Reform der Regelungen zur Mitarbeiterentsendung nach Frankreich von 2018
29.10.18

Anpassung der Regelungen zur Entsendung mit dem Gesetz „zur beruflichen Zukunft“
Die rechtlichen Regelungen zur Mitarbeiterentsendung stammen ursprünglich aus der Richtlinie 96/71/CE vom 16.12.1996 und wurden schon in mehreren Etappen im französischen Recht umgesetzt. In Anbetracht der Fülle der Gesetzesnormen und vor allem aufgrund der immer zahlreicheren entsandten Arbeitnehmer in Frankreich hat der Gesetzgeber kürzlich entschieden, diese nationalen Normen zu verbessern und sie an die Praxis anzupassen: Das Gesetz zur freien Wahl der beruflichen Zukunft vom 05.09.2018 (im Folgenden Gesetz „berufliche Zukunft“) enthält in diesem Zusammenhang einen Abschnitt zur grenzüberschreitenden Entsendung von Arbeitnehmern.
Einerseits sorgt das Gesetz „berufliche Zukunft“ für wirksamere und härtere Sanktionen im Falle von Betrug bei internationalen illegalen Dienstleistungen. Es dient andererseits vor allem zur Erleichterung der Verwaltungsformalitäten für die Genehmigung der Entsendung in bestimmten Sonderfällen. Das Gesetz „berufliche Zukunft“ wurde am 06.09.2018 im Amtsblatt veröffentlicht. Doch die konkrete Anwendung der meisten Bestimmungen ist on der Verabschiedung mehrerer Anwendungsverordnungen abhängig, die noch verabschiedet werden.
Neue Definition des entsandten Arbeitnehmers
Um gegen betrügerische Gestaltungen anzugehen, die manche ausländischen Arbeitgeber nutzten, um ihre Arbeitnehmer zu entsenden, ohne dass diese je in ihrem Herkunftsland gearbeitet hätten, vervollständigt der neue Artikel L. 1261-3 des frz. Arbeitsgesetzes die vorherige Definition der grenzübergreifenden Entsendung. Wenn ein Arbeitnehmer weiterhin als „entsandt“ eingestuft wird, obwohl er bei einem Arbeitgeber angestellt ist, der außerhalb Frankreichs ordnungsgemäß niedergelassen und seine Tätigkeit ausübt, so unterliegt dies nunmehr der Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer „gewöhnlich für diesen Arbeitgeber arbeitet„. Zusätzlich zur Voraussetzung der Arbeit, die für einen außerhalb Frankreichs niedergelassenen Arbeitgeber ausgeführt wird, gilt nun, dass der Arbeitnehmer zuvor seine Arbeitsleistung gewöhnlich auch außerhalb Frankreichs erbracht hat.
Um den Status eines entsandten Mitarbeiters zu erhalten, muss der Arbeitnehmer auf Anfrage dieses Arbeitgebers seine Arbeitsleistung für einen begrenzten Zeitraum im Inland erbringen. Diese Voraussetzung bestand allerdings bereits vor der Reform dieses Jahres.
Auch der Rechtsstatus der entsandten Arbeitnehmer bleibt unverändert. Entsandte Arbeitnehmer verfügen weiterhin über die „Kernbestimmungen“ des im Gastland anwendbaren Arbeitsrechts, wie sie im frz. Arbeitsrecht aufgezählt werden. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Kernbestimmungen durch den Grundsatz der Gleichbehandlung mit den Arbeitnehmern des Gastlandes ergänzt werden. Dies gilt für Vergütung, Unterkunft, Reisen und Nahrung, wenn der Arbeitgeber dies zugunsten der Arbeitnehmer, die weit von ihrem gewöhnlichen Arbeitsort tätig sind, übernimmt. Des Weiteren besteht die Pflicht, bei diesen Arbeitnehmern nicht nur die gesetzlichen, regulatorischen und verwaltungstechnischen Bestimmungen, sondern auch die branchenspezifischen Tarifverträge und andere nationale Branchenvereinbarungen, welche die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen betreffen, anzuwenden.
