Das Ende der Doppelbesteuerung vom Grenzgänger in Kurzarbeit

Veröffentlicht am 01.02.22
Einspruch gegen Doppelbesteuerung der Kurzarbeit
Das Ende der Doppelbesteuerung vom Grenzgänger in Kurzarbeit
Einspruch gegen Doppelbesteuerung der Kurzarbeit

Das Bundessozialgericht in Kassel hat ein für in Deutschland arbeitende Grenzgänger aus Frankreich wichtiges Urteil gefällt. In seinem Urteil vom 03.11.2021 hat es der Diskriminierung, die zahlreiche in Deutschland arbeitende und Kurzarbeitergeld erhaltende französische Grenzgänger betraf, ein Ende gesetzt. Es hat die Doppelbesteuerung beendet.

Wenn Sie davon betroffen sind, sollten Sie erwägen, sich im internationalen Steuerrecht von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Doppelbesteuerungsverbot bei Kurzarbeitergeld

Gemäß dem europäischen Recht wird ein Grenzgänger bei Kurzarbeit von seinem Tätigkeitsland entschädigt. Ein französischer Grenzgänger, der in Deutschland arbeitet, erhält folglich von seinem deutschen Arbeitgeber Kurzarbeitergeld.

Beim Lesen des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Frankreich und Deutschland (kurz DBA) kann man feststellen, dass vom deutschen Arbeitgeber gezahltes Kurzarbeitergeld nur in Frankreich besteuert werden darf.

Tatsächlich sieht das DBA zwischen Frankreich und Deutschland, dessen Hauptziel die Vermeidung einer Doppelbesteuerung von Grenzgängern ist, in Artikel 13 Absatz 8 vor, dass „Ruhegehälter, Renten (einschließlich Bezügen aus der gesetzlichen Sozialversicherung) und ähnliche Vergütungen […] nur in dem Staat besteuert werden [können], in dem der Begünstigte ansässig ist.“

So muss der französische Grenzgänger keine Steuer in dem Land zahlen, in dem er arbeitet, sondern ausschließlich in dem Land, in dem er seinen Wohnsitz hat.

Zahlreiche Grenzgänger, die in der französischen Region Grand Est (unter Anderem Elsass, Lothringen) wohnen, haben gegen eine „fiktive Steuer“ Einspruch eingelegt, die ihnen von den Arbeitsämtern im Saarland, Rheinland-Westfalen und Baden-Württemberg zusätzlich zu ihrer Besteuerung in Frankreich aufgelegt wurde. 

Rechtswidrigkeit des deutschen Systems zur Kurzarbeit

In der spezifischen Situation der Kurzarbeit ist das deutsche System das folgende: Der vom Arbeitsamt gezahlte Pauschalbetrag wird berechnet, indem die Differenz zwischen dem Lohn, den der Arbeitnehmer ohne Kurzarbeit erhalten hätte, und dem Betrag, den der Arbeitnehmer wirklich erhalten hat, berücksichtigt wird.

Dieser Betrag wird anschließend Sozialbeiträgen und Steuern unterzogen. Folglich wurden 20 % des Sozialbeitrags, der Einkommensteuer und dem Solidaritätszuschlag vom Lohn abgezogen.

Dabei wurden die Grenzgänger ebenfalls in Frankreich besteuert. So stellte die deutsche Praxis eine Verletzung des Grundsatzes des Doppelbesteuerungsverbots dar.

Grenzgänger wurden doppelt bestraft:

  • durch die Lohnreduzierung aufgrund der Kurzarbeit
  • und schließlich durch die Doppelbesteuerung.

Ende der Debatte über die Doppelbesteuerung bei Kurzarbeit

Infolge von zahlreichen Debatten um diese seit 2018 gestellte Frage wollte ein deutscher Arbeitgeber bezüglich der auf die für ihn arbeitenden französischen Grenzgänger anwendbaren Steuerklasse Gewissheit haben. Daraufhin hat er das Sozialgericht von Freiburg und anschließend das Sozialgericht von Baden-Württemberg angerufen.

