Die Fristen der Prüfung durch die französische Behörde im Bereich der Sozialabgaben

20.07.15
Wie lange dauert die Prüfung durch die Sozialversischerungsträger in Frankreich?
Wie lange dauert die Prüfung durch die Sozialversischerungsträger in Frankreich?
Wie lange dauert die Prüfung durch die Sozialversischerungsträger in Frankreich?

Prüfung der Sozialabgaben durch die Sozialversicherungsträger und Rechte des französischen Arbeitgebers im Verfahren

Beim Prüfungsverfahren gegenüber dem Arbeitgeber durch die Sozialversicherungsträger URSSAF) wird zum Schutz der Verteidigungsrechte des Arbeitgebers ein strikter Formalismus beachtet. So muss der Prüfer am Ende der Prüfung, ein Mitteilungsschreiben verfassen, in dem er den Arbeitgeber über den Umfang der Prüfung, Bemerkungen für die Zukunft und eventuelle Berichtigungen und Versäumniszuschläge und Strafen sowie und über die Möglichkeit des Widerspruchs dieser Stellungnahme innerhalb von 30 Tagen informiert. Nach einer ständigen Rechtsprechung ist diese Information sehr wichtig.

Im Artikel R. 243-59 des Sozialgesetzbuchs (Code de la sécurité sociale) wird allerdings im Absatz 9 Folgendes hinzugefügt: „Bei Ausbleiben der Mitteilung gilt stillschweigendes Einverständnis betreffend des Prüfungsgegenstandes, soweit die Sozialversicherungsträger die Gelegenheit hatten, in voller Kenntnis der Sachlage Stellung zu nehmen (…).“ Es wird dabei keine Frist festgelegt, innerhalb welcher dieses stillschweigende Einverständnis als eingeschritten gilt.

Nach einer vorhergehenden Rechtsprechung muss daraus gefolgert werden, dass die Verwaltung an keine Frist gebunden ist, um ihr Mitteilungsschreiben zu erstellen und etwaige Sozialabgaben nachzufordern. So kann viel Zeit verstreichen, bevor die URSSAF dieses Schreiben zukommen lässt, obwohl der Arbeitgeber sich eigentlich in Sicherheit vor jeglicher Nachforderung gefühlt hatte.

Kein stillschweigendes Einverständnis des Prüfungsgegenstandes ohne Bestimmung einer Frist durch das Sozialversicherungsgesetz

In einem jungen Urteil der 2. Zivilkammer des französischen Kassationshofs, das am 28.05.2015 gefällt wurde, hat dieses Gericht diese Rechtsprechung verdeutlicht. In dieser Angelegenheit wurde die Gesellschaft Système U Nord Ouest in den Monaten März und April 2009 für die Jahre 2007 und 2008 durch die Behörde URSSAF überprüft. Die letzte schriftliche Mitteilung vonseiten des Sachbearbeiters datierte vom 21.07.2009. Erst am 20.10.2010, d.h. nach 15 Monaten Stillschweigen, hat der Arbeitgeber ein Mitteilungsschreiben erhalten, in dem insbesondere zwei Berichtigungssgründe beinhaltet waren, gefolgt von einer Mahnung zur Zahlung von Sozialabgaben und Säumniszuschlägen. Da sie der Meinung war, dass die URSSAF nach fünfzehn Monaten Schweigen keine Sozialabgaben nachfordern konnte, hat die Firma daraufhin eine Klage an das Sozialgericht gerichtet. Über die Angelegenheit wurde erneut im Rahmen einer Berufung geurteilt, wobei das Landgericht von Rouen der URSSAF Recht gegeben hat.

Die Gesellschaft hat sich an den Kassationshof gewendet und die Regel bezüglich des stillen Einverständnisses aus dem Sozialversicherungsgesetzbuch, das Rechtssicherheitsprinzip und den Artikel 6§1 der europäischen Menschenrechtskonvention, der das Recht auf einen fairen Prozess sichert, geltend gemacht.

Betreffend des Anspruchs auf einen fairen Prozess hat der Kassationshof befunden, dass dieser in der Angelegenheit nicht bestand. Der Hof hat ebenfalls erklärt, dass das Rechtssicherheitsprinzip nicht missachtet wurde.

Das hohe Gericht hat sich intensiver mit der Überprüfung der Einhaltung der obengenannten Bestimmungen des Sozialversicherungsgesetzes durch die Sozialversicherungsträger beschäftigt.

