Die neue URSSAF-Sozialversicherungsprüfung

19.09.16
Sozialversicherungsbeiträge in der Prüfung
Die neue URSSAF-Sozialversicherungsprüfung
Sozialversicherungsbeiträge in der Prüfung

Neue ab 2016 auf die URSSAF-Prüfungen anwendbare Regeln

Durch eine Durchführungsverordnung vom 08.07.2016 zielt die französische Regierung auf die Stärkung der Rechte und Garantien für die Arbeitgeber im Rahmen des Kontrollverfahrens der URSSAF (Union de recouvrement des cotisations de sécurité sociale et d’allocations familiales; zu Deutsch: Verband zur Eintreibung der Beiträge der Krankenkasse und Familienbeihilfe) im französischen Sozialrecht ab. Die neuen Bestimmungen gelten für die ab dem 11.07.2016 vorgenommenen Prüfungen und sollten dazu beitragen, den Unternehmen eine bessere Vorbereitung auf dieses so sehr befürchtete Ereignis zu ermöglichen.

Die französische Regierung hatte sich bereits Anfang dieses Jahres um die Unternehmen bemüht, indem die Möglichkeit des Abschlusses eines Vergleiches mit dem Sozialversicherungsträger URSSAF eröffnet wurde.

Einführung eines Rechts auf Irrtum zu Gunsten des Beitragszahlers in der Sozialversicherungsprüfung

Falls der Arbeitgeber aus eigener Initiative einen unbeabsichtigten Irrtum in seiner Erklärung feststellen sollte, sieht die Durchführungsverordnung vom 08.07.2016 eine Befreiungsmöglichkeit von der Zahlung von Bußgeldern und Verzugszinsen vor. Dazu muss der gut Glaube des Unternehmens folgendermaßen ersichtlich werden. Der Irrtum hat zum nächsten Fälligkeitstermin für die Beitragszahlung berichtigt zu werden, wobei die zwei folgenden Bedingungen beachtet werden müssen:

  • die berichtigte Sozialversicherungs-Melde- und Abgabe-Erklärung und die Nachzahlung müssen spätestens am ersten Fälligkeitsdatum nach der ersten Erklärung und der ersten Auszahlung erfolgen;
  • die nachzuzahlende Summe muss unter 5% des Betrages des Sozialversicherungsbeitrags laut erster Erklärung liegen.

Verbesserte Vorbereitungsmöglichkeiten für den Arbeitgeber dank der neuen Regeln über die URSSAF-Sozialversicherungsprüfung

Hat die URSSAF vor, eine Betriebsprüfung einzuleiten, ist der Sozialversicherungsträger dazu verpflichtet, das betroffene Unternehmen durch einen Bescheid davon in Kenntnis zu setzen.
Bisher haben die französischen Bestimmungen keine Mindestfrist zwischen der Sendung dieses Bescheids und dem Beginn der Sozialversicherungsprüfung festgelegt. Nun hat der Bescheid 15 Tage vor dem ersten Besuch des URSSAF-Fahnders im Unternehmen gesendet zu werden. Bei Nicht-Beachtung dieser 15-Tagesfrist kann wegen Formmangel gegen die Prüfung Einspruch eingelegt werden.

Aus offensichtlichen Gründen gilt die Verpflichtung zur Sendung des Bescheids nicht bei einer Prüfung zur Feststellung von Schwarzarbeit. Allerdings sieht die Durchführungsverordnung vom 08.07.2016 vor, dass der Kontrollbeamte dem kontrollierten Arbeitgeber ein Bescheid übermitteln muss, wenn er keine Schwarzarbeit feststellen konnte, die Prüfung jedoch bezüglich anderer gesetzlicher Bestimmungen fortsetzt.

Vereinfachung der URSSAF-Sozialversicherungsprüfung dank der Reform

Eine Berichtigung der Sozialversicherungsbeiträge durch die URSSAF bezüglich in einem vorigen Kontrollverfahren nicht festgestellter Verstöße ist nicht mehr möglich. Tatsächlich können laut Durchführungsverordnung vom 08.07.2016 die vorher kontrollierten Verstöße, die nicht vermerkt wurden, nicht mehr durch die URSSAF berichtigt werden. Es gibt hierzu zwei Voraussetzungen:

  • die URSSAF oder die Kontrollbehörde hatte hinsichtlich der eingesehenen Unterlagen die Gelegenheit sich in voller Kenntnis der Sachlage bezüglich des betroffenen Sachverhalts auszusprechen;
  • die Rechts- und Sachlage in Bezug auf den geprüften Sachverhalt sind unverändert.

Zugang zum EDV-System durch den FahnderFerner garantieren die neuen Bestimmungen einen vereinfachten Zugang zum EDV-System des geprüften Unternehmens.

