Übertragung des Arbeitsvertrages und Betriebsübergang
Veröffentlicht am 30.01.18

Übertragung eines französischen Arbeitsvertrages auf einen anderen Arbeitgeber
Es gibt eine Reihe von Situationen, in denen der Arbeitsvertrag eines französischen Arbeitnehmers von seinem ursprünglichen Arbeitgeber auf einen anderen Arbeitgeber übertragen wird. Beispielsweise kann die IT-Abteilung einer Gesellschaft zugunsten eines IT-Dienstleisters ausgegliedert werden, der zum neuen Arbeitgeber der betroffenen Informatiker wird. Oder ein leitender Buchhaltungsangestellter einer Gesellschaft wird in eine andere Gesellschaft der gleichen Gruppe versetzt, um die Rechnungsabteilung zu leiten.
Für den Arbeitnehmer, ebenso wie für den Arbeitgeber, stellt sich oft die Frage, ob ihnen diese Übertragung vorgeschrieben wird oder ob sie freiwillig ist. In manchen Fällen jedoch ergibt sich die Übertragung aus einer klaren Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es folgt ein Überblick bezüglich der Übertragung ohne Vereinbarung (A.) und mit Vereinbarung (B.) sowie dem gesetzlichen Rahmen. In diesem Zusammenhang spielt der Begriff des Betriebsübergangs eine wichtige Rolle.
A. Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber ohne Vereinbarung zwischen den Parteien: Betriebsübergang
Wenn ein Unternehmen veräußert wird oder auf eine neue Struktur übergeht, insbesondere bei einem Verkauf, einer Verschmelzung oder einer Unternehmensnachfolge, wird das Unternehmen, das den Betrieb fortführt, automatisch zum neuen Arbeitgeber und hat die Arbeitsverträge der zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs beschäftigten Arbeitnehmer zu übernehmen. Man spricht daher von einem „Übergang des Arbeitsverhältnisses“ oder einem „Betriebsübergang“.
Diese Regel bezüglich der Übertragung des Arbeitsvertrages leitet sich aus Artikel L. 1224-1 des französischen Arbeitsgesetzes ab, welcher nur unter Berücksichtigung der reichhaltigen Rechtsprechung des französischen Kassationshofs zu seiner Auslegung verstanden werden kann. Hierbei muss jedoch erwähnt werden, dass Artikel L. 1224-1 des französischen Arbeitsgesetzes eine Umsetzung des EU-Rechts ist. Dies bedeutet also, dass der „Übergang des Arbeitsverhältnisses“ ein in der gesamten Europäischen Union bekanntes Verfahren ist, das sich jedoch in den unterschiedlichen Mitgliedstaaten leicht unterscheidet.
Ab dem Jahr 1977 beabsichtigte das EU-Recht, angesichts der immer zahlreicheren Betriebsübergänge in den Mitgliedstaaten und der unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen in den Ländern, die nationalen Rechtsvorschriften anzugleichen.
Mit dem Ziel, vor allem die von der Übertragung betroffenen Arbeitnehmer zu schützen und die nationalen Rechtsvorschriften anzugleichen, hat die Europäische Union immer mehr Bestimmungen zu diesem Thema erlassen und so die Unterschiede zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten reduziert.
Die europäische Richtlinie 77-187 vom 14. Februar 1977 „zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen“ (ersetzt durch die Richtlinie 2001/23/CE vom 12. März 2011) sieht gleiche Regelungen vor, die jeder Mitgliedstaat in seinem nationalem Recht umsetzen musste. Diese europäische Richtlinie sollte die Rechte des Arbeitnehmers auf gleiche Art und Weise schützen, wenn sein Arbeitsplatz im Rahmen einer Umstrukturierung übertragen wird. In den Vorbemerkungen der Richtlinie werden die immer häufigeren „[Übergänge] von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung“ genannt.
Wann kommt es in Frankreich zum automatischen Übertragung eines Arbeitsvertrages?
Das Gesetz sieht bestimmte Fälle vor, in denen der Übergang der Verträge von Rechts wegen stattfindet, wenn die Bedingungen aus Artikel L. 1224-1 des französischen Arbeitsgesetzes erfüllt sind. Es nennt sich der Betriebsübergang. Dabei handelt es sich beispielsweise um Fälle, die ausdrücklich im Gesetzestext genannt werden, wie die Verschmelzung, den Betriebsübergang, die Unternehmensnachfolge usw.
Artikel L. 1224-1 des französischen Arbeitsgesetzes gibt keine abschließende Liste der anderen Fälle, die zu einem Übergang der Arbeitsverträge von Arbeitnehmern führen. Die Rechtsprechung hat in der Tat Artikel L. 1224-1 des französischen Arbeitsgesetzes eine wesentlich größere Reichweite verliehen.
Wenn also die Bedingungen aus Artikel L. 1224-1 erfüllt sind, werden alle am Tag der Änderung der rechtlichen Situation (Verkauf, Verschmelzung, usw.) bestehenden Arbeitsverträge automatisch in der gegenwärtigen Form auf den neuen Arbeitgeber übertragen, der diese weiter ausführen muss. Alle Verträge, egal welcher Natur, werden übertragen: befristet oder unbefristet, Vollzeit oder Teilzeit, Arbeit vor Ort oder von zu Hause. Dies gilt auch für Ausbildungsverträge. Die einzige Beschränkung ist, dass der Arbeitsvertrag zu diesem Zeitpunkt ausgeführt wird.
