle der Mehrwertbesteuerung der Fernverkäufe von Gütern aus anderen Mitgliedstaaten der EU wurde in Frankreich von Euro 100.000 auf Euro 35.000 herabgesetzt.
Neuheiten im Bereich der Steuergutschrift für Forschungszwecke
Es wurde ein beratender Ausschuss bezüglich der Steuergutschrift für Forschung gebildet. Dieser wird im Falle einer andauernden Streitigkeit zwischen den Behörden und dem Steuerpflichtigen zuständig sein. Es wird darauf hingewiesen, dass dessen Stellungnahmen für die Verwaltung lediglich unverbindliche Ratschläge sind. Die Zusammenstellung des Ausschusses soll sich oft ändern. Sie hängt von der Art der von der Streitigkeit betroffenen Ausgaben ab. In jedem Fall übernimmt ein Mitglied des höchsten Verwaltungsgerichtes das Amt des Vorsitzenden. Wird dieser Ausschuss dazu fähig sein, die Schwierigkeiten bezüglich der Anträge der Steuerpflichtigen und der Steuerberichtigungsverfahren bezüglich der Steuergutschrift für Forschung zu beseitigen, vor allem wenn er den Steuerbehörden nahesteht und er über keine Entscheidungsmacht verfügt?
Aufrechterhaltung der steuerlich vorteilhaften Bestimmungen bezüglich einer Mindestbeschäftigungsanzahl von Arbeitnehmern im Falle der Überschreitung dieser Anzahl
Die Bedingung der Anzahl der Arbeitnehmer für die Anwendung des Steuersystems der Personengesellschaften wurde vorläufig aufgelockert. Den Kapitalgesellschaften mit einem Personalbestand von weniger als 50 Arbeitnehmern, die diese Schwelle bis Ende 2018 überschreiten, kann weiterhin die Personengesellschaftsbesteuerung, für die sie sich für das laufende sowie die zwei darauffolgenden Geschäftsjahre entschieden haben, unter der Bedingung der Beachtung der weiteren Voraussetzungen, angewendet werden.
Das Haushaltsgesetz für 2016 sieht die Aufrechterhaltung der Steuergutschrift für Forschung zugunsten der Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer für die Unternehmen, die eine Gewinnbeteiligungsvereinbarung zwischen dem 04.12.2008 und dem 31.12.2014 abgeschlossen haben im Falle der Überschreitung des Personalbestandes von 50 Arbeitnehmern während eines zwischen dem 01.01.2015 und dem 31.12.2017 abgeschlossenen Geschäftsjahres für das laufende und die zwei darauffolgenden Geschäftsjahre, vor.
Die Vergünstigung der Abgabe auf die Arbeitslöhne wird für die über 30 Arbeitnehmer beschäftigenden privaten Zusatzkrankenversicherungen vorläufig aufrechterhalten. Das Haushaltsgesetz für 2016 sieht vor, dass der Versicherungsverein, der eine Überschreitung der Beschäftigungsanzahlschwelle zwischen dem 01.01.2015 und dem 31.12.2018 feststellt, die Gewinne aus der Vergünstigung der Steuer auf die Arbeitslöhne für das laufende, sowie den drei darauffolgenden Jahren beibehält.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
Alle Urheberrechte vorbehalten
Bilder : Frederic Massard, Minerva Studio