Das Wettbewerbsverbot im deutsch-französischen Rechtsvergleich
15.12.14

Sehr häufig stellt sich für den Arbeitgeber beim Verfassen des Arbeitsvertrages die Frage, ob ein nachträgliches Wettbewerbsverbot Sinn macht und ob es vergütet werden muss oder nicht.
Einerseits will der Arbeitgeber vermeiden, dass sein Mitarbeiter beim Ausscheiden zur Konkurrenz wechselt und dabei gegebenenfalls Know-How und wichtige Daten des Unternehmens weitergibt oder sogar vom Wettbewerber genau zu diesem Zweck abgeworben wird. Andererseits möchte der Arbeitgeber vermeiden, dass er den ehemaligen Mitarbeiter für die Einhaltung eines nachträglichen Wettbewerbsverbots überflüssigerweise entschädigt, z.B. weil er schließlich ohnehin nicht zur Konkurrenz wechselt oder ein Wechsel gar keine Gefahr darstellt.
In deutsch-französischen Rechtsbeziehungen ist der Vergleich zwischen dem deutschen und dem französischen Arbeitsrecht zur nachvertraglichen Wettbewerbsklausel besonders interessant. Unterliegt der Arbeitsvertrag deutschem Recht, gelten grundsätzlich dessen zwingende Bestimmungen zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Wurde der Arbeitsvertrag nach französischem Recht geschlossen, muss der Arbeitgeber den juristischen Rahmen einer Wettbewerbsverbotsklausel in Frankreich kennen. Werden diese Vorschriften missachtet, droht dem Arbeitgeber unter Umständen die Nichtigkeit der Klausel.
Grundsätze der Wettbewerbsverbotsklausel auf beiden Seiten des Rheins
Das französische und das deutsche Arbeitsrecht sehen für eine solche Klausel vergleichbare Grundsätze vor. So muss das Verbot durch ein berechtigtes geschäftliches Interesse des Arbeitgebers begründet werden. Nach deutschem Recht ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot auf zwei Jahre beschränkt. Im französischen Arbeitsrecht gibt es dagegen keine gesetzliche Höchstdauer für das Verbot. Vielmehr gilt das Gebot der Angemessenheit.
Die Ausgestaltung der Klausel über das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sollte gerade in Hinsicht auf ihren sachlichen, zeitlichen und räumlichen Geltungsbereich hin präzise formuliert sein. Die Klausel ist unwirksam, wenn sie den gesetzlichen bzw. gegebenenfalls tarifvertraglichen Vorschriften nicht genügt Es ist daher empfehlenswert, sich hierfür von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.
Notwendigkeit einer Entschädigungszusage
Nach deutschem Arbeitsrecht gilt die gesetzliche Norm des § 74 Handelsgesetzbuch (HGB) für das Arbeitsverhältnis. § 74 Abs. 2 HGB sieht vor, dass die Karenzentschädigung mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Vergütung beträgt. Andernfalls ist die Klausel unverbindlich.
Bemerkenswert ist, dass das französische Arbeitsrecht, welches im europäischen Vergleich eines der arbeitnehmerfreundlichsten ist, in diesem Punkt im Gegensatz zum deutschen Arbeitsrecht keine gesetzlich festgelegte Mindesthöhe für die Gegenleistung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots für den Arbeitnehmer vorsieht. Dies relativiert sich aber dadurch, dass die Entschädigungshöhe in Frankreich in vielen Fällen durch den anwendbaren Tarifvertrag bestimmt wird bzw. in Ermangelung einer Bestimmung im Tarifvertrag auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen der Einschränkung und der Karenzentschädigung abgestellt wird. Dabei wird eine Karenzentschädigung von beispielsweise lediglich 10 % des durchschnittlichen monatlichen Bruttoverdiensts von den französischen Gerichten als unzureichend beurteilt. Genauso wie im deutschen Arbeitsrecht hat die Wettbewerbsverbotsklausel ohne entsprechende angemessene Entschädigung keine Rechtswirksamkeit und kann dem Arbeitnehmer nicht entgegen gehalten werden, wenn er zur Konkurrenz gegangen ist.
Verzicht des Arbeitgebers auf die Wettbewerbsverbotsklausel
Nach deutschem Arbeitsrecht darf der Arbeitgeber auf das Wettbewerbsverbot mit der Wirkung verzichten, dass er mit dem Ablauf eines Jahres ab dem Zeitpunkt, an dem seine Verzichtserklärung dem Arbeitnehmer zugegangen ist, von der Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung frei wird. Verzichtet der Arbeitgeber beispielsweise bei der Kündigung seines Mitarbeiters auf die Klausel, hat er jedoch die Karenzentschädigung ein Jahr lang zu zahlen. In manchen Fällen entfällt aber diese Pflicht zur Zahlung.
Nach französischem Arbeitsrecht darf der Arbeitgeber nur dann auf das Wettbewerbsverbot verzichten, wenn dies im Arbeitsvertrag bzw. im Tarifvertrag vorgesehen ist. In allen Fällen muss der Verzicht kurz nach der Kündigung des Arbeitsvertrages erfolgen. Die französischen Tarifverträge setzen oft strengen Voraussetzungen für den Verzicht des Arbeitgebers. Der Verzicht des Arbeitgebers kann z.B von der Zustimmung des Arbeitnehmers abhängig gemacht werden. Der Tarifvertrag kann auch wie im deutschen Recht den Arbeitgeber dazu verpflichten, die Entschädigung für eine bestimmte Zeit zu zahlen.
Die Wettbewerbsverbotsklauseln sind mit großer Sorgfalt zu verfassen
Die Vertragsklausel muss in deutschen und französischen Arbeitsverträgen in vielen Punkten gleich bei Arbeitsvertragsabschluss komplett sein. Sie muss logischerweise Auch in Schriftform bestehen und vom Arbeitnehmer gegengezeichnet werden.
Ist die Wettbewerbsverbotsklausel nicht korrekt verfasst worden, gilt sowohl nach deutschem als auch nach französischem Arbeitsrecht, dass der Arbeitnehmer folgende Wahl hat: Die Klausel geltend machen oder sie ignorieren, es sei denn die Umstände verbieten diese Wahl.
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass bei einer unglücklichen Formulierung im Arbeitsvertrag die Wettbewerbsklausel zu einer Goldmine für den Arbeitnehmer werden kann!
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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