Gewerblicher Mietvertrag: Vorkaufsrecht und Maklergebühr
Veröffentlicht am 06.04.22

Sie sind Eigentümer und Vermieter eines gewerblichen Mietvertrages in Frankreich und möchten Ihre Immobilie an einen Dritten verkaufen? Dann ist Vorsicht geboten, denn Sie müssen den Kauf der Immobilie zuerst Ihrem Mieter anbieten. Dies ergibt sich aus Artikel L. 145-46-1 des frz. Handelsgesetzbuches, der die Rechte der Person schützen soll, die Ihre gewerblichen Räumlichkeiten mietet.
Das Vorkaufsrecht des Mieters des gewerblichen Mietvertrages
Das Vorkaufsrecht ermöglicht dem Mieter den Erwerb der Räumlichkeiten, in denen er seine geschäftliche oder handwerkliche Tätigkeit ausübt. Möchte der Eigentümer diese verkaufen, dann muss er dies seinem Mieter mitteilen. In dieser Mitteilung, die als Verkaufsangebot der gewerblichen Räumlichkeiten gilt, müssen unbedingt die geplanten Kaufbedingungen und insbesondere der Kaufpreis der gewerblichen Räumlichkeiten ausdrücklich angegeben sein. Ab Erhalt dieses Angebots verfügt der Mieter über einen Monat, um sich zu diesbezüglich zu melden. Mangels einer ausdrücklichen Annahme durch den Mieter innerhalb dieser Frist wird angenommen, dass der Mieter auf den Erwerb der gewerblichen Räumlichkeiten verzichtet.
Verkaufsangebot durch einen Vermieter an seinen gewerblichen Mieter bleibt ohne Antwort
In einem Beschluss vom 23.09.2021 hat die dritte Kammer für Zivilsachen des frz. BGHs, dem Kassationshof, sich zu den Bedingungen der Ausübung des Vorkaufsrechts und genauer zum vom Mieter zu machenden Kaufangebot ausgedrückt.
In dem vorliegenden Fall vermietete ein Vermieter seit zahlreichen Jahren gewerbliche Räumlichkeiten an einen Mieter.
Da er diese Räumlichkeiten verkaufen wollte, hat der Eigentümer am 03.03.2018 eine Immobilienagentur mit dem Verkauf seiner Immobilie beauftragt. Einige Monate später, am 19.10.2018, hat die Agentur dem Mieter mitgeteilt, dass sie die vermieteten Räumlichkeiten verkaufen möchte.
Das Angebot, das dem Mieter vorgelegt wurde, belief sich auf einen Betrag in Höhe von EUR 5.050.000, zu dem EUR 381.000 für die Kosten, Steuern und Gebühren für das Aufsetzen des notariellen Verkaufsvertrages sowie EUR 300.000 als Maklerkommission hinzukamen.
Da der Mieter das Angebot beantwortete, konnte der Vermieter nicht einfach davon ausgehen, dass die Stille des Mieters sein Vorkaufsrecht löscht. Der Mieter focht allerdings lediglich die Gültigkeit des Kaufangebotes per an den Eigentümer adressiertem Einschreiben mit Rückschein vom 29.10.2018 an, ohne im Hinblick auf das Verkaufsangebot Stellung zu nehmen. Aus diesem Grund bestand mit der Antwort des Mieters ein Zweifel an einer etwaigen Angebotsannahme.
Um diese Unklarheit zu übergehen, stimmte der Vermieter am 09.11.2018 einem einseitigen Verkaufsversprechen zugunsten eines Dritten für einen Preis i. H. v. EUR 5.050.000 zu. Dieses einseitige Verkaufsversprechen wurde unter der aufschiebenden Bedingung der Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Mieter geschlossen.
Klageerhebung infolge der unklaren Reaktion des Mieters
Im Rahmen des durch den Eigentümer geführten Prozesses, der die fehlende ausdrückliche Verkaufsangebotsannahme durch den Mieter zur Kenntnis nahm, hat das Gericht die Löschung des Vorkaufrechts des Mieters festgestellt. Die Räumlichkeiten konnten folglich verkauft werden, ohne dass für den besagten Vermieter ein Risiko bestand.
Der Mieter war jedoch anderer Meinung und legte Berufung beim frz. Berufungsgericht ein.
Im Gegensatz zu den Richtern der ersten Instanz war das Berufungsgericht der Ansicht, dass das Vorkaufsrecht des Mieters durch die Antwort, die dieser gegeben hatte, nicht verwirkt worden war. Laut den Richtern folgte daraus, dass das Vorkaufsrecht gegen den Vermieter noch immer durchsetzbar war. Sie gingen in der Tat davon aus, dass der im Verkaufsangebot enthaltene Preis (EUR 5.050.000) niedriger war als der Preis, der dem Mieter unterbreitet wurde (EUR 5.050.000 plus zusätzliche Kosten).
In einem solchen Fall hätte der Vermieter dem Mieter das neue Verkaufsangebot, das dem dem berechtigten Dritten des einseitigen Verkaufsversprechens angebotenen niedrigeren Preis entsprach, mitteilen müssen.
Hat das Einschließen von Maklergebühren in der Mitteilung des Vorkaufsrechts eine Auswirkung auf diese Mitteilung?
Für den frz. BGH bestanden die Mitteilung des Vorkaufsrechts an den Mieter und das einseitige Verkaufsversprechen unter einer aufschiebenden Bedingung nebeneinander, solange die Mitteilung dem Abschluss des einseitigen Verkaufsversprechens vorausgegangen sei. Der Ablauf der Frist von einem Monat, über die der Mieter verfügt hat, hatte hier keine Auswirkung.
Bezüglich des Inhalts des Angebots wies der frz. BGH darauf hin, dass die Erwähnung der Maklergebühren in der Mitteilung an den Mieter keinen Einfluss auf die Mitteilung habe, solange der Kaufpreis deutlich zu erkennen sei. Die Mitteilung dürfe in der Tat keinerlei Verwirrung beim Mieter stiften. In dem uns vorliegenden Fall waren die Richter der Ansicht, dass das Angebot ausreichend deutlich sei und keinerlei Verwirrung beim Mieter stifte, solange die Maklergebühren separat vom Kaufpreis der Räumlichkeiten angegeben seien.
Das Gegenteil wäre erstaunlich gewesen, da allgemein anerkannt ist, dass der Erwerber einer Immobilie die Kosten für den Makler sowie für das Aufsetzen des Vertrages zu tragen hat.
Darüber hinaus erinnern die Richter – wie auch damals der Vermieter – in diesem Fall daran, dass es wichtig ist, dass solange das Vorkaufsrecht des Mieters nicht deutlich verwirkt ist, der Verkauf von gewerblichen Räumlichkeiten an einen Dritten unter einer aufschiebenden Bedingung erfolgen soll. Ansonsten ist der Vermieter gleichzeitig an das dem Mieter unterbreitete Angebot und an den Kaufvertrag mit dem Dritten gebunden. Und das kann teuer werden.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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