  • Es hat als Erstes befunden, dass das Sozialgesetzbuch nicht angibt, nach welcher Frist das stillschweigende Einverständnis der URSSAF für die geprüften Sozialversicherungsbeiträge gilt und dem entsprechend dessen Verzicht auf jegliche Nachforderung von Sozialabgaben rechtskräftig wird. Daraus sei zu schließen, dass diese Behörde durch keine Frist gebunden sei, um ihre Überprüfung abzuschließen und dass dies erst bei Versendung des Mitteilungsschreiben geschieht. Der Arbeitgeber müsse also auf die Zustellung des Mitteilungsschreiben warten, um sich sicher zu sein, dass von ihm keine Sozialabgaben nachgefordert werden;
  • Als Zweites hat der Gerichtshof befunden, dass die lange Dauer der Überprüfung durch die komplexe Gesetzgebung und den Ausmaß der Nachforderungen gerechtfertigt sei. Der Gerichtshof hat außerdem darauf hingewiesen, dass der Sachbearbeiter der Behörde in einem Schreiben an die Firma vom 6.12.2010 erklärt hatte, dass er diese über die Komplexität der Überprüfung während der Prüfungsbesuche im März und April 2009 mündlich informiert hatte und dass diesen Erklärungen vor Gericht nicht genügend widersprochen worden sei.

Auf diese Weise hat der Kassationshof die Tatsache gerechtfertigt, dass die Sozialversicherungsträger den Arbeitgeber hatte warten lassen, ohne ihm jegliche Informationen zukommen zu lassen. So hat das stillschweigende Einverständnis über die Prüfung aus dem Sozialversicherungsgesetzbuch keinen rechtlichen Wert, denn es wird nicht durch den Richter umgesetzt. Daraus folgt, dass die Behörde, bis zum Abschluss ihrer Überprüfung, weder eine bestimmte Frist beachten, noch den Arbeitgeber über den Sachstand informieren muss, bevor sie ihm das Mitteilungsschreiben aushändigt.

Beschränkung der Dauer der Prüfung durch die URSSAF in gewissen Fällen

Frist der Prüfung in der SozialversicherungDer Gesetzgeber hat vor kurzer Zeit seine Absicht bekundet, im Rahmen der URSSAF-Prüfungen den kleineren Unternehmen mehr Rechte einzuräumen. So wurde durch das Gesetz zur Finanzierung der Sozialversicherung für 2015 ein Artikel L. 243-13 in das Sozialversicherungsgesetzbuch eingeführt, nach dem für die Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten oder für die Selbständigen die Dauer der Kontrolle, die ab dem Beginn der Kontrolle selbst bis zum Mitteilungsschreiben geht, sich nicht mehr als 3 Monate, die einmal verlängert werden können, erstrecken darf. Dies bedeutet, dass die URSSAF-Prüfungen eine Höchstdauer von 6 Monaten haben. Davon ausgenommen sind jedoch die Fälle der Schwarzarbeit, Hindernis an der Prüfung, Rechtsmissbrauch sowie Feststellung einer lückenhaften Buchhaltung oder auch nicht verwertbaren Unterlagen. Wenn das geprüfte Unternehmen einer Unternehmensgruppe angehört, wird die Zahl der Beschäftigten der gesamten Gruppe in Betracht gezogen und nicht nur die des Betriebs.

Daraus folgt, dass bezüglich der Unternehmen mit weniger als 10 Angestellten, mit Ausnahme der vorgenannten Fälle, die Kontrolle nicht mehr als 6 Monate dauern darf. Eine bestimmte Strafe im Falle einer Überziehung dieser Frist durch die Verwaltung wurde jedoch nicht vorgesehen.

Wenn das Unternehmen aber größer ist, muss der Arbeitgeber vorsichtig sein. Es wird dem Arbeitgeber geraten, auf die mündlichen Erklärungen des Sachbearbeiters der URSSAF zu achten, da diese den Fortlauf der Prüfung beeinflussen können und im Falle eines Rechtsstreits vom Richter in Betracht gezogen werden. Es wird außerdem geraten, sich vor dem Erhalt des offiziellen Mitteilungsschreibens nicht in Sicherheit zu wiegen, auch wenn viel Zeit seit dem Besuch der Behörde verlaufen ist.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

Alle Urheberrechte vorbehalten

Bilder: BillionPhotos und tashatuvango

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