Die willkürliche Mitarbeiterüberwachung ist unzulässig
31.10.17

Mitarbeiterüberwachung am PC: jüngste Entscheidung des BAG
Ein Arbeitgeber darf seine Mitarbeiter nicht willkürlich und ohne Anlass hinsichtlich seiner Tätigkeiten am PC mittels eines Keyloggers überwachen. Dies ist insbesondere nicht zulässig, soweit kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht. So hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 27. Juli 2017 geurteilt.
Installation eines Keyloggers am Arbeitsplatz eines Webentwicklers
Der Arbeitnehmer war bei seiner Firma seit 2011 als Webentwickler beschäftigt. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses verpflichtete er sich schriftlich, Hard- und Software ausschließlich zur Erfüllung dienstlicher Zwecke zu verwenden.
Im Rahmen der Einrichtung eines neuen WLAN-Netzwerkes mit schnellerer Internetverbindung kündigte die Firma im April 2015 an, sämtlichen Internet-Traffic und die Benutzung der Systeme zu überwachen, um die Firma vor illegaler Internetnutzung zu schützen. Auf dem Rechner des Arbeitnehmers wurde sodann ein sogenannter Keylogger installiert, der sämtliche Tastatureingaben des Arbeitnehmers protokollierte und regelmäßig Screenshots erstellte.
Nach Auswertung der mit Hilfe des Keyloggers erstellten Dateien fand ein Gespräch mit dem Arbeitnehmer statt. In diesem räumte er ein, seinen Dienst-PC während der Arbeitszeit auch privat genutzt zu haben. Der Arbeitnehmer hatte in der Zeit von Januar bis April 2015 circa drei Stunden auf die Programmierung eines Computerspiels für die Firma seines Vaters verwendet. Pro Tag erstreckten sich seine privaten Tätigkeiten auf etwa zehn Minuten. Daraufhin wurde dem Arbeitnehmer außerordentlich und fristlos gekündigt.
Fristlose Kündigung wegen privater Nutzung des PCs ohne Abmahnung rechtsunwirksam
In seiner Begründung vertritt das Bundesarbeitsgericht die Meinung, dass kein wichtiger Grund vorliegt, der die fristlose Kündigung rechtfertigen würde. Ferner seien die mittels des Keyloggers gewonnenen Erkenntnisse nicht verwertbar.
Die tägliche Privatnutzung für ca. 10 Minuten stelle laut BAG zwar eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers dar, jedoch sei die ausgesprochene fristlose Kündigung mangels vorheriger Abmahnung unverhältnismäßig. Die vorherige Abmahnung ist nämlich erforderlich, wenn die Kündigung:
- entweder wegen eines Verhaltens des Arbeitnehmers erfolgt, dass dieser steuern kann oder
- wenn sich die Kündigung auf einen Grund in der Person des Arbeitnehmers stützt, den dieser durch steuerbares Verhalten beseitigen kann.
Es galt vorliegend als hinreichend wahrscheinlich, dass der Arbeitnehmer sein Fehlverhalten nach entsprechendem Hinweis geändert hätte. Vertane Arbeitszeit und der möglicherweise verursachte Schaden durch den Arbeitnehmer erreichten vorliegend nicht die Schwelle der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber.
Ferner habe der Arbeitgeber nicht belegen können, dass die kurze Zeit, die zur unzulässigen Privatnutzung aufgewendet wurde, die Arbeitsleistungen schwerwiegend beeinträchtigt. Stattdessen hätte der Arbeitgeber das Fehlverhalten des Arbeitnehmers einmalig hinnehmen können, um diesen anschließend auf sein Fehlverhalten hinzuweisen
Einsatz eines Keyloggers nur unter eingeschränkter Voraussetzung des Verdachts einer Straftat oder einer schwerwiegenden Pflichtverletzung
Die durch den Keylogger gewonnenen Erkenntnisse über die Privattätigkeiten des Klägers dürfen laut BAG im gerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden, da sie gegen das Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verstoßen. Der Arbeitgeber war auch nicht gemäß § 32 Abs. 1 BDSG zur Datenerhebung berechtigt. Dafür bedarf es laut BAG eines auf Tatsachen beruhenden Verdachts einer Straftat oder einer schwerwiegenden Pflichtverletzung.
Vorliegend käme die zeitlich nicht begrenzte Überwachung mittels des Keyloggers wegen ihrer Intensität einer Videoüberwachung gleich. Zwar stelle der Keylogger keine optische Überwachung dar, jedoch wird mittels des Keyloggers sämtliche Tätigkeit inklusive Zwischenspeicherungen des Arbeitnehmers an seinem Dienstrechner irreversibel erfasst und gespeichert. Dies stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, sodass die auf Grund des Keyloggers gewonnenen Erkenntnisse beweisrechtlich unverwertbar seien. Dies führt dazu, dass der Arbeitgeber vorliegend nahezu sämtlichen Beweis schuldig geblieben ist und damit der fristlosen Kündigung und auch der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung jegliche Grundlage fehlt.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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