Zustellung und Vollstreckung der Gerichtsentscheidung in der EU
31.05.12

Zustellung und Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung in der EU : Kurze Zusammenfassung des Europarechts
In der europäischen Union werden die Urteile sowie alle gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücke gemäß der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1393/2007 vom 13.11.2007 über die Grenze zugestellt, d.h. der Gegenseite offiziell übermittelt. Diese europäische Verordnung setzt die Zustellungsmodalitäten zwischen den Mitgliedstaaten der EU fest, um diese im Ausland zu vereinfachen und zu sichern.
Das Vollstreckungsverfahren einer gerichtlichen Entscheidungaus einem Mitgliedstaat in einem anderen Mitgliedstaat, das der Zustellung dieser Entscheidung folgt, wird ebenfalls durchBestimmungen des Europarechts geregelt.
In Frankreich ist das Landgericht(Tribunal de Grande Instance) für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung einer von einem Gericht eines anderen EU-Lands erlassenen Entscheidung zuständig.
Vollstreckung einer ausländischen Gerichtsentscheidung in Frankreich
Der französische Kassationshof (Cour de cassation) hat kürzlich einen Urteil (Kassationshof, erste Zivilkammer vom 12.4.2012, Nr.10-23.023) bezüglich der Zuständigkeit der Geschäftsstelle des Gerichts im Rahmen der Anerkennung der Vollstreckbarkeit einer ausländischen Entscheidung zum europäischen Recht erlassen. Es handelte sich um die Vollstreckung eines italienischen Bescheids, d.h eine Entscheidung, die ohne die Möglichkeit für den Schuldner, sich vertreten zu lassen, ergangen worden ist.
Eine italienische Gesellschaft hat vor einem italienischen Gericht Zahlungsklage gegen eine in Frankreich wohnhafte Person erhoben. Der Bescheid wurde im Einklang mit den Bestimmungen des europäischen Rechts durch das italienische Gericht nach Frankreich per Schreiben zugestellt. Die italienische Gesellschaft hat im zweiten Schritt einen Antrag vor dem französischen Landgerichtzum Zwecke der Zwangsvollstreckung der Entscheidung in Frankreich eingereicht. Das französische Gericht hat dem Antrag zugestimmt. Der Schuldner hat gegen diese französische Entscheidung Berufung eingelegt.
Der französische Schuldner hat insbesondere vorgetragen, dassdas französische Gericht anlässlich der Anerkennung der Vollstreckbarkeit der italienischen Entscheidung, nicht geprüft habe, ob die Modalitäten der durchgeführten Zustellung es ihm ermöglicht haben, einen tatsächlichen Rechtsbehelf gegen den italienischen Bescheid einzulegen.
Das Berufungsgericht hat diese Argumentation abgelehnt. Der Kassationshof hat dagegen das Urteil der 1. Instanz bestätigt. Laut Urteil des Kassationshofs ist das für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung zuständige Gerichtzur Prüfung der Frage verpflichtet, ob der Beklagteüber ausreichend Zeit verfügt hat, um einen Rechtsbehelf einzulegen.
Diese Entscheidung stärkt den Schutz der Partei, gegen die vollstreckt wird. Bei Gerichtsverfahren aus anderen Mitgliedstaaten der europäischen Union ist für den Rechtsanwalt des Gläubigers Vorsicht geboten.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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