Der Facebook-Account des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers

17.12.19
Arbeitnehmer und Arbeitgeber äussern sich frei auf Facebook
Der Facebook-Account des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers
Arbeitnehmer und Arbeitgeber äussern sich frei auf Facebook

In Frankreich verzeichnet Facebook durchschnittlich 25,9 Millionen einzelne Besuche pro Tag, mit einer durchschnittlichen Nutzungszeit von 46 Minuten pro Tag. Da liegt es auf der Hand, dass die Nutzung der sozialen Netzwerke auch im Unternehmen stattfindet.

40 % der französischen Unternehmen nutzen ihrerseits Facebook und/oder Twitter, hauptsächlich zu kommerziellen Zwecken (Absatz steigern, mögliche Kunden identifizieren, usw.), aber auch für die Mitarbeitersuche. Diese Art der Nutzung nimmt immer mehr zu.

Das Recht musste sich an diese neuen Nutzungsweisen durch die Geschäftswelt anpassen. Die Nutzung der sozialen Netzwerke wie Facebook durch Arbeitnehmer auf der Arbeit oder durch Unternehmen musste also geregelt werden, hauptsächlich durch die Rechtsprechung, und zwar aufgrund der möglichen Missbräuche, zu denen es in der Praxis häufig kommt.

Die Grenzen der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers auf seinem Facebook-Account

Grundsätzlich gibt es eine gewisse Toleranz bezüglich der ausnahmsweisen privaten Nutzung der sozialen Netzwerke durch den Arbeitnehmer. In der Tat scheint es übertrieben, einen Arbeitnehmer zu sanktionieren, weil er ausnahmsweise ein soziales Netzwerk genutzt hat, vor allem wenn es sich nur um ein paar Minuten handelt. Allerdings kann die missbräuchliche Nutzung der sozialen Netzwerke durch den Arbeitnehmer Disziplinarmaßnahmen rechtfertigen, die bis zur Kündigung gehen können, insbesondere wenn es sich um eine tägliche Gewohnheit handelt.

Es gibt mittlerweile einen eindeutigen Grundsatz im französischen Arbeitsrecht in Bezug auf die Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers, und zwar: „Außer bei Missbrauch hat der Arbeitnehmer im Unternehmen und außerhalb Anspruch auf seine Meinungsfreiheit, welche nur gerechtfertigt eingeschränkt werden kann durch die Art der zu erfüllenden Aufgabe und verhältnismäßig zum gewünschten Ziel“. Dieser Rahmen wurde durch ein Urteil vom 14.06.1999 (n°97-41.995) gegeben.

Folglich kann ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber nicht öffentlich verunglimpfen oder beleidigen. Diese Regel gilt auch für Facebook. Zahlreiche richterliche Entscheidungen bestätigen diese Tendenz, sowohl im französischen als auch im deutschen Arbeitsrecht.

Der Facebook-Account des Arbeitnehmers in Deutschland

Im deutschen Arbeitsrecht führt eine einfache Kritik noch nicht zur Einstufung als Beleidigung, welche eine Verletzung seiner Pflichten durch den Arbeitnehmer darstellt. Wenn der Arbeitnehmer sich jedoch die Beleidigung durch seine Handlungen („like“, teilen, usw.) oder seine schriftlichen Äußerungen in diesem sozialen Netzwerk zu eigen macht, ist die Kündigung des Arbeitnehmers möglich.

Die deutschen Richter haben beispielsweise in Bezug auf den folgenden Sachverhalt geurteilt: Ein Mann hat auf einer Facebook-Seite abfällige Äußerungen bezüglich einer deutschen Bank veröffentlicht. Die Seite war einsehbar für 155 „Freunde“ und seine Ehefrau, die Arbeitnehmerin dieser Bank war, hat auf „gefällt mir“ geklickt. Als der Arbeitgeber von der Seite und den dortigen Aktivitäten der Arbeitnehmerin Kenntnis erlangte, entschied er sich dazu, ihr zu kündigen. Im Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 22.06.2012 waren die Richter der Auffassung, dass ein solches Verhalten eine Kündigung der Arbeitnehmerin rechtfertigt, da das Klicken auf „gefällt mir“ nicht als vertrauliche Mitteilung betrachtet werden kann. Dementsprechend riskiert ein Arbeitnehmer eine Kündigung durch einen Klick, auch wenn er nicht der Urheber der Äußerungen ist. Seine Zustimmung reicht aus, um die Kündigung zu rechtfertigen.

Der Facebook-Account des Arbeitnehmers in Frankreich

In Bezug auf das französische Arbeitsrecht hat das Berufungsgericht Lyon in einem Urteil vom 22.11.2012 (n°11/05140) festgehalten, dass die Verleumdung eines Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer auf Facebook ein grobes Verschulden darstellt und seine Kündigung rechtfertigt.

Ebenso hat das Berufungsgericht Reims in einem Urteil vom 16.11.2016 entschieden, dass einem Angestellten, der auf seinem Arbeitsplatz einen Video-Challenge durchführt und auf Facebook verbreitet, nach französischem Arbeitsrecht von seinem Arbeitgeber wegen groben Verschuldens gekündigt werden kann, selbst wenn er seinen Arbeitstag beendet und die Verbreitung des Videos auf seinen Freundeskreis auf Facebook begrenzt hatte. Der Arbeitnehmer stört in der Tat den Betriebsablauf des Unternehmens und schadet dem Image des Arbeitgebers.

