Ablehnung der Ernennung eines Sachverständigen zur Bestimmung vom Preis der Geschäftsanteile

09.09.22
Preis der Geschäftsanteile und gerichtlich bestellter Sachverständiger
Ablehnung der Ernennung eines Sachverständigen zur Bestimmung vom Preis der Geschäftsanteile
Preis der Geschäftsanteile und gerichtlich bestellter Sachverständiger

Die Ernennung eines Sachverständigen für die Geschäftsanteile

Artikel 1843-4 des frz. Zivilgesetzbuches sieht die Ernennung eines Sachverständigen vor, der mit der Bestimmung des Preises für den Verkauf von Geschäftsanteilen eines Gesellschafters betraut ist, wenn der abtretende Gesellschafter und der potenzielle Käufer sich uneinig sind über den Preis.

Der Sachverständige wird entweder einvernehmlich von den Parteien oder von dem Präsidenten des zuständigen Land- oder Handelsgerichts ernannt.

Wenn dem Präsidenten des zuständigen Gerichts ein Antrag auf Ernennung eines Sachverständigen auf der Grundlage von Artikel 1843-4 des frz. Zivilgesetzbuches zugeht, erlässt er einen Beschluss zur Ernennung eines Sachverständigen. Dieser Ernennungsbeschluss kann ausschließlich bei einer „offensichtlichen Überschreitung von Befugnissen“ Gegenstand einer Berufung vor dem Berufungsgericht sein, d. h., wenn der Richter seine gesetzlichen Verpflichtungen nicht erfüllt (beispielsweise Entscheidungsverweigerung über einen Punkt, dessen Untersuchung ihm gesetzlich obliegt) oder wenn er über seine Befugnisse hinausgeht. Diese Lösung gilt sowohl, wenn der Präsident einen Sachverständigen ernennt als auch wenn er einen Ernennungsantrags ablehnt.

In einem kürzlich ergangenen Urteil hat der frz. BGH, der Kassationshof, dieses Prinzip fein differenziert (Kassationshof, Kammer für Handelssachen, 25.05.2022, Nr. 20-14352).

Vorweg empfehlen wir die Beratung im französischen Gesellschaftsrecht im Streitfall durch einen deutsch-französischen Anwalt bei der

Uneinigkeit über den Preis der Geschäftsanteile

In dem vorliegenden Fall waren zwei Gesellschafter einer frz. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (société civile immobilière, kurz SCI) ausgeschlossen worden. Ein Schiedsrichter hatte folglich über die Folgen dieses Ausschlusses entschieden und den Nettowert der SCI auf -40.627 Francs festgelegt. Die Gesellschafter der SCI nahmen diese Bewertung zur Kenntnis und schlugen den ausgeschlossenen Gesellschaftern vor, ihre Geschäftsanteile für einen symbolischen Franc zurückzukaufen. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt.

Die Uneinigkeit über den Kaufpreis wurde ein erstes Mal vor Gericht vorgetragen. Im Berufungsverfahren wurden die Partien angewiesen, das Verfahren des Artikels 1843-4 des frz. Zivilgesetzbuches zu befolgen.

Keine Ernennung eines Sachverständigen zur Wertbestimmung der Geschäftsanteile

Die ausgeschlossenen Gesellschafter haben die SCI folglich ein erstes Mal vor dem Präsidenten des Landgerichts auf Grundlage von Artikel 1843-4 des frz. Zivilgesetzbuches verklagt und die Ernennung eines Sachverständigen zur Bestimmung des Preises ihrer Geschäftsanteile beantragt. Ihr Antrag wurde durch einen Ablehnungsbeschluss des Präsidenten des angerufenen Landgerichts zurückgewiesen: Der Schiedsspruch, der infolge ihres Ausschlusses abgegeben wurde, hatte den Wert ihrer Geschäftsanteile bereits festgelegt und die ausgeschlossenen Gesellschafter hatten diese Bewertung angenommen.

Einige Jahre später war in der Sache noch immer keine gütliche Einigung gefunden worden, sodass die ausgeschlossenen Gesellschafter die SCI ein zweites Mal vor dem Präsidenten des Landgerichts verklagten. Ihr Antrag wurde erneut durch Beschluss zurückgewiesen.

Die Gesellschafter entscheiden daraufhin, vor dem frz. BGH gegen diesen neuen Ablehnungsbeschluss Revision eingelegt.

Rechtsmittel bei Ablehnung des Antrags auf Ernennung eines Sachverständigen

Der frz. BGH ist der Ansicht, dass der bis dato geltende Grundsatz in der Rechtsprechung, laut dem der Beschluss über den Antrag auf Ernennung eines Sachverständigen nur Gegenstand eines Rechtsmittels sein kann, wenn es sich um eine Überschreitung der Befugnisse handelt, nicht durch Artikel 1843-4 des frz. Zivilgesetzbuches begründet ist. Seiner Meinung nach kann ein Rechtsmittel gegen den Ablehnungsbeschluss eingelegt werden, auch wenn ausdrücklich aus dem Gesetz hervorgeht, dass der Beschluss, der auf Grundlage von Artikel 1843-4 des frz. Zivilgesetzbuches einen Sachverständigen ernennt, lediglich bei einer Überschreitung der Befugnisse Gegenstand eines Rechtsmittels sein kann Er fügt hinzu, dass die Situation der Blockade in Verbindung mit der Uneinigkeit über den Kaufpreis die Ermöglichung erfordert, ein Rechtsmittel gegen den Beschluss, der den Antrag auf Ernennung eines Sachverständigen ablehnt, einzulegen.

Der frz. BGH geht sogar noch einen Schritt weiter, indem er entscheidet, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem der Ablehnungsbeschluss durch ein Berufungsgericht verworfen werden kann, die neuen Richter nach einer allumfassenden Neuuntersuchung der Tatsachen und Umstände der Sache einen Sachverständigen auf Grundlage von Artikel 1843-3 des frz. Zivilgesetzbuches ernennen können.

Das Ziel des Urteils vom frz. BGH ist eindeutig, miteinander über den Preis von zu verkaufenden Geschäftsanteilen in Konflikt geratenen Gesellschaftern zu ermöglichen, Zugang zu einem Richter zu haben – sowohl um die Ernennung eines Sachverständigen zu beantragen als auch die Ablehnung der Ernennung eines Sachverständigen durch die Erstinstanz in Frage zu stellen.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: Blue Planet Studio

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