Anpassung des Gesetzes über Preisermäßigungen und Richtpreise auf das Europarecht

11.05.15
Frankreich muss das Gesetz über Preisermäßigungen und den Richtpreis auf Druck der EU-Richter ändern
Frankreich muss das Gesetz über Preisermäßigungen und den Richtpreis auf Druck der EU-Richter ändern
Frankreich muss das Gesetz über Preisermäßigungen und den Richtpreis auf Druck der EU-Richter ändern

Die französische Gesetzgebung zur Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern wird angepasst

Der französische Erlass vom 11. März 2015, der am 25. März 2015 in Kraft getreten ist, ersetzt die bisherige französische Regelung über Preisermäßigungen zugunsten von Verbrauchern durch neue, flexiblere Bestimmungen. Dieser Erlass passt die französische Gesetzgebung an der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 10. Juli 2014 (C-421/12) an, in der entschieden wurden, dass die belgischen Bestimmungen über die Ankündigungen von Preisermäßigungen nicht mit Artikel 4 der europäischen Richtlinie 2005/29/EG vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken vereinbar waren.

Gemäß der belgische Regelung, „darf eine Ware nur dann als Schlussverkaufsware angesehen werden, wenn der verlangte Preis niedriger als der Referenzpreis ist. Der Referenzpreis ist der tiefste Preis ist, den das Unternehmen im Laufe des betreffenden Monats in dieser Verkaufsstelle oder im Rahmen dieser Verkaufstechnik für diese Ware verlangt hat.“ Beispielsweise darf ein Verkäufer, der den Preis eines Produkts erst auf EUR 50 festgesetzt hat und später im selben Monat auf EUR 100 erhöht hat, um ihn anschließend auf EUR 30 herabzusetzen, dem Kunden keine Preisermäßigung von 70% anstelle von 40% ankündigen.

Der EuGH verurteilt diese Gesetzgebungen, die zu einem allgemeinen Verbot von Preisermäßigungen führen

Nach dem EuGH würde die belgische Gesetzgebung zu einem allgemeinen Verbot von Preisermäßigungen führen, wenn der Richtpreis diese Bedingungen nicht erfüllt. Diese Gesetzgebung erlaube es in der Tat nicht, eine fallabhängige Analyse dahingehend durchzuführen, ob die Preisermäßigung „unlauter“ sei, obwohl diese Analyse von den Artikel 5 und 9 der europäischen Richtlinie 2005/29/EG vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken vorgesehen ist.

Der EuGH hat entschieden, dass diese Gesetzgebung, die einen strengeren Schutz vorsieht, dem Ziel der Richtlinie der vollständigen Harmonisierung, entgegensteht und das voraussetzt, dass die Mitgliedstaaten „keine strengeren Maßnahmen vorsehen können, als die, die von der Richtlinie vorgesehen sind, selbst zu dem Zweck der Erreichung eines höheren Schutzes der Verbraucher.“

Notwendigkeit der Reform des französischen Rechts über Preisermäßigungen

Diese Entscheidung hat verdeutlicht, dass die französischen Bestimmungen aus dem Erlass vom 31. Dezember 2008, die dieselben Bedingungen zur Festsetzung des Richtpreises wie die belgische Gesetzgebung vorsehen, möglicherweise Gegenstand einer Vertragsverletzungsklage vor dem EuGH sein könnten. Um dies zu vermeiden hat der französische Gesetzgeber entschieden, den Erlass vom 11. März 2015 einzuführen, der neue Regeln über Preisermäßigungen vorsieht, die weniger streng und somit im Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht sind.

Flexiblere Bestimmungen über Preisermäßigungen im Erlass vom 11. März 2015

Zunächst hat der Erlass vom 11. März 2015 die Regelung aufgehoben, nach der der Richtpreis nicht den tiefsten Preis, der während der letzten 30 Tage festgesetzt wurde, überschreiten darf.

Von nun an wird die Art der Festsetzung des Richtpreises nicht mehr vorgegeben, sondern kann im Gegenteil frei vom Werbeträger bestimmt werden, unter der einzigen Bedingung, dass er die Richtigkeit dieses Preises nachweisen kann. So kann der Richtpreis beispielsweise der Preisempfehlung des Herstellers oder des Importeurs des Produkts entsprechen oder des Mindestpreises, der aus den Bestimmungen wirtschaftlicher Richtlinien hervorgeht. Er sollte die Richtigkeit dieser Richtwerte sowie die allgemein gültigen Preise von anderen Vertreibern für dasselbe Produkt nachweisen können.

Der Erlass vom 11. März 2015 erhält außerdem die Verpflichtung aufrecht, die Preisermäßigung sowie den Richtpreis auf den Preisschildern, der Etikettierung oder Beschriftung anzugeben. Diese Verpflichtung gilt allerdings nur noch bei der Ankündigungen einer Preisermäßigung in „Geschäftsräumen“, und nicht, wie vorher „in Verkaufsorten oder in Online-Shops“. Daher kann davon ausgegangen werden, dass Preisermäßigungen, die nicht in „Geschäftsräumen“ angekündigt werden, von dieser Regelung nicht betroffen sind. Somit ist die Art der Ankündigung einer Preisermäßigung vereinfacht worden und dem freien Ermessen des Verkäufers überlassen.

Einschränkung der freien Ankündigung von Preisermäßigungen im französischen Recht

Allerdings ist diese Freiheit eingeschränkt und die Verkäufer sollten daher, unabhängig vom Verkaufsort, vorsichtig sein, damit ihr Handeln nicht als „unlauter“ ausgelegt werden kann.

In der Tat sieht Artikel 1 des Erlasses vom 11. März 2015 klar vor, dass „jede Ankündige einer Preisermäßigung unter der Bedingung rechtmäßig ist, dass sie keine Handlung des unlauteren Wettbewerbs gemäß Artikel L. 120-1 des französischen Verbraucherschutzgesetzbuchs darstellt und dass sie den Vorschriften des vorliegenden Erlasses entspricht.“

Die Folgen dieses neuen französischen Erlasses für die Werbeträger

Unlautere Preisermässigung in FrankreichDie Tatsache, dass die Gepflogenheiten bei Preisermäßigungen von nun an unter dem Blickwinkel des Verbots des unlauteren Wettbewerbs betrachtet werden, könnte für Verkäufer Rechtsunsicherheit schaffen. Verkäufer müssen von nun an eine fallbezogene Analyse vornehmen, um sicherzugehen, dass die geplante Ankündigung, mit den Erfordernissen ihrer beruflichen Pflichten vereinbar ist und dass sie nicht das Konsumverhalten der Verbraucher beeinträchtigt.

Es kann angenommen werden, dass die Tatsache, dass der Richtpreis nunmehr frei von den Verkäufern bestimmt werden kann, für diese ein potentielle Gefahr darstellt: Im Kontext der Wettbewerbsverschärfung mit immer häufigeren Sonderverkaufsaktionen könnten Verkäufer geneigt sein, „attraktive“ Richtpreise festzusetzen, mit dem Risiko, das hiermit „unlautere“ Geschäftspraktiken bestehen.

Daher wird Verkäufern empfohlen zumindest solange, wie die Merkmale zur Bestimmung eines Richtpreises nicht genau vom Gesetzgeber oder der Rechtsprechung bestimmt wurden, vorsichtig zu bleiben. Dies gilt umso mehr, als das Gesetz „Hamon“ vom 17. März 2014 über den Verbraucherschutz die Strafen bei unlauterem Wettbewerb stark verschärft hat.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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