Diese beiden Gerichte haben dem Bundesarbeitsamt Recht gegeben, das die Meinung vertrat, dass eine Besteuerung des Kurzarbeitergeldes in Deutschland notwendig und gesetzmäßig sei. Das Bundessozialgericht in Kassel teilte diese jedoch nicht: Es geht davon aus, dass eine Doppelbesteuerung diskriminierend ist und ein Recht auf Erstattung besteht. Nun bleibt die Liste, die der Grenzgänger-Steuer auf Kurzarbeitergeld entspricht, zwar auf dem Lohnzettel, ist aber gleich null – eine Großzahl der Grenzgänger freut sich darüber sehr.

Zahlreiche Diskussionen in den Ministerien

Zwischen dem französischen und dem deutschen Wirtschaftsministerium wurden bereits seit geraumer Zeit Diskussionen geführt, da Deutschland diese Steuerzuständigkeit bewahren wollte.

Die Grenzgänger wurden von der deutsch-französischen Handelskammer und einigen anderen lokalen Abgeordneten unterstützt, während die Bundesregierung wiederum von deutschen Gewerkschaften unterstützt wurde.

Dieses Urteil des Bundessozialgerichts, das die Doppelbesteuerung bei Kurzarbeit beendet hat, ist ein erster entscheidender Schritt. Mehrere Rechtsanwälte ziehen bereits den Einspruch gegen diese Doppelbesteuerung für die Entschädigungen bei Krankheit, Arbeitsunfall oder Rente in Betracht.

Diese fiktive Steuer hat die Situation der Grenzgänger seit zwei Jahren stark beeinträchtigt, denn zahlreiche von ihnen waren während der Coronakrise in Kurzarbeit.

Laut der Abgeordneten Laurence Muller-Bronn des französischen Departements Bas-Rhin haben einige bis zu 52 % ihres Gehalts verloren; sie hatte den Staatssekretär des frz. Ministeriums für Europa und auswärtige Angelegenheiten diesbezüglich gewarnt.

Die Entscheidung der Richter kann folglich nur begrüßt werden.

Françoise Berton, avocat en droit allemand

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Photo: mapoli-photo

4 Antworten an « Das Ende der Doppelbesteuerung vom Grenzgänger in Kurzarbeit »

  •   Frank Schiller

    Guten Tag, ich beobachte schon über einen längeren Zeitraum ihre Seite und wollte auch schon mit ihnen Kontakt aufnehmen…. jetzt meine Frage, werde schon seit 2020 als Grenzgänger mit Kurzarbeitergeld (Doppelbesteuerung) besteuert, was Jährlich einen Verlust von ca. 8000 Euro ergibt. Kann man diese Verluste wieder Rechtlich einforden?

    •   Françoise BERTON

      Leider lässt sich Ihre Frage nicht leicht beantworten und setzt eine kostenpflichtige Beratung voraus.

  •   Pierre Maier

    Guter und verständlich geschriebener Bericht zur Doppelbesteuerung des Kurzarbeitergelds für Grenzgänger.
    Ich frage mich nun allerdings ab wann dies gilt; evtl. rückwirkend?
    Ich war 2020 für 19 Tage in Kurzarbeit.
    Kann ich das noch geltend machen?

    •   Françoise BERTON

      Die Rechtsbehelfsfrist gegen einen Bescheid beträgt i. d. R. einen Monat. Nach dieser Frist kann man nicht mehr mit einem Einspruch gegen den Bescheid vorgehen.

      Man kann die Arbeitsagentur dennoch auffordern, den Bescheid zurückzunehmen und einen rechtskonformen Bescheid zu erlassen. Eine Rücknahme ist auch dann noch möglich, wenn der Bescheid unanfechtbar geworden ist. Es könnte noch fraglich sein, ob die Arbeitsagentur die neue Rechtsprechung rückwirkend auf abgeschlossene Fälle anwendet oder nur auf laufende Anträge und neue Anträge.
      Es ist daher noch nicht bekannt, ob die Fälle rückwirkend bearbeitet werden.
      Ansprüche aus dem Steuerverhältnis verjähren innerhalb von fünf Jahren.

      Dies ist ein allgemeiner Hinweis, der sich als falsch herausstellen kann, wenn der konkrete Sachverhalt komplexer ist als in Ihrer Frage dargestellt. Unsere Antwort dient lediglich als Erläuterung unseres Artikels und stellt keine Beratung dar.

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