Teilweise Erleichterung der Formalitäten und anderen verwaltungstechnischen Pflichten
Das Gesetz „berufliche Zukunft“ enthält zahlreiche Bestimmungen zur Verbesserung der Attraktivität des französischen Arbeitsmarktes gegenüber ausländischen Arbeitgebern, darunter auch welche zur Erleichterung der Entsendung nach Frankreich.
Die Gesetze vom 10.07.2014 und vom 06.08.2015 (siehe unseren vorherigen Artikel) hatten den Verwaltungsaufwand für transnationale Unternehmen, die ihre Arbeitnehmer nach Frankreich entsenden wollten, deutlich gesteigert:
- Voranmeldung der Entsendung,
- Ernennung eines Ansprechpartners im Inland,
- Übersetzung der Dokumentation auf Französisch, usw.
Dies hatte zu einer großen Zahl von gegen ausländische Arbeitgeber verhängten Bußgeldern geführt, die mit den verwaltungstechnischen Pflichten nicht vertraut oder von der Anzahl der Entsendungen in ihrem Unternehmen überfordert waren. Die Reform von 2018 gibt der zuständigen Behörde (also der Direccte) nun die Möglichkeit, diese Pflichten zugunsten eines oder mehrerer Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer nach Frankreich entsenden, anzupassen.
Dadurch unterliegen alle ausländischen Unternehmen, welche die folgenden Bedingungen erfüllen, nicht länger den umfangreichen Erklärungspflichten im Rahmen der Entsendung von Arbeitnehmern nach Frankreich. Unter dem Vorbehalt, dass die Kernbestimmungen der Rechte der entsandten Arbeitnehmer garantiert werden, kann die Verwaltung nun Unternehmen in den folgenden Fällen befreien :
- „Wiederholte“ Entsendung mit einem in Frankreich niedergelassenen Leistungsempfänger. Diese Befreiung muss Gegenstand einer an die Direccte gerichteten ausdrücklichen Anfrage durch den ursprünglichen Arbeitgeber sein und kann höchstens für ein Jahr (mit Verlängerungsmöglichkeit) gewährt werden. Wenn der ausländische Arbeitgeber seinen Pflichten bezüglich der Kernbestimmungen jedoch nicht nachkommt, kann die Behörde diese Befreiung jederzeit widerrufen und die Anwendung der strengeren Bestimmungen (Voranmeldung, Ernennung eines Ansprechpartners, etc.) verlangen.
- Entsendung für Dienstleistungen und Tätigkeiten von „kurzer Dauer“ oder im Rahmen von einmaligen Ereignissen. Verordnungs-Bestimmungen werden später die betreffenden Tätigkeiten sowie die jeweilige maximale Dauer der Tätigkeit in Frankreich innerhalb eines Referenzzeitraums näher definieren.
- Entsendung zur Durchführung einer Tätigkeit auf „eigene Rechnung“. Dieser letzte Fall bezieht sich auf die Situation von ausländischen Arbeitgebern, die einen oder mehrere ihrer Arbeitnehmer nach Frankreich entsenden, um vorübergehend einen Auftrag auf eigene Rechnung auszuführen, ohne dass ein Vertrag mit einem in Frankreich niedergelassenen Leistungsempfänger vorliegt. Dies ist beispielsweise der Fall bei einem im Ausland niedergelassenen Unternehmen, das vorübergehend seine Arbeitnehmer nach Frankreich entsendet, um Arbeiten vor Ort vorzunehmen, neue Kunden zu werben oder an Arbeitstreffen teilzunehmen. Dies betrifft eine große Anzahl von Situationen, die bisher einem zu umfangreichen Formalismus unterlagen.
