Frankreich: Reform zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit

31.01.13
Reform in Frankreich zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
Reform in Frankreich zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
Reform in Frankreich zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit

In den letzten Monaten fanden in Frankreich Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden über die Flexibilität des französischen Arbeitsrechts und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Frankreich statt. Als Ergebnis wurde am 11. Januar 2013 eine Vereinbarung („accord national interprofessionnel“) über das «neue Wirtschafts- und Sozialmodell zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der Sicherung der Arbeitsplätze sowie der Karriere der Arbeitnehmer„ («nouveau modèle économique et social au service de la compétitivité des entreprises et de la sécurisation de l’emploi et des parcours professionnels des salariés») abgeschlossen. Diese Vereinbarung sieht Maßnahmen vor, die die Balance zwischen Flexibilität und Sicherheit auf dem französischen Arbeitsmarkt bezwecken.

Einige der Beteiligten an diesen Verhandlungen hatten die Vorschriften des deutschen Arbeitsrechts vor Augen.

Hauptmaßnahmen der zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Vereinbarung bezüglich des französischen Arbeitsrechts

Die Vereinbarung vom 11. Januar 2013 enthält insbesondere folgende Maßnahmen zur Änderung des Arbeitsrechts in Frankreich:

  • Regelungen über die Mobilität der französischen Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens: Künftig können Organisationsmaßnahmen ergriffen werden, die nicht der Senkung der Arbeitnehmerzahl verbunden sind wie z.B. der Wechsel des Arbeitsposten bzw. des Arbeitsortes im gleichen Betrieb. Der Arbeitgeber beschließt diese Reorganisationsmaßnahmen dank seines Direktionsrechts. Lehnt der Mitarbeiter diesen Wechsel ab, liegt ein persönlicher Grund zur Kündigung vor. Alle drei Jahren sind die Voraussetzungen und Grenzen der Möglichkeiten der Mobilität im Unternehmen mit den Gewerkschaftsvertretern zu verhandeln;
  • Maßnahmen zur Förderung der freiwilligen Mobilität von Arbeitnehmern (mit Betriebszugehörigkeit von über zwei Jahren) von einem Unternehmen mit einer Belegschaft von über 300 Arbeitnehmern in ein anderes Unternehmen, begleitet von einer Rückkehrgarantie für den Arbeitnehmer auf seinen alten Arbeitsposten;
  • Möglichkeit des Abschlusses einer Vereinbarung zur Aufrechterhaltung der Arbeitsstellen dank vorübergehenden Maßnahmen, die zum Gleichgewicht des Unternehmens beitragen: Es kann z.B. die übergangsweise Lohnreduzierung bzw. Arbeitszeitreduzierung vereinbart werden. Im Gegenzug verpflichtet sich der Arbeitgeber, französische Arbeitnehmer nicht zu kündigen. Diese Vereinbarung setzt die vorherige Zustimmung jedes einzelnen Mitarbeiters voraus. Lehnt der Mitarbeiter die Vereinbarung ab, ist der Arbeitgeber zur betriebsbedingten Kündigung berechtigt. Die Klage des Arbeitnehmers zur Feststellung des Nichtbestehens des Grundes ist nicht zulässig;
  • Erweiterung des Anspruchs auf Zusatz-Krankenversicherungsschutz für Gesundheitskosten nach Kündigung des Arbeitnehmers zugunsten von allen Arbeitnehmern. Dieser Schutz sowie der der Vorsorgeschutz gelten außerdem nunmehr während bis zu zwölf Monaten;
  • Erhöhung des Arbeitgeberanteils der Sozialabgaben für das Arbeitsamt aus dem Lohn aus befristeten Arbeitsverträgen mit einer Vertragsdauer von weniger als drei Monaten;
  • Kein Arbeitgeberanteil der Sozialabgaben für das Arbeitsamt in den ersten Monaten nach Einstellung eines Arbeitnehmers unter 26 Jahren in einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Die Befreiung gilt für die ersten drei Monate der Beschäftigung, soweit der Arbeitgeber weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigt. Diese Befreiung gilt für die ersten vier Monate, wenn es sich um einen Arbeitgeber mit über 50 Beschäftigten handelt;
  • Zwingende Anhörung des Betriebsrates und Suche nach Übernehmern anlässlich der geplanten Schließung eines Standortes;
  • Vertretung der Arbeitnehmer in den Führungsorganen der Unternehmen, die mehr als 10.000 Arbeitnehmer weltweit bzw. mehr als 5.000 Arbeitnehmer in Frankreich beschäftigen;
  • Mindestarbeitszeit von 24 Stunden pro Woche in der Zeitarbeit;
  • Gewährung einer pauschalen, nach Betriebszugehörigkeitsdauer gestaffelten Abfindung zu Förderung der erfolgreichen Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht. Der entsprechende Gerichtsvergleich kann nicht mehr vor Gericht angegriffen werden;
  • Herabsetzung der Verjährungsfristen für Ansprüche im Zusammenhang mit der Erfüllung und der Kündigung des Arbeitsvertrages auf 24 Monate und für Ansprüche im Zusammenhang mit dem Lohn auf 36 Monate.

Hauptmaßnahmen der zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden abgeschlossenen Vereinbarung bezüglich des französischen Arbeitsrechts

Die vorbezeichneten Bestimmungen der Vereinbarung werden erst nach Übernahme durch das Gesetz bzw. eine Verwaltungsverordnung in Kraft treten. Wir gehen davon aus, dass die Vereinbarung als Gesetzesentwurf im Laufe des Monats März 2013 vorgelegt wird.

Deutsche Unternehmen mit Niederlassung in Frankreich haben bereits in einer Studie der deutsch-französischen Handelskammer Zweifel über die Effizienz der ausgehandelten Maßnahmen geäußert.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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