Die europäische Verordnung zu den grenzüberschreitenden Erbschaften
Veröffentlicht am 02.05.23

Europäische Verordnung vom 04.07.2012 über z.B. die deutsch-französischen Erbschaften
Betroffene internationale Erbschaften
Seit dem 17.08.2015 gilt europäische Verordnung zur Bestimmung der geltenden nationalen Gesetzgebung und der Gerichtszuständigkeit der Mitgliedstaaten im Falle von Streitigkeiten im Rahmen von internationalen Erbschaftsangelegenheiten in Kraft getreten.
Eine Erbschaft wird als grenzüberschreitend betrachtet, wenn mehrere Länder davon betroffen sind, wie zum Beispiel wenn das Land, in dem sich das Vermögen befindet, sich von der Staatsangehörigkeit des Verstorbenen unterscheidet. Es handelt sich hierbei um die europäische Verordnung (EU) Nr. 650/2012 vom 04.07.2012 bezüglich „der Zuständigkeit, des anwendbaren Rechts, der Anerkennung und Vollstreckung der Entscheide und der Anerkennung und Vollstreckung von Urkunden bei Erbschaftsangelegenheiten und bezüglich der Einführung eines europäischen Nachlasszeugnisses“.
Diese europäische Regelung gilt für die nach dem 17.08.2015 anfallenden Erbschaften und brachte bei Inkrafttretten eine willkommene juristische Vereinfachung mit sich. Für die vor diesem Datum angefallenen Erbschaften gab es zwischen den unterschiedlichen Mitgliedsstaaten bisher keine einheitlichen Regelungen. Eine deutsch-französische Erbschaft konnte daher beispielsweise in gewissen Fällen gleichzeitig dem französischen und dem deutschen Recht unterliegen.
Diese Verordnung betrifft sowohl die innereuropäischen als auch die internationalen Erbfälle, d.h. Erbfälle innerhalb von Staaten, die nicht der Europäischen Union angehören, soweit es in diesen Fällen eine Verbindung mit der Europäischen Union gibt. Der Erbfall wird als international betrachtet wenn:
- Eine Person in einem Land verstirbt, in dem sie nicht wohnhaft ist oder dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzt oder
- Eine verstorbene Person unbewegliche oder bewegliche Güter in einem Land hinterlässt, dessen Staatsbürgerschaft sie nicht besitzt oder in dem sie nicht wohnhaft ist.
Die europäische Verordnung betrifft nur die zivilrechtlichen Aspekte des Erbfalls
Die Verordnung gilt für die zivilrechtlichen Aspekte einer Erbschaft. Sie betrifft nicht den steuerrechtlichen, zollamtlichen und behördlichen Aspekt. Im steuerrechtlichen Bereich sollte sich auf die spezifischen anwendbaren Bestimmungen, insbesondere auf die Bestimmungen aus den Doppelbesteuerungsabkommen bezogen werden. Als Beispiel hierfür kann für den deutschen und den französischen Staat das Doppelbesteuerungsabkommen über die Erbschaftssteuer und Schenkungen vom 12.10.2016 herangezogen werden. Das Abkommen bestimmt z.B., ob auf einen deutsch-französischen Nachlass die französische Erbschaftsteuer zu zahlen ist oder nicht.
Bestimmung des auf den Nachlass anwendbaren Rechtes
Bei einem internationalen Nachlass ist es wichtig zu wissen, welches nationale Recht zur Anwendung kommt. Dieses bestimmt unter anderem, wer die Erben sind und welche Ansprüche sie geltend machen können.
Grundsätzlich ist das Recht des Landes, in dem der Verstorbene am Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hierbei handelt es sich um eine echte Änderung für Frankreich (im Gegensatz zu Deutschland), das vor der EU-Verordnung Folgendes vorsah:
- Anwendung des Rechts des Landes, in dem der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, für bewegliches Vermögen.
- Anwendung des Rechts des Landes, in dem sich unbewegliches Vermögen befindet, für unbewegliches Vermögen.
Wenn die europäische Verordnung von 2012 angewendet wird, ist hier das Ergebnis anhand eines Beispiels:
Beispiel 1: Franzose mit Haus in Deutschland
Ein Franzose, der in Frankreich wohnte, hatte dort seinen Lebensmittelpunkt und sein Vermögen und nur ein Haus in Deutschland. Er stirbt. Seine Erben haben alle ihren Wohnsitz in Frankreich.

