Gewerkschaftsbeauftragter im Betriebsrat und Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitern
07.12.21

Der frz. BGH, der Kassationshof, hat am 08.09.2021 ein Urteil (Nr. 20-13.694) gefällt, das darauf abzielt, die Fälle genauer zu bestimmen, in denen eine repräsentative Gewerkschaftsorganisation einen Gewerkschaftsbeauftragten (représentant syndical) im französischen Betriebsrat (comité social et économique, kurz CSE) ernennen kann. Der Kassationshof äußerst sich zum ersten Mal zu dieser Frage in Bezug auf Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern und stellt die Unklarheit des Wortlauts von Artikel L. 2314-2 des frz. Arbeitsgesetzbuches in den Vordergrund.
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Der Gewerkschaftsbeauftragte
Das frz. Arbeitsgesetzbuch sieht die Anwesenheit eines Gewerkschaftsbeauftragten an der Seite der gewählten Arbeitnehmervertreter im Betriebsrat vor. Der Gewerkschaftsbeauftragte im Betriebsrat wird durch eine Gewerkschaftsorganisation gewählt, damit er diese bei den Betriebsratssitzungen vertritt.
Er hat eine beratende Stimme im Betriebsrat und kann seine Meinung äußern, jedoch an keiner Entscheidungsfindung teilnehmen. Die ernannte Person muss die Zulassungsbedingungen für den Betriebsrat erfüllen, und zwar:
- das 18. Lebensjahr beendet haben;
- seit mindestens einem Jahr im Unternehmen arbeiten (außer bei z. B. dem Ehepartner des Arbeitgebers).
Ernennungsbedingungen für den Gewerkschaftsbeauftragten
Die Ernennungsbedingungen unterscheiden sich je nach Belegschaft des Unternehmens:
- in einem Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern: Der Gewerkschaftsbeauftragte im Betriebsrat wird aus der Gesamtheit der Arbeitnehmer gewählt, wobei er dieses Amt nicht zeitgleich mit einem Gewerkschaftsvertreteramt (délégué syndical) (Vollmitglied oder Stellvertreter) ausüben kann;
- in Unternehmen mit weniger als 300 Arbeitnehmern: Das Amt des Gewerkschaftsbeauftragten im Betriebsrat ist von Rechts wegen den Gewerkschaftsvertretern vorbehalten, die beide Ämter gemeinsam ausüben.
Diese Unterscheidung zwischen Unternehmen mit mehr als 300 und weniger als 300 Arbeitnehmern ist relativ einfach. Jedoch hat der frz. Gesetzgeber vergessen, die Regelung bei Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern klarzustellen. Denn diese Unternehmen haben seit der Reform von 2017 zwar einen Betriebsrat, jedoch keine Gewerkschaftsvertreter. Können diese Unternehmen folglich einen Gewerkschaftsbeauftragten haben?
Der Kassationshof hat in seinem Urteil vom 08.09.2021 Klarheit darüber geschaffen.
Weder Gewerkschaftsvertreter noch Gewerkschaftsbeauftragter im Betriebsrat
Im vorliegenden Fall hatte die Gewerkschaft UNSA Aérien SNMSAC innerhalb der Gesellschaft Singapore Airlines Limited, die weniger als 50 Arbeitnehmer zählt, eine Kandidatin ernannt, die bei den Berufswahlen nicht gewählt wurde, damit sie die Aufgaben einer Gewerkschaftsbeauftragten innerhalb des Betriebsrates ausüben kann.
Die Gewerkschaft hatte gemäß den für Unternehmen mit weniger als 50 Arbeitnehmern vorgesehenen Regeln keinen Gewerkschaftsvertreter ernannt.
Der Arbeitgeber hat diese Entscheidung nun vor dem Gericht von Paris angefochten. Das Gericht war der Ansicht, dass, da die Gewerkschaft keinen Gewerkschaftsvertreter ernannt hatte, sie an dessen Stelle einen Gewerkschaftsbeauftragten für den Betriebsrat ernennen konnte, unter der Bedingung, dass Letzterer die Zulassungsregelungen beachtet.
Der Kassationshof widerspricht nun der Position des Gerichts von Paris und annulliert die Ernennung des Gewerkschaftsbeauftragten im Betriebsrat mit der Begründung, dass der Gesetzgeber nur in einem Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern die Möglichkeit vorgesehen hat, einen Gewerkschaftsbeauftragten in den Betriebsrat zu ernennen, der nicht auch Gewerkschaftsvertreter ist.
Unter dieser Schwelle von 300 Arbeitnehmern darf ausschließlich ein Gewerkschaftsvertreter die Aufgaben eines Gewerkschaftsbeauftragten ausüben. Da der Gewerkschaftsvertreter lediglich in Unternehmen mit mehr als 50 Arbeitnehmern anwesend ist, hat der Kassationshof daraus geschlossen, dass niemand Gewerkschaftsbeauftragter im Betriebsrat sein kann, wenn das Unternehmen die Schwelle von 50 Arbeitnehmern nicht erreicht hat.
Die Position des Kassationshofs ist folglich klar: Die vertretende Gewerkschaftsorganisation kann in Unternehmen, die unter der Schwelle von 50 Arbeitnehmern liegen, über keinen Gewerkschaftsbeauftragten im Betriebsrat verfügen.
Die Unklarheit des frz. Arbeitsgesetzbuches zur Ernennung des Gewerkschaftsbeauftragten
Der Kassationshof hat verschiedene Artikel des frz. Arbeitsgesetzbuches in kombinierter Form analysiert. Artikel L. 2314-2 sieht die Ernennung des Gewerkschaftsbeauftragten innerhalb des Betriebsrates vor. Dennoch ist ebenfalls vorgesehen, dass es bei einer Schwelle von 300 Arbeitnehmern angebracht ist, die Bestimmungen bezüglich des Gewerkschaftsvertreters heranzuziehen, die ihm von Rechts wegen die Eigenschaft des Gewerkschaftsbeauftragten im Betriebsrat gibt. Der Gewerkschaftsvertreter kann durch eine repräsentative Gewerkschaft in einem Unternehmen nur dann ernannt werden, wenn dieses mindestens 50 Arbeitnehmer zählt.
Der Kassationshof nimmt folglich an, dass „in Unternehmen mit weniger als 50 Arbeitnehmern, in denen die Ernennung eines Gewerkschaftsvertreters […] ausgeschlossen ist, die Bestimmungen von Artikel L 2143-22 [der die Rolle des Gewerkschaftsbeauftragten von Amts wegen dem Gewerkschaftsvertreter zuweist] nicht anwendbar sind“.
Daraus folgt, dass die Analyse des Kassationshofs hinsichtlich der verschiedenen Artikel des frz. Arbeitsgesetzbuches kohärent ist. Es ist jedoch zu bedauern, dass Artikel L. 2314-2 so ungenau ist, da er die Regeln für die Ernennung eines Gewerkschaftsbeauftragten im Betriebsrat vorsieht, ohne klarzustellen, dass Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten davon nicht betroffen sind.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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