Immer wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind, kommt es zum Übergang des Arbeitsverhältnisses:
- Übergang einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit
- Fortführung der übertragenen Tätigkeit
Die Tätigkeit muss also z.B. durch Verkauf, Verschmelzung, Umgestaltung, Nachfolge, usw. übertragen werden. Die Rechtsprechung hat die Situationen Auch von Fall zu Fall definiert, die zu einer Anwendung von Artikel L. 1224-1 des französischen Arbeitsgesetzes führen können. Zum Beispiel werden die Verträge der Informatiker, deren Abteilung ausgegliedert wird, auf die neue Gesellschaft übertragen, die von nun an die IT-Dienstleistungen für den ehemaligen Arbeitgeber übernimmt (Kassationshof 23-1-2002 Nr. 99-46.245 (Nr. 290 F-D), C. c/ SA Orfèvrerie Christofle: RJS 5/02 Nr. 533).
In manchen Berufsgruppen, wie der Wartung in der Eisenbahnindustrie und der Gebäudereinigung, wurden Tarifvereinbarungen getroffen, welche sogar ergänzende Regeln zum Übergang von Arbeitsverträgen festlegen.
Der Mechanismus zum automatischen Übergang des Arbeitsverhältnisses aus Artikel L. 1224-1 des französischen Arbeitsgesetzes
Kommt Artikel L. 1224-1 des französischen Arbeitsgesetzes zur Anwendung, selbst wenn die Situation nicht ausdrücklich im Gesetzestext vorgesehen ist, sie jedoch die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, kann der Arbeitnehmer die Übertragung nicht ablehnen, beispielsweise mit der Begründung, dass er den neuen Arbeitgeber nicht kennt oder ihm nicht vertraut. Diese Regel ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des französischen Kassationshofs.
Wenn ein Arbeitnehmer die Übertragung ablehnt, dann geschieht dies auf eigene Gefahr: Seine Ablehnung führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis durch sein Verschulden aufgelöst wird, außer er trifft mit seinem letzten Arbeitgeber eine abweichende Vereinbarung. Wenn der Vertrag übertragen wird und der Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz erscheint, ist die außerordentliche Kündigung wegen unerfüllter Arbeitsleistung begründet.
Die Tatsache, dass Frankreich den übertragenen Arbeitnehmern das Recht abspricht, den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses abzulehnen, steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH 24. Januar 2002. – Temco Service Industries SA contre Samir Imzilyen et autres).
Es ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass sowohl der ursprüngliche als auch der neue Arbeitgeber im Falle eines automatischen Übergangs wie im Gesetz vorgesehen einer Reihe von gesetzlichen Pflichten unterliegen.
Es gibt Regelungen zur zeitlichen Abgrenzung der (unter anderem) finanziellen Verpflichtungen der beiden Arbeitgeber, wie zum Beispiel im Fall des bezahlten Urlaubs:
- Der erworbene bezahlte Urlaub, der bis zur Übertragung des Arbeitsvertrages nicht genommen wurde, muss vom neuen Arbeitgeber finanziell übernommen werden;
- Bereits vor dem Arbeitgeberwechsel eingereichter Urlaub kann nicht oder nur in Ausnahmefällen nachträglich geändert werden.
B. Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber durch Übergangsvereinbarung
Wenn die Voraussetzungen zur Anwendbarkeit von Artikel L. 1224-1 nicht erfüllt sind, können die am Vertrag beteiligten Parteien (Arbeitnehmer / Arbeitgeber / zukünftiger Arbeitgeber) übereinkommen und eine Vereinbarung, die die Übertragung vorsieht , unterzeichnen. Es handelt sich hierbei um eine Dreiervereinbarung.
Es besteht dabei die Möglichkeit der freiwilligen Anwendung von Artikel L. 1224-1. Diese hat in Bezug auf den Arbeitnehmer die gleichen Auswirkungen wie die gesetzliche Anwendung:
- Berücksichtigung der bisherigen Betriebszugehörigkeit
- Höhe des Gehalts und Qualifikation nach dem Tarifvertrag.
Des Weiteren hat der Arbeitnehmer selbstverständlich keinen Anspruch auf Zahlung einer Kündigungsentschädigung aufgrund des Übergangs.
Es ist anzumerken, dass der Arbeitnehmer im Falle einer freiwilligen Anwendung von Artikel L. 1224-1 des französischen Arbeitsgesetzes eine Vereinbarung unterzeichnen muss: Der Arbeitnehmer kann nämlich prinzipiell den vom Arbeitgeber gewünschten Übergang seines Arbeitsverhältnisses ablehnen. Es handelt sich in der Tat um eine Änderung seines Arbeitsvertrages, die der ausdrücklichen Zustimmung des Arbeitnehmers bedarf. Der Arbeitgeber muss also die ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers einholen, welche sich nicht einfach aus einer widerspruchslosen Fortsetzung der Arbeitsleistung im Dienst des neuen Arbeitgebers ergeben kann.
Fazit – genau prüfen, ob der Übergang auch tatsächlich stattgefunden hat
Vor allem in Unternehmensgruppen gibt es zahlreiche Übergänge von Arbeitsverträgen von einem Unternehmen des Konzerns auf ein anderes und die ausgearbeiteten Vereinbarungen sind ebenso vielfältig wie die Übergangssituationen an sich. In jedem konkreten Fall sollte genau überprüft werden, ob der Übergang aus rechtlicher Sicht tatsächlich stattgefunden hat oder nicht und ob der ursprüngliche Arbeitsvertrag auch wirklich beendet wurde. In der Praxis ist die Rechtslage in Bezug auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht immer ganz eindeutig. Bei der Ausarbeitung einer Vereinbarung ist also äußerste Vorsicht in Hinblick auf ihre Folgen geboten.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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