Kündigung der Handelsvertretung und Entschädigungsanspruch in Frankreich
09.07.14

In einem Urteil vom 4. Februar 2014 hatte der französische Kassationshof (Cour de cassation) die Frage zu beantworten, ob nach französischem Wirtschaftsrecht ein Unternehmer bei der Kündigung einer Handelsvertretung durch seinen Handelsvertreter (agent commercial) Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung haben konnte. Für den französischen Kassationshof hängt die Antwort von den Umständen der Kündigung ab.
Eine Kündigung, die dem Unternehmer zuzuschreiben ist
Im vorliegenden Fall hat der Handelsvertreter die Handelsvertretung mit der Begründung gekündigt, dass der Unternehmer ihm einseitig die Provisionen gekürzt habe. Der Handelsvertreter habe diese Kürzung der Provisionen zwar akzeptiert, wenn der Unternehmer im Gegenzug dazu zugestimmt hätte, dass der Handelsvertreter dieselben Preise in Rechnung stellen kann, die in anderen Ländern angewandt werden. Dies geschah aber nicht.
In diesem Zusammenhang hat der Unternehmer seinen Handelsvertreter auf Zahlung unterschiedlicher Rechnungen und Leistung einer Kündigungsentschädigung verklagt, da er die gesetzliche Kündigungsfrist nicht berücksichtigt hatte. Der Handelsvertreter hat daraufhin vertreten, dass die Kündigung dem Unternehmer zuzuschreiben sei und hat im Gegenzug Schadensersatz für kurzfristige Vertragskündigung beantragt.
In erster Instanz haben die Richter zwar entschieden, dass die einseitige Kündigung des Vertrags durch den Handelsvertreter allein dem Unternehmer zuzuschreiben sei. Sie haben allerdings trotzdem den Handelsvertreter zur Zahlung einer Kündigungsentschädigung verurteilt, da kein schweres Verschulden seitens des Unternehmers nachgewiesen werden konnte.
Keine Kündigungsentschädigung für einen Unternehmer, dem die Kündigung zuzuschreiben ist
Der französische Kassationshof, der diesen Fall zu entscheiden hatte, hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben: Der hohe Gerichtshof hat in der Tat entschieden, dass ein Unternehmer, dem die Kündigung der Handelsvertretung allein zuzuschreiben ist, keinen Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung hat, selbst wenn ihm kein schweres Verschulden nachgewiesen werden kann.
Für den Kassationshof ist die Kündigungsentschädigung trotz Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nach französischem Recht grundsätzlich nicht geschuldet, wenn die Kündigung der Handelsvertretung allein dem Unternehmer zuzuschreiben ist.
Wer ein fehlerhaftes Verhalten begeht, kann keine Entschädigung erwarten
Die Entscheidung des Kassationshofs ist in dem Maße fair, als eine Kündigungsentschädigung berechtigterweise nur demjenigen zugesprochen werden kann, der in der Tat Opfer einer fristlosen Kündigung ist und dementsprechend seine Tätigkeit umorganisieren muss.
Im vorliegenden Fall kann der Unternehmer allerdings nicht als Opfer einer fristlosen Kündigung eingestuft werden, da er es war, der dem Handelsvertreter seine Bedingungen aufgezwungen hat. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass der Kassationshof dieselbe Entscheidung getroffen hätte, wenn es der Handelsvertreter gewesen wäre, der eine Kündigungsentschädigung eingeklagt hätte, obwohl ihm die Kündigung zuzuschreiben war.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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