Kündigung kurz vor Betriebsübergang und Zusammenhang

Veröffentlicht am 29.02.24
Beweis des Zusammenhangs zwischen Kündigung und Betriebsübergang
Kündigung kurz vor Betriebsübergang und Zusammenhang
Beweis des Zusammenhangs zwischen Kündigung und Betriebsübergang

In der dynamischen Welt des Arbeitsrechts hat ein neues Urteil Wellen geschlagen, das die Landschaft für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen verändert. Ein junges wichtiges Urteil beleuchtet den kritischen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Kündigung eines Arbeitnehmers und einem darauffolgenden Betriebsübergang. Entscheidend ist, dass das Urteil ein Verbot für bestimmte Handlungen im Kontext dieser Ereignisse etabliert, was weitreichende Auswirkungen für die Praxis der Reorganisation des Unternehmens und der Arbeitnehmerrechte mit sich bringt. Durch dieses Urteil haben sich nämlich die Risiken für Unternehmen signifikant erhöht.

Nachweis des Zusammenhangs zwischen Kündigung und Betriebsübergang

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG Berlin-Brandenburg, 12 Sa 418/23) hat am 17. November 2023 eine bedeutende Entscheidung zu einer Kündigung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang getroffen. Konkret ging es in dem Urteil um die Anforderungen, die an den Zusammenhang zwischen einer Kündigung und einen Betriebsübergang zu stellen sind.

Ausgangspunkt ist herbei § 613a Abs. 4 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), wonach die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils unwirksam ist. § 613a Abs. 4 BGB enthält somit ein eigenständiges Kündigungsverbot, das vom Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) unabhängig ist.

In dem dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um eine als Key Account Managerin angestellte Arbeitnehmerin, die zunächst bei ihrer Vorarbeitgeberin angestellt war. Der Betrieb der Vorarbeitgeberin wurde am 24.09.2021 durch einen Verschmelzungsvertrag von einem anderen Unternehmen übernommen. Die Verschmelzung wurde am 15.12.2021 ins Handelsregister eingetragen. Durch diese Verschmelzung fand unstreitig ein Betriebsübergang im Sinne des deutschen Arbeitsrechts statt.

Am 09.12.2021, somit unmittelbar vor dem Betriebsübergang, ging der Arbeitnehmerin ein Kündigungsschreiben der Vorarbeitgeberin zu. Die Arbeitnehmerin wehrte sich erfolgreich gegen diese Kündigung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage.

Kündigung unwirksam wegen Betriebsübergangs

Das LAG Berlin-Brandenburg hat – wie die Vorinstanz – entschieden, dass die Kündigung wegen § 613a Abs. 4 BGB unwirksam war. Unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des BAG (Bundesarbeitsgericht) hat das LAG die Wirksamkeit der Kündigung an dem Maßstab geprüft, ob der Betriebsübergang die überwiegende Ursache für die Kündigung war und ob der erfolgte Betriebsübergang den entscheidenden Beweggrund für die Kündigung darstellte.

Entscheidend war im vorliegenden Fall die Frage der Beweislast. Auch hier hat das LAG zunächst auf die Rechtsprechung des BAG abgestellt und hervorgehoben, dass es Sache des Arbeitnehmers ist, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die Kündigung wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen wurde.

Zeitlicher Zusammenhang reicht als Hinweis aus

Das LAG hat diese Rechtsprechung des BAG im vorliegenden Fall durchaus relativiert und ausgeführt, dass es als erstes Indiz genügen soll, wenn ein Hinweis auf einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Kündigung und Betriebsübergang besteht. Der Arbeitgeber sei sodann zur Widerlegung des Indizes verpflichtet. Hierzu müsse der Arbeitgeber eine nachvollziehbare Begründung abgeben, weshalb die Kündigung gerade nicht aufgrund des Betriebsübergangs erfolgt sein soll. Wenn der Arbeitnehmer also einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Kündigung und Betriebsübergang darlegen kann, resultiert hieraus nach Auffassung des LAG eine Vermutung zugunsten des Arbeitnehmers, dass die Kündigung gegen das Verbot des § 613a Abs. 4 BGB verstößt. Dies stellt für den Arbeitnehmer eine erhebliche Beweiserleichterung im Prozess dar. Das Urteil des LAG zielt somit auf eine Absenkung der Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast ab.

Verdacht der Kündigung wegen des Betriebsübergangs gefährlich für Arbeitgeber

Das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg zeigt, dass Arbeitgeber bei Kündigungen, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang stehen, zur Vorsicht gemahnt sein sollten. In dem Fall, den das LAG zu entscheiden hatte, wurden die anderweitigen Begründungen des Arbeitgebers nicht für ausreichend erachtet. So wurden der Arbeitnehmerin etwa verschiedene Pflichtverletzungen vorgeworfen, die das LAG nicht für kündigungsrelevant hielt. Das LAG konnte also keine nachvollziehbare Begründung für die Kündigung erkennen, die den Verdacht einer Kündigung wegen des Betriebsübergangs ausschließt. Folglich griff das LAG auf die Vermutung aufgrund des vorliegenden engen zeitlichen Zusammenhangs zurück und entschied zugunsten der Arbeitnehmerin.

Es bleibt abzuwarten, wie sich andere Landesarbeitsgerichte oder auch das BAG zur Beweislast im Zusammenhang mit der Ursächlichkeit von Kündigung und Betriebsübergang zukünftig positionieren werden.

Praxishinweis für Arbeitgeber: Stellen Sie sicher, dass Sie eine sehr solide Begründung für die Kündigung vorweisen können.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: MQ Illustrations

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