Die Rechtsprechung des französischen Kassationshofs ist nunmehr eindeutig: Das Posten einer Nachricht auf einer öffentlich zugänglichen Website mit unlauteren und boshaften Äußerungen gegenüber dem Arbeitgeber stellt einen Missbrauch der Meinungsfreiheit dar, welcher zu einer Kündigung wegen groben Verschuldens führen kann. Nur wenn ein Facebook-Account im „Privatmodus“ eingestellt ist, also auf genehmigte Personen beschränkt ist, erachtet der Kassationshof, dass der Arbeitgeber sich nicht auf den Inhalt des Accounts berufen kann.

In Deutschland Kommentarfunktion auf Facebook-Account des Arbeitgebers nur mit Zustimmung des Betriebsrats

Die Nutzung eines Facebook-Accounts im Geschäftsleben ist regelmäßig Gegenstand von Auslegung durch die deutschen Richter im Bereich Arbeitsrecht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschl. v. 13.12.2016, Az. 1 ABR 7/15) traf am 13.12.2016 seine erste Entscheidung bezüglich der Mitbestimmungsrechte des deutschen Betriebsrats in Bezug auf die Plattformen der sozialen Netzwerke. Es ging dabei um die Frage, ob der Betriebsrat ein gesetzliches Mitbestimmungsrecht über die Nutzung durch den Arbeitgeber einer Website mit Kommentarfunktion, Gästebuch und öffentlich zugänglichen Informationen hat.

Das Bundesarbeitsgericht gibt dem Betriebsrat Recht: Es besteht ein Mitbestimmungsrecht.

Das Revisionsgericht hat nun entschieden, dass der Arbeitgeber zwar das Facebook-Profil an sich weiterbetreiben darf. Allerdings ist es ihm ohne Zustimmung des Betriebsrats untersagt, die Funktion „Besucher-Beiträge“ weiter zu nutzen.

Die Entscheidung des Arbeitgebers, öffentlich einsehbare Kommentare der Besucher zuzulassen, unterliegt nach Ansicht des BAG dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, weil dadurch das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer beeinflusst werden kann und somit eine technische Einrichtung zur Überwachung im Sinne des Gesetzes vorliegt.

Der Arbeitgeber kann folglich eine Unternehmens-Website ohne Zustimmung des Betriebsrats betreiben. Soweit jedoch über die Website eine Interaktionsmöglichkeit besteht und eine Beeinflussung des individuellen Verhaltens der Arbeitnehmer möglich ist, werden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ausgelöst.

Soweit uns bekannt ist, ist noch kein Urteil in diesem Sinne von einem französischen Gericht gegenüber französischen Arbeitnehmern ergangen. In jedem Fall zeigt sich, dass die Arbeitnehmervertretungen, auch wenn sie aufgrund ihrer vom Arbeitsgesetzbuch zugewiesenen Aufgaben (Artikel L. 2312-11 bis L. 2312-16 des frz. Arbeitsgesetzbuches) kein wirkliches Mitbestimmungsrecht haben können, in Bezug auf das Facebook-Profil des Unternehmens befragt werden und Vorschläge formulieren können, oder sogar, falls die Rechte der Arbeitnehmer verletzt werden, eventuell ihr Warnungsrecht ausüben können.

Die Grenzen der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers

Auch wenn vorstehend über das Thema Facebook geschrieben wurde, ist es offensichtlich, dass diese Grenzen der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers auf alle sozialen Netzwerke (Twitter, Instagram, LinkedIn, Tik Tok…) Anwendung finden, und sogar darüber hinaus auf alle Mittel zum Ausdruck.

Es sollte dabei darauf hingewiesen werden, dass nur eine missbräuchliche Nutzung strafbar ist: Gespräche führen, die von der Arbeit abhalten, beleidigende, abträgliche, trügerische oder diskriminierende Äußerungen, aber auch eine Verletzung der Pflicht zur Zurückhaltung, sexuelle Belästigung oder Mobbing.

Diese missbräuchliche Nutzung ist jedoch manchmal schwer zu bewerten, wie man am Beispiel der „Ligue du LOL“ sieht, die Anfang 2019 in Frankreich für Aufsehen gesorgt hat.

Journalisten einer renommierten Zeitung und Arbeitnehmer aus dem Bereich der Werbung und der Kommunikation hatten eine private Facebook-Gruppe gegründet, die „Ligue du LOL“, die dazu diente, dass ihre Mitglieder sich organisieren konnten, um zahlreiche Opfer öffentlich auf Twitter und im Internet im Allgemeinen zu mobben.

Diese Gruppe hat etwa zehn Jahre lang ungestraft gehandelt, denn die Nachrichten waren im Allgemeinen hinterhältig und einzeln nur schwer zu bestrafen. Die Vorgehensweise der Mitglieder der „Ligue du LOL“ bestand darin, hunderte von aufdringlichen Sticheleien, regelmäßigen, ironischen und manchmal verleumderischen Nachrichten oder Beleidigungen zu senden.

Die Arbeitgeber dieser Arbeitnehmer konnten Sanktionen ergreifen, denn sie waren der Auffassung, dass diese Taten während der Arbeitszeit oder im Rahmen der Ausübung ihrer Tätigkeit begangen wurden.

Die ausgesprochenen Sanktionen könnten jedoch bestritten und aufgehoben werden, wenn die Arbeitgeber die Verbindung zwischen der Angelegenheit und der beruflichen Tätigkeit dieser Arbeitnehmer nicht nachweisen können.

Ehe solche Sanktionen ergriffen werden, ist es also vorzuziehen, so viele Beweise wie möglich dafür zu sammeln, dass die Handlungen nicht unter die Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers fallen und dass sie im Rahmen der Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen wurden.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: Jockiewalker

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