Verletzung der vorvertraglichen Informationspflicht des Franchisegebers

20.06.16
Informationspflicht des Franchisegebers
Informationspflicht des Franchisegebers
Informationspflicht des Franchisegebers

Mehrere Gerichtsentscheidungen über die Verpflichtung des Franchisegebers den zukünftigen Franchisenehmer genau zu informieren

In einer Reihe von sechs Urteilen vom 05.01.2016 hat der französische Kassationshof eine Reihe von Gerichtsentscheidung bezüglich der vorvertraglichen Information gefällt, die auf den Franchisegeber lastet, der eine neue Franchise auf einen lokalen Markt einzuführen wünscht. Nach dieser Rechtsprechung befreit die gute Kenntnis des örtlichen Marktes durch den Franchisenehmer den Franchisegeber nicht von seiner Verpflichtung, soweit er als Einziger Informationen hinsichtlich der Ertrags- und Wettbewerbsfähigkeit seines Konzeptes und seiner Produkte auf dem örtlichen Markt besitzt.

Gesetzliche Pflicht des Franchisegebers den französischen Franchisenehmer über die örtliche Marktsituation zu informieren

Das französische Handelsgesetzbuch sieht diese vom Franchisegeber zu tragende Verpflichtung vor und formalisiert diese insbesondere durch die Vorschreibung der Übergabe eines vorvertraglichen Informationsdokumentes mindestens 20 Tage vor der Unterzeichnung des Franchise-Vertrages (Art. L. 330-3 und R. 330-1 des Handelsgesetzbuches). Diese Verpflichtung wird vom Franchisegeber getragen, sobald dieser den Franchisenehmern eine Marke zur Verfügung stellt und dabei von ihnen eine Gesamt- oder Teil-Exklusivität fordert.

Somit muss sich der Franchisegeber entsprechend der Rechtsprechung des Kassationshofes darum bemühen, seinen zukünftigen Franchisenehmern genaue Informationen durchzugeben, ohne dabei eine regelrechte „Marktstudie“ durchzuführen. Die vorvertragliche Informationsunterlage muss somit die „allgemeine und örtliche Situation des Produkt- oder Dienstleistungsmarktes, der Gegenstand des Vertrags werden soll“ und „die Entwicklungsperspektiven dieses Marktes“, beinhalten. Der Franchisegeber, der diese vorvertragliche Verpflichtung verletzt, kann zur Zahlung einer Geldstrafe oder von Schadensersatz verurteilt werden. Die Franchisenehmer können auch die Anfechtung des Franchise-Vertrags fordern.

Die vom Kassationshof am 05.01.2016 geurteilten Franchise-Fälle

Die Sachverhalte der sechs von der Handelskammer ausgesprochenen Gerichtsurteile vom 05.01.2016 sind sich relativ ähnlich. Die ehemaligen Franchisenehmer, die sich mit dem Franchisegeber im Streit befanden, forderten insbesondere Schadenersatz von ihm. Sie machten entweder die Verletzung des Franchisegebers seiner Verpflichtung zur Übergabe von Informationen zur örtlichen Marktsituation geltend oder hoben die Mangelhaftigkeit dieser Informationsübergabe (wenig Details, veraltete Angaben, keine Entwicklungsperspektiven) hervor.

In allen sechs Fällen hatten die mit der Sache befassten Richter die Klagen der Franchisenehmer verworfen. Am 19.02.2014 hatte das Berufungsgericht von Paris keinem der Franchisenehmer Recht gegeben. Die Richter waren nämlich der Ansicht, dass die Kenntnisse Letzterer bezüglich der örtlichen Marktsituation „ausreichend“ waren, insbesondere in Anbetracht ihrer beruflichen Laufbahn. Das Berufungsgericht von Paris folgerte daraus, dass das Ausbleiben oder die mangelhafte Beschreibung der örtlichen Marktsituation im vorliegenden Fall für die Franchisenehmer nicht entscheidend gewesen sein konnte.

Diese hatten in dieser Hinsicht erklärt, selbst eine Marktstudie durchgeführt zu haben. Die Franchisenehmer argumentierten zur Unterstützung ihrer Klage, dass sie von der Neuheit des Konzeptes informiert worden waren, das die Kombinierung von Versicherungsvermittlung und Verbraucherkrediten erforderte. Sie behaupteten außerdem, dass die Franchisegeber-Gesellschaft (aus dem Bündnis zweier großer Marken, eine in jedem Bereich tätig, entsprungen) dieses Konzept nicht durch den Einsatz eines Franchisenehmerpiloten erprobt hatte und ihnen dadurch keine Zahlen durchgeben konnte.

Die fehlende Erfahrung der Franchisenehmer als Beurteilungskriterium der Franchisegeber

Information des unerfahrenen FranchisenehmersDer Kassationshof ist mit der Ansicht der Berufungsrichter nicht einverstanden und erklärt, dass nichts vermuten ließ, dass die Erfahrung der Franchisenehmer genügte, um die örtliche Marktsituation einzuschätzen oder um zu beurteilen, ob dieser Markt imstande war, eine neue, Kredit und Versicherung kombinierende Tätigkeit zu integrieren, die auch noch aus einem völlig neuen Konzept entstanden war.

Der Ansicht der Handelskammer nach hatten die mit der Sache befassten Richter nämlich nicht erklärt „inwiefern die im alleinigen Sektor der Versicherungen gesammelte Erfahrung des Franchisenehmers ausreichte, um die örtliche Marktsituation eines innovativen Konzeptes, das Kredit und Versicherung kombiniert, beurteilen zu können“.

Der hohe Gerichtshof erinnert somit daran, dass die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Informationspflicht sich je nach Profil des Franchisenehmers unterscheiden. Die berufliche Erfahrung Letzterer stellt einen von den wesentlichen Hinweisen dar, die von den Richtern berücksichtigt werden müssen, insbesondere wenn das Franchise-Konzept „innovativ“ ist.

Die Analyse muss daher durch die Richter im Einzelfall durchgeführt werden, d.h., je nach Berufsbild des zukünftigen Franchisenehmers: Wenn der zukünftige Franchisenehmer keine Erfahrung besitzt, sei es bezüglich der Produkte oder bezüglich der geographischen Lage, obliegt es dem Franchisegeber, ihm genauere Informationen zu übermitteln. Im Gegenteil kann ein Franchisenehmer wegen seines Einsatzes als erfahren angesehen werden. In diesem Fall liegt es am Franchisegeber, diese Erfahrung nachzuweisen.

Es stellt sich somit die Frage der Informationspflicht des Franchisegebers, der eine Franchise einzuführen wünscht, obwohl der betroffene Markt noch nicht existiert. Wie kann nämlich dann die Verpflichtung, über eine Marktsituation, die erst noch im Projektstadium ist, zu informieren, erfüllt werden? Diese Frage ist bisher unbeantwortet geblieben.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

Alle Urheberrechte vorbehalten

Bilder: Richard Villalon, KostaKostov

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