Drogentest am Arbeitnehmer

30.01.17
Konsum von Cannabis
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Erste Entscheidung der französischen Gerichte über Drogentests am Arbeitsplatz

In einem Urteil vom 05.12.2016 haben sich die französischen Gerichte zum ersten Mal über die Frage ausgesprochen, ob ein Vorgesetzter einen Speicheltest zum sofortigen Erkennen vom Drogenkonsum eines Arbeitnehmers durchführen darf.

Der in der Betriebsordnung des Arbeitgebers vorgesehene Drogentest

Ein französischer Arbeitgeber im Bauwesen hat eine Betriebsordnung entworfen, nach der es möglich war, Speichelabstriche als Drogentest durchzuführen. Diese Betriebsordnung sah vor, dass diese Tests von einem Vorgesetzten durchgeführt werden müssen. Der Arbeitgeber sah bei einem positiven Testergebnis außerdem die Möglichkeit einer Disziplinarstrafe vor, die bis hin zur Kündigung gehen konnte.

Diese Betriebsordnung wurde der Arbeitsaufsichtsbehörde (Inspection du travail) zur Kontrolle vorgelegt, die diese Bestimmungen als rechtswidrig einstufte.

Der Arbeitgeber hat daraufhin entschieden, die Rechtsunwirksamkeit der Entscheidung der Arbeitsaufsichtsbehörde gerichtlich feststellen zu lassen. Da es sich um eine Entscheidung der Verwaltung handelt, ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig, um über diesen Fall zu entscheiden. Das Oberverwaltungsgericht von Marseille (Cour administrative d’appel de Marseille) bestätigte die Entscheidung der Arbeitsaufsichtsbehörde und erklärte folglich die Betriebsordnung für ungültig.

Das Oberverwaltungsgericht von Marseille lehnt die Möglichkeit von Drogentests am Arbeitsplatz ab

In einer Entscheidung vom 21.08.2015, hat das Oberverwaltungsgericht von Marseille klargestellt, dass:

  • Speicheltests die Entnahme einer biologischen Probe, die biologische und klinische Daten enthält und somit dem Arztgeheimnis unterliegt, darstellen. Nach Meinung des Oberverwaltungsgerichts können diese Tests daher nicht von einem Vorgesetzten durchgeführt und bewertet werden;
  • diese Tests außerdem zum heutigen Zeitpunkt weder geeignet sind, den Einfluss des Drogenkonsums auf die Fähigkeit des Arbeitnehmers, eine Aufgabe zu übernehmen, nachzuweisen, noch die Schwelle, ab welcher der Arbeitnehmer als arbeitsunfähig einzustufen ist, zu bestimmen. Letztlich würden diese Tests „Drogenkonsum nicht mit Sicherheit nachweisen“, da es in der Tat möglich sei, „falsche positive oder negative Ergebnisse zu einem nicht unerheblichen Anteil […]“ zu erhalten.

Das Oberverwaltungsgericht hat folglich den Entwurf der Betriebsordnung dahingehend für ungültig erklärt, da:

  • auf der einen Seite, diese Maßnahme gegen das Arztgeheimnis verstoßen würde, und
  • auf der anderen Seite, die zum heutigen Zeitpunkt vorhandenen Speicheltests unzuverlässig seien.

Für das Oberverwaltungsgericht von Marseille ist dieser Entwurf der Betriebsordnung „[…] ein unverhältnismäßiger Verstoß gegen die Rechte der betroffenen Personen und die Freiheiten des Einzelnen sowie der Gemeinschaft in Bezug auf das verfolgte Ziel.“

Der Arbeitgeber wollte sich damit nicht abfinden und hat den französischen Conseil d’Etat (höchstes französisches Verwaltungsgericht) in letzter Instanz angerufen. Letzterer folgt einer grundlegend anderen Argumentation als das Oberverwaltungsgericht von Marseille und hebt das Urteil der südfranzösischen Richter folglich auf.

Der Drogentest durch den Arbeitnehmer wird vom Conseil d’Etat erlaubt

TestFür die Richter des Conseil d’Etat hat ein Speicheltest zum unmittelbaren Nachweis von Betäubungsmitteln, wie er in der strittigen Betriebsordnung vorgesehen wurde, zum alleinigen Ziel, durch ein sofortiges Ergebnis nachzuweisen, dass vor Kurzem ein Konsum stattfand. Es handelt sich dabei um eine Maßnahme, die es dem Arbeitgeber ermöglichen soll, den Risiken im Zusammenhang mit Drogenkonsum auf dem Arbeitsplatz vorzubeugen.

Um die Möglichkeit für den Vorgesetzten, eine solche Kontrolle durchzuführen, zu rechtfertigen, hat der französische Conseil d’Etat zunächst erklärt, dass der Speicheltest keine biomedizinische Untersuchung im Sinne des Artikels L. 6211-1 des französischen Gesetzbuchs zum öffentlichen Gesundheitswesen (Code de la santé publique) darstelle. Das oberste Verwaltungsgericht Frankreich leitet daraus ab, dass diese Untersuchung daher nicht von einem biomedizinischen Institut, oder unter dessen Verantwortung, durchgeführt werden muss.

Der Conseil d’Etat führt weiterhin aus, dass das Einschreiten des Amtsarztes auch nicht notwendig sei, da dieser Test nicht zum Gegenstand habe, die medizinische Fähigkeit der Arbeitnehmer, ihre Arbeit durchzuführen, zu bewerten.

Allerdings legt das oberste Verwaltungsgericht die Rahmenbedingungen zur Durchführung dieser Kontrolle fest und schränkt somit die Möglichkeit für den Arbeitnehmer, Drogentests durchzuführen, ein. So werden diese zufälligen Kontrollen allein auf solchen Arbeitsstellen beschränkt, die als „drogen- und alkoholüberempfindlich“ eingestuft werden können, also solche Stellen, für die diese Substanzen eine besonders hohe Gefahr für den Arbeitnehmer und Dritte darstellt.

Die Kontrolle des Drogenkonsums muss von der Betriebsordnung vorgesehen sein

Der Conseil d’Etat stellt in seiner Entscheidung klar, dass ein Arbeitnehmer diese Kontrollen nicht willkürlich durchführen darf.

Diese Maßnahme muss in der Tat umfassend in der Betriebsordnung geregelt sein. Die Betriebsordnung muss insbesondere die Bedingungen zur Durchführung eines Tests zum Nachweis vom Betäubungsmittelkonsum sowie ausreichende Garantien zum Schutz der Grundfreiheiten der Arbeitnehmer vorsehen.

Bezüglich der Grundfreiheiten wird insbesondere klargestellt, dass der Arbeitgeber und der Vorgesetzte, die den Test durchgeführt haben, das Berufsgeheimnis bezüglich der Testergebnisse wahren müssen. Die Betriebsordnung muss außerdem vorsehen, dass den Arbeitnehmern, die einer Kontrolle unterzogen wurden, die Möglichkeit angeboten werden muss, ein ärztliches Gegengutachten vorzunehmen. Die Kosten hierfür fallen zu Lasten des Arbeitgebers.

Der Arbeitgeber kann außerdem in seiner Betriebsordnung vorsehen, dass Disziplinarstrafen im Falle eines positiven Testergebnisses ausgesprochen werden können, die bis hin zur Kündigung des Arbeitsvertrages gehen können.

Françoise Berton, avocat en droit allemand

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Photos: larygin Andrii, Henrik Dolle

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