Schließlich wurde durch den neuen Gesetzestext auch der Pauschalbeitrag, welchen jeder ausländische Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer entsenden wollte, zum Zeitpunkt der Online-Voranmeldung zu entrichten hatte (auch „Stempelgebühr“ genannt), abgeschafft.
Härtere Sanktionen für Betrug bei der Entsendung als gesetzliche Gegenleistung für den erleichterten Formalismus
Das Gesetz „berufliche Zukunft“ verschärft die bereits sehr harten Sanktionen für Arbeitgeber, welche die Regelungen zur Entsendung oder die arbeitsrechtlichen Bestimmungen zugunsten der Arbeitnehmer nicht beachten.
Die Höchstgrenze der behördlichen Geldbußen wurde verdoppelt von 2.000 € auf 4.000 € für jeden von der Nichteinhaltung betroffenen Arbeitnehmer und von 4.000 € auf 8.000 € im Wiederholungsfall unter Einhaltung eines Höchstbetrages von 500.000 €. Die Ermittlungsbefugnisse der Arbeitsaufsicht werden außerdem erweitert und die Veröffentlichung der Verurteilungen auf öffentlichen „schwarzen“ Listen wird ausgeweitet („name and shame“). Der Wiederholungsfall wird jedoch nunmehr innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren festgestellt und nicht mehr innerhalb eines knappen Jahres wie vor der Reform.
Diese Verschärfung betrifft ebenfalls den französischen Auftragsgeber bzw. Bauherrn. Wenn Letzterer nämlich mit einem Arbeitgeber, der Arbeitnehmer entsendet, einen Vertrag abschließt, so gilt seine „Sorgfaltspflicht“ nunmehr auch für Zahlungen im Rahmen von den hier genannten behördlichen Geldbußen. Es ist also seine Aufgabe, genauestens zu überprüfen, dass das ausländische Unternehmen die Zahlung der Bußgelder zum Zeitpunkt des Abschlusses des internationalen Dienstleistungsvertrages nachweist.
Sollte der ausländische Dienstleister diese Bußgelder nicht bezahlen, kann die Verwaltungsbehörde nun sehr weit gehen, da sie den Dienstleistungsvertrag und gleichzeitig auch die geplante Entsendung für zwei Monate (verlängerbar) aussetzen kann. Sie hat sogar das Recht, die Tätigkeit vor deren Beginn zu untersagen. Dazu wird ein neues Verfahren eingeführt, dass dem Arbeitsinspektor, der diesen Verstoß feststellt, die Möglichkeit gibt, sein Weisungsrecht auszuüben und umgehend ein Verfahren bei der örtlich zuständigen Direccte einzuleiten, gegebenenfalls bei Erhalt der Erklärung zur Entsendung. Bei Nichtbeachtung dieser behördlichen Entscheidung droht dem Arbeitgeber eine weitere Geldbuße von bis zu 10.000 € für jeden entsandten Arbeitnehmer.
Schließlich hat der Gesetzgeber auch einen neuen Straftatbestand in Bezug auf Schwarzarbeit eingeführt. Eine Verschleierung einer Tätigkeit ist gegeben, wenn ein ausländischer Arbeitgeber sich auf die Bestimmungen zur Entsendung beruft und in Frankreich ausschließlich interne und administrative Verwaltungstätigkeiten ausübt, obwohl er diese Tätigkeiten üblicherweise dort ausübt. Diese Situation nennt man im Allgemeinen „Niederlassungsbetrug“.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass auch wenn ausländischen Arbeitgebern nunmehr unterschiedliche Möglichkeiten zu einer einfacheren Entsendung ihrer Arbeitnehmer nach Frankreich zur Verfügung stehen, dennoch weiterhin Vorsicht geboten ist. Es ist anzumerken, dass diese Reform einer vorbeugenden Logik folgt und der Umsetzung der neuen europäischen Richtlinie (EU) 2018/957 vom 28.06.2018 zur Mitarbeiterentsendung vorgreift.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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