Entsendung von Arbeitnehmern und Schwarzarbeit
27.04.14

Zwei Urteile im französischen Arbeitsrecht über die Entsendung von Arbeitnehmern
Die Strafkammer des Kassationshofs hat im März 2014 zwei Urteile in Bezug auf die Entsendung von Arbeitnehmern nach Frankreich durch ausländische Gesellschaften erlassen. Es handelte sich in den zwei Angelegenheiten um low cost-Fluggesellschaften mit Sitz in England bzw. Spanien.
Die zwei Fluggesellschaften hatten jeweils in England und Spanien Arbeitnehmer eingestellt und diese an den französischen Standorten der Flughäfen Orly und Charles de Gaulle als nach Frankreich entsendeten Arbeitnehmer beschäftigt.
Die allgemeine Regelung über die Entsendung von Arbeitnehmern
Nach Europarecht unterliegt die Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich in diesem Mitgliedstaat tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuüben, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit nicht 24 Monate überschreitet.
Die Nicht-Beachtung der Bestimmungen über die Entsendung kann in Frankreich als Straftat wegen Schwarzarbeit angesehen werden
In der ersten Angelegenheit hat die Fluggesellschaft französische Staatsbürger, die in Frankreich wohnten, eingestellt und hat sie nach Frankreich „entsandt“.
In der zweiten Angelegenheit hat die in Spanien ansässige Gesellschaft Arbeitnehmer in Spanien mit spanischen Arbeitsverträgen eingestellt und sie nach Frankreich an den Flughafen Charles de Gaulle entsandt.
Der Kassationshof hat in den zwei Angelegenheiten die Berufungsurteile bestätigt. Die Fluggesellschaften wurden verurteilt, jeweils EUR 100.000,– Bußgeld wegen Schwarzarbeit zu zahlen.
In der ersten Angelegenheit hat der Kassationshof die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt, in welcher die Berufungsrichter entschieden hatten, dass der tatsächliche Mittelpunkt der Tätigkeit des Personals, in welchem sie die wesentlichen Verpflichtungen gegenüber der Fluggesellschaft erfüllen, sich in Frankreich befand. Die Gesellschaft hätte daher ihre steuerlichen und sozialrechtlichen Verpflichtungen in Frankreich erfüllen sollen.
In der zweiten Angelegenheit hat der Kassationshof berücksichtigt, dass die Fluggesellschaft die Arbeitnehmer für ihren Standort auf einem Flughafen in Frankreich eingestellt hatte und hat daher entschieden, dass sie in diesem Rahmen die Bestimmungen der Entsendung von Arbeitnehmern nicht anwenden konnte. Die Tätigkeit ist nach Ansicht der Richter in vollem Umfang auf Frankreich orientiert und wird gewöhnlich, dauerhaft und ununterbrochen in Räumlichkeiten in Frankreich ausgeübt.
Die europäische E101-Bescheinigung genügt nicht, um die Tatsache der Entsendung der Arbeitnehmer nach Frankreich zu beweisen
Die Fluggesellschaft hat in dieser Angelegenheit vertreten, dass alle Arbeitnehmer eine E101-Bescheinigung vorgelegt haben. Dies würde auf die Wirksamkeit der Entsendung hindeuten.
Für die Strafkammer des Kassationshofs ist allerdings die Ausstellung einer E101-Bescheinigung für die Dauer der Entsendung nach Frankreich ungenügend, um die Gültigkeit der Entsendung nach Frankreich zu beweisen.
Diese Gerichtsentscheidung wird in der Literatur bemängelt und es stellt sich die Frage ihrer Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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