Reform des Gewerberaummietrechts in Frankreich
03.11.14

Das französische Gewerberaummietrecht hat durch das „Pinel“-Gesetz vom 18.6.2014 (genannt nach der derzeitigen Wohnungsministerin) entscheidende Änderungen zu Gunsten des Mieters erfahren.
Viele der neuen Gesetzesvorschriften sind seit dem Herbst 2014 anwendbar.
Im Folgenden werden die wichtigsten Neuerungen kurz dargestellt.
Verlängerung der Dauer bei französischen gewerblichen Kurzzeitmietverträgen
Durch die junge Reform des französischen gewerblichen Mietrechts wurde die Höchstdauer für kurzzeitige Mietverträge von zwei auf drei Jahre verlängert. Diese Verträge unterliegen aufgrund ihrer kurzen Dauer nicht den sehr ausführlichen Vorschriften über Gewerberaummietverträge, welche unter anderem lange Mietzeiten vorsehen.
Die Verlängerung soll den Bedürfnissen von Existenzgründern gerecht werden. Denn in vielen Fällen erweist sich die Befristung des gewerblichen Mietvertrages auf zwei Jahre oftmals als zu kurz, um die Rentabilität einer wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem Markt zu testen.
Das Übernahmeprotokoll bei Überlassung und Rückgabe der gewerblichen Mieträume in Frankreich
Um beiden Parteien mehr Sicherheit zu bieten, sieht die Reform die Erstellung eines Übernahmeprotokolls über den Zustand des Mietobjekts zum Zeitpunkt der Überlassung und der Rückgabe vor. Diese Vorschrift ist besonders hilfreich, wenn die Vertragsparteien diesen Punkt, wie es in der Praxis oft der Fall ist, nicht ausdrücklich im Vertrag vereinbart haben.
Lässt der Vermieter die Erstellung des Übernahmeprotokolls außer Acht, kann er sich nicht mehr auf den Artikel 1731 des französischen bürgerlichen Gesetzbuches (Code civil) berufen, nach dem vermutet wird, dass dem Mieter die Räumlichkeiten in gutem Zustand überlassen wurden.
Genaue Festlegung der Vertragspflichten im französischen Mietvertrag nach der Reform vom 18.6.2014
Das „Pinel“-Gesetz schreibt vor, dass die Vertragspflichten beider Parteien bezüglich der Entrichtung von Steuern und Reparaturen, gegebenenfalls deren Verteilung auf die Parteien, genau zu bestimmen sind und in einer abschließenden Liste im Mietvertrag aufgeführt werden müssen. Der Vermieter muss den Mieter jährlich über die beiderseitigen Verpflichtungen informieren.
Ferner wird eine Verordnung zur Anwendung des „Pinel“-Gesetzes in Zukunft festlegen, welche Lasten dem Mieter unter keinen Umständen auferlegt werden dürfen. Dazu zählen beispielsweise Bauarbeiten, die die Substanz eines Gebäudes betreffen (sog. „großes réparations“).
Der französische Gesetzgeber beabsichtigt hiermit, die häufige Unklarheit über die vom gewerblichen Mieter zu tragenden Nebenkosten zu beseitigen.
Die Beschränkung der Mietzinserhöhung im gewerblichen Bereich
Hinsichtlich vertraglich vereinbarter Mietzinserhöhungen ist mit dem Inkrafttreten des Reformgesetzes zu berücksichtigen, dass eine Erhöhung der gewerblichen Miete in Frankreich auf Indexbasis je nach Art des ausgeübten Betriebs nur noch in Bezug auf die stabileren Indexe ILC und ILAT und nicht mehr auf den ICC (Baukostenindex) zulässig ist
Die Erweiterung der Kündigungsformen
Der französische Gewerberaummietvertrag kann nach dem Pinel-Gesetz nunmehr von beiden Parteien entweder per Einschreiben mit Rückschein oder per Zustellung durch den Gerichtsvollzieher gekündigt werden. Zu beachten ist hierbei, dass eine Kündigung per Einschreiben aufgrund einer möglichen Unzuverlässigkeit des Postzustellers das Risiko birgt, die Kündigungsfrist zu versäumen.
Unwirksamkeit von Klauseln im französischen gewerblichen Mietvertrag
Zum Zwecke erhöhter Rechtssicherheit bestimmt das Reformgesetz, dass Vertragsklauseln, die mit den Vorschriften des französischen Handelsgesetzbuchs unvereinbar sind, als unwirksam und nicht mehr als nichtig angesehen werden. Das bedeutet, dass die Parteien sich nunmehr auch nach Ablauf der für die Geltendmachung der Nichtigkeit von Klauseln einzuhaltenden zweijährigen Frist noch auf die Unwirksamkeit berufen können.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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