Keine Entschuldigung für sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

21.09.17
Sexuelle Belästigung im Job
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Sexuelle Belästigung im Job

Der französische Kassationshof bestätigt die Disziplinarmaßnahme auf Grund sexueller Belästigung

Am 13.07.2017 hat der französische Kassationshof sich für die außerordentliche Kündigung eines Belästigers ausgesprochen. Der betroffene Arbeitnehmer hatte seiner Kündigung widersprochen mit der Begründung, dass die vom Arbeitgeber gewählte Disziplinarmaßnahme unverhältnismäßig sei. Er stützt sich dabei auf Artikel L. 1153-6 des französischen Arbeitsgesetzes, der bei sexueller Belästigung lediglich „eine Disziplinarstrafe“ vorsieht, welche beispielsweise aus einer Verwarnung bestehen kann. Der Arbeitnehmer versucht dabei, sich die Ungenauigkeit des Textes zu Nutzen zu machen. Mit ihrem Beschluss vom 13.07.2017 bestätigen die obersten Richter, dass der Tatbestand der sexuellen Belästigung als schwerwiegendes Verschulden im Sinne des französischen Arbeitsrechts angesehen werden kann, und zwar ungeachtet der Umstände.

Die Vorwürfe der sexuellen Beläsitigung gegen den Arbeitnehmer

In vorliegenden Fall handelt es sich beim Arbeitnehmer um einen leitenden Angestellten, der seit 1989 im Unternehmen als Ingenieur arbeitet. Die Assistentin seines Vorgesetzten hat sich bei diesem Vorgesetzten über das Verhalten ihres Kollegen beschwert: Er macht wiederholt Annäherungsversuche und unangebrachte Anspielungen, dass er sich zu ihr hingezogen fühle. Er schickt ihr beleidigende und obszöne Nachrichten auf ihre geschäftliche E-Mail-Adresse. Die Heftigkeit dieser Äußerungen nimmt im Laufe der Zeit immer mehr zu. Der Arbeitgeber hat daraufhin den Arbeitsplatz der Mitarbeiterin geändert und anschließend dem Ingenieur mit dem wegen sexueller Belästigung fristlos gekündigt.

Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung unverhältnismäßig für das Berufungsgericht

Die Berufungsrichter lehnen den Kündigungsgrund des schwerwiegenden Verhaltens ab und umqualifizieren die Kündigung als ordentliche Kündigung. Nach Ansicht der Richter muss zur Festlegung der Sanktion wegen sexueller Belästigung nicht nur das Fehlverhalten des Mitarbeiters und dessen Folgen betrachtet werden, sondern auch der vorherige Werdegang des Arbeitnehmers. Das Berufungsgericht hat diese Umqualifizierung in Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vorgenommen. Der Tatbestand der sexuellen Belästigung könnte dieser Argumentation folgend durch den Werdegang des Täters abgeschwächt werden. Aus Sicht der Richter rechtfertigt der Tatbestand nicht die fristlose Kündigung, trotz des „besonders verletzenden Verhaltens„. Der „bisherige Werdegang des Betroffenen im Unternehmen […] kann nicht außer Acht gelassen werden„.

Keine Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei sexueller Belästigung

Der Kassationshof hat sich dieser Begründung nicht angeschlossen und ist dabei seinen Leitsätzen bei der Rechtsprechung zu diesem Thema treu geblieben. Die Richter lehnen es ab, den Werdegang des Täters miteinzubeziehen und legen die Kündigung wegen sexueller Belästigung ausschließlich auf Basis des Fehlverhaltens und dessen Folgen fest. Der Werdegang des Täters hat keinen abmildernden Einfluss darauf.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: thodonal

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