Sanierungsplan in Frankreich und vertragliche Abweichung unwirksam

21.06.13
Französisches Insolvenzgericht
Französisches Insolvenzgericht
Französisches Insolvenzgericht

Im französischen Insolvenzrecht wird, nachdem das Insolvenzgericht ein Insolvenzverfahren mit Fortführung der Tätigkeit des Schuldners eröffnet hat, ein  Sanierungsplan (plan de redressement) während der Beobachtungsphase (période d’observation) erstellt. Der Sanierungsplan beinhaltet entweder die Wege der Unternehmensfortführung oder die Schritte zur Veräußerung  des Unternehmens. Ziel ist es dabei, sämtliche Maßnahmen festzulegen, die die Sanierung unterstützen werden.

Französische Gerichtsentscheidung vom 15.1.2013 bezüglich des Sanierungsplans

Der französische Kassationsgerichtshof (Cour de cassation) hat in einem Urteil vom 15. Januar 2013 klargestellt, dass der im Insolvenzverfahren erstellte Sanierungsplan nur unter folgender Voraussetzung durch das Gericht aufgenommen werden kann: Der Sanierungsplan erfüllt die durch den zur Sanierungsplanerstellung beauftragten Insolvenzrichter zusammen mit dem Insolvenzverwalter (administrateur judiciaire) auferlegten Bedingungen. Infolgedessen ist keine vertragliche Abweichung gegenüber dem Sanierungsplan gestattet.

Im vorliegenden Fall befand sich eine französische Gesellschaft in einem Insolvenzverfahren mit Sanierung. Der beauftragte Richter und der Insolvenzverwalter hatten im Rahmen dieses Verfahrens klargestellt, dass ein Sanierungsplan nur unter der Voraussetzung angenommen werden kann, dass sich neue Investoren als Mehrheitsaktionäre am Kapital der Gesellschaft beteiligen. Der Sanierungsplan wurde nachher festgesetzt. Es sah die Beteiligung eines neuen Investors vor. Ein Aktienabtretungsvertrag über den Kauf von 51% der Anteile der Schuldnergesellschaft wurde von dem neuen Investor unterschrieben. Allerdings sah der Aktienabtretungsvertrag ein gesondertes Vereinbarungsprotokoll vor, nach dem 2% der Aktien wieder an die ehemaligen Mehrheitsaktionäre abgetreten werden sollten. Dieses Protokoll hatte den Zweck, die von dem Handelsgericht verordnete Voraussetzung zu umgehen, nach der der neue Investor an der Mehrheit des Kapitals beteiligt werden sollte.

Logischerweise hat der Kassationsgerichtshof die Entscheidung des französischen Insolvenzgerichts bestätigt, nach der das gesonderte Protokoll nichtig ist. Er hat die Rechtswirksamkeit des Abtretungsgeschäfts über 51% der Aktien für einen symbolischen Euro nicht bemängelt, sodass die Klage der ehemaligen Mehrheitsaktionäre auf Rückabtretung der Aktien gemäß dem Protokoll keinen Erfolg hatte. Der neue Investor hat daher die 51% der Aktien der Gesellschaft behalten.

Der Kassationsgerichtshof hat also keine Bedenken, eine Vereinbarung  für rechtsunwirksam zu erklären, wenn er der Ansicht ist, dass diese Vereinbarung mit dem Zweck geschlossen wurde, die Voraussetzungen für die Annahme eines Sanierungsplans zu umgehen und um dabei die Insolvenzrichter zu täuschen.

Die Bedeutung der Bestimmungen des Insolvenzrechts

Das französische Insolvenzverfahrensrecht enthält viele zwingende Vorschriften, die den Vorrang vor Verträgen haben. Während eines Insolvenzverfahrens ist daher besondere Aufmerksamkeit geboten. Gemäß Art L626-1 des französischen Handelsgesetzbuchs sind die Vorschriften des Sanierungsplans gegenüber Dritten wirksam, wenn das Insolvenzgericht den Plan annimmt.

Das französische Unternehmensinsolvenzrecht enthält sehr viele Bestimmungen und hat eine umfangreiche Rechtsprechung zur Gültigkeit und Ausführung des Sanierungsplans hervorgerufen. Im Gegensatz dazu sieht das deutsche Unternehmensinsolvenzrecht die Fortführung der Tätigkeit der Schuldnergesellschaft nicht als Grundsatz des Insolvenzrechts vor.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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