Vorsorgliche Unterbrechung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers
10.09.13

Der Begriff der vorsorglichen Unterbrechung der Arbeitsleistung nach französischem Arbeitsrecht
Um auf eine Gefahrensituation bzw. Störung innerhalb einer Gesellschaft zu reagieren, kann der Arbeitgeber im französischen Arbeitsrecht die Arbeitsleistung des Arbeitsnehmers vorläufig und vorsorglich durch einseitige Entscheidung unterbrechen (mise à pied à titre conservatoire). Es handelt sich dabei nicht um eine Sanktion, sondern um eine vorübergehende Maßnahme. Diese Maßnahme wird gegenüber einem Arbeitnehmer verkündet, dem relativ schwerwiegende Vorfälle vorgeworfen werden, welche eine Ausgrenzung aus der Gesellschaft rechtfertigen.
Diese Maßnahme gibt dem Arbeitgeber die nötige Bedenkzeit, um über die Zukunft des Arbeitnehmers im Unternehmen nachzudenken. Mit dieser Maßnahme wird einer endgültigen Entscheidung nicht vorgegriffen. Wie wir bereits in einem vorherigen Artikel zum französischen Arbeitsrecht angemerkt haben, folgt auf die vorsorgliche Unterbrechung der Arbeitsleistung nicht notwendigerweise eine Kündigung aus wichtigem Grund. Der Arbeitgeber kann auch eine mildere Sanktion verhängen.
Der Arbeitgeber muss dennoch gleichzeitig bzw. unmittelbar danach ein Disziplinarverfahren, d.h. ein Kündigungsverfahren gegen den französischen Mitarbeiter, einleiten.
Die Frist, die durch französische Richter eingeräumt wird, um die Kündigung auszusprechen
Dies ist jedoch nicht immer der Fall. So hat der frz. Kassationshof entschieden, dass das Disziplinarverfahren auch kurze Zeit später eingeleitet werden kann. Über diese kurze Zeitspanne hinaus trägt der Arbeitgeber das Risiko, dass die vorsorgliche Unterbrechung der Arbeitsleistung in eine disziplinarische Unterbrechung der Arbeitsleistung umqualifiziert wird. Er kann dann dem Arbeitnehmer nicht mehr aus dem gleichen Grund wirksam kündigen, der der Unterbrechung der Arbeitsleistung zu Grunde lag.
In einigen besonderen Fällen und insbesondere in dem im Folgenden dargestellten Fall, kann dem Arbeitgeber der Vorteil einer längeren Zeitspanne zugutekommen.
Im diesem Fall wurde die Unterbrechung der Arbeitsleistung gegenüber einem Versicherungsvertreter einer französischen Gesellschaft aufgrund von Unterschlagungen beschlossen. Der Arbeitnehmer wurde 13 Tage später zu einem Vorgespräch zur Kündigung geladen. Ihm wurde anschließend aus wichtigem Grund gekündigt. Der Arbeitnehmer hat der Kündigung widersprochen, da er der Ansicht war, diese stelle eine doppelte Bestrafung dar, weil die Einleitung des Disziplinarverfahrens nicht unmittelbar auf die vorsorgliche Unterbrechung der Arbeitsleistung folgte.
Der französische Kassationsgerichtshof hat in einem Urteil vom 13. September 2012 entschieden, dass die Zeitspanne von 13 Tagen, die zwischen der Verkündung der vorsorglichen Unterbrechung der Arbeitsleistung und der Kündigung lag, auch im Eigeninteresse des Arbeitnehmers erforderlich war, wenn man die Notwendigkeit für den Arbeitgeber bedenkt, die Untersuchungen der vorgeworfenen Tatsachen bezüglich der Unterschlagungen erfolgreich durchzuführen und die Notwendigkeit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens aus wichtigem Grund einzuschätzen.
Dennoch ist für den Arbeitgeber Vorsicht geboten, denn diese Rechtsprechung ist nicht grundsätzlich auf alle Sachverhalte anwendbar.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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