Bei elektronischer Lohnbuchhaltung und Buchhaltungssystemen nimmt der URSSAF-Prüfer üblicherweise seine Überprüfungen vor, indem er sich dem EDV-System des Unternehmens bedient. Zur Erleichterung seiner Aufgabe kann er von nun an die Zurverfügungstellung einer befugten Person für die Durchführung von Handlungen auf dem EDV-System des Unternehmens verlangen.

Bisher konnte das französische Unternehmen die Durchführung der Prüfung durch die URSSAF auf dem EDV-System ablehnen. Nun muss das Unternehmen versuchen, alternative Lösungen vorzuschlagen und dabei Fristen beachten.

Stärkung des Informationsrechts des geprüften Arbeitgebers beim Abschluss der URSSAF-Sozialversicherungsprüfung

Inhalt des vorläufigen Prüfungsberichts: Die URSSAF ist weiterhin dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber den vorläufigen Prüfungsbericht bei Abschluss der Prüfung zu übermitteln. Dieser beinhaltet gewisse zwingende Angaben, wie der Gegenstand der Prüfung, die eingesehenen Unterlagen und gegebenenfalls die während der Prüfung bezüglich der in Betracht gezogenen Berichtigungen aufgenommenen Anmerkungen. Diese Anmerkungen müssen nunmehr für jeden Vorwurf der URSSAF begründet sein, der zu einer Berichtigung führen könnte und ferner muss die Methodik der Berechnung der berichtigten Sozialversicherungsbeiträge erscheinen.

Pflicht einer detaillierten Antwort auf die Anmerkungen des Arbeitgebers im Anschluss auf die URSSAF-Sozialversicherungsprüfung: Die URSSAF kann sich nicht mehr auf knappe Antworten auf die Anmerkungen des Unternehmens beschränken. Der URSSAF-Beamte muss nunmehr eine fundierte Antwort für jede Berichtigung und jede Anmerkung des Arbeitgebers liefern. Diese Antwort muss außerdem die Beträge der beibehaltenen bzw. aufgebebenen Berichtigungen angeben.

Für den Arbeitgeber vorteilhaftere Form der URSSAF-Sozialversicherungsprüfung

Der Mahnbescheid der URSSAF muss nunmehr begründet sein. Dabei muss betont werden, dass die URSSAF vor Eintreibung von geschuldeten Beträgen das Unternehmen mit Mahnschreiben auffordern muss, spontan zu zahlen. Bisher beinhaltete dieses Schreiben lediglich den Grund, die Art und die Höhe der geforderten Beträge, die geltenden Säumniszuschläge und Strafgebühren sowie den Bezugszeitraum.

Die Durchführungsverordnung vom 08.07.2016 sieht außerdem ab dem 01.01.2017 die folgenden zusätzlichen Pflicht-Angaben im Mahnschreiben vor:

  • Berichtigungen laut vorläufigem und nach einem Austausch mit dem Arbeitgeber endgültigem Prüfungsbericht für den betroffenen Prüfungszeitraum;
  • Aktenzeichen und Datum des vorläufigen Berichts sowie Angabe des letzten Schreibens durch die Fahnder im Rahmen des Austauschs mit dem geprüften Unternehmen.

Die Verbesserung der Verteidigungsmöglichkeiten für das Unternehmen dank der Reform durch die Durchführungsverordnung vom 08.07.2016 ergibt sich auch aus der Fristverlängerung zum Vorteil des Unternehmens. Bisher verfügte der geprüfte Arbeitgeber über eine Frist von einem Monat zum Einspruch. Durch die Durchführungsverordnung vom 08.07.2016 wurde die Einspruchserhebungsfrist beim Rechtsmittelausschuss auf zwei Monate ab dem 01.01.2017 erhöht.

Falls sich schließlich herausstellt, dass die URSSAF dem Arbeitgeber im Rahmen der Prüfung Beträge zurückzahlen muss, hat die Behörde von nun an diese Rückerstattung zuzustellen und diese binnen maximal 4 Monaten ab der Zustellung vorzunehmen.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass der französische Arbeitgeber mit dieser Reform mehr Garantien hat und somit dem Niveau der Garantien des Steuerpflichtigen im Rahmen der Betriebsprüfung näherkommt. Unserer Ansicht nach werden diese neuen Rechte dem geprüften Unternehmen ermöglichen, die Strategie der Verwaltung besser zu verstehen und die Verteidigungsargumente gleich in der Prüfung vorzubereiten. Es ist daher sehr wichtig, gleich in diesem Stadium den richtigen Berater an seiner Seite zu haben.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

Alle Urheberrechte vorbehalten

Bilder: matteo, Stefan Andronache

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