Lösung über das auf den deutsch-französischen Nachlass anwendbare Recht:
- Das auf den gesamten Nachlass anwendbare Recht ist das französische Recht.
- Die Tatsache, dass sich ein Haus in Deutschland befindet, hat keine Auswirkungen auf das anwendbare Recht, das grundsätzlich das französische Recht ist.
Andere Konstellation: Wenn eine Person mit französischer Staatsangehörigkeit in Deutschland, wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, stirbt und Vermögen hinterlässt, das sich sowohl in Deutschland als auch in Frankreich befindet, ist das deutsche Recht das auf den gesamten Nachlass anwendbare Recht. Das Recht des Landes, in dem die Erben ihren Wohnsitz haben, spielt in diesem Erbfall keine Rolle. Die Erben und ihre Ansprüche am Nachlass (neben anderen Fragen) werden nach deutschem Recht bestimmt.
Die Verordnung sieht allerdings eine Ausnahme zu diesem Grundsatz für den Fall vor, in dem am Todeszeitpunkt der Verstorbene offensichtlich engere Beziehungen mit einem anderen Staat pflegte, als der, in dem er am Todeszeitpunkt wohnhaft war. Eine solche Voraussetzung könnte dann erfüllt sein, wenn das gesamte Vermögen des Verstorbenen sich am Todeszeitpunkt in einem anderen Land als dessen übliches Wohnsitzland befindet.
Beispiel 2: Offensichtlich engere Verbindungen zu einem anderen Land
Eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit lebt seit kurzem in Frankreich und verstirbt dort. Ihr gesamtes Vermögen, einschließlich eines Hauses, befindet sich in Deutschland. Ihre Erben sind in Deutschland ansässig.

Lösung über das auf den deutsch-französischen Erbfall anwendbare Recht:
- Normalerweise würde der Grundsatz gelten, dass der Nachlass dem französischen Recht unterliegt, wo der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.
- Der Erblasser hatte jedoch engere Verbindungen zu Deutschland: Er war deutscher Staatsbürger, seine Erben sind Deutsche und haben ihren Wohnsitz in Deutschland, sein gesamtes Immobilienvermögen befindet sich in Deutschland. Auf seinen Nachlass findet daher deutsches Recht Anwendung.
Es ist unter gewissen Voraussetzungen auch möglich, im Rahmen eines Testaments zu entscheiden, welches Recht für die eigene Rechtsnachfolge gilt. So wird die Entscheidung des Verstorbenen nicht infrage gestellt, wenn dieser ausdrücklich ein Landesrecht ausgewählt hat, selbst wenn er seinen Wohnsitz in ein anderes Land verlegt.
Die Wahl muss ein Landesrecht betreffen, dessen Staatsbürgerschaft die Person am Zeitpunkt der Entscheidung oder des Todes besitzt. Wenn eine Person mehrere Staatsangehörigkeiten hat, kann sie somit das eine oder andere Landesrecht, dessen Staatsbürgerschaft sie besitzt, auswählen.
Beispiel 3: Wahl des auf den Nachlass anzuwendenden Rechts
Eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit lebt in Frankreich, hat dort ihr gesamtes Vermögen und ihre Erben haben ihren Wohnsitz ebenfalls in Frankreich. Vor seinem Tod hatte der Erblasser die Anwendung des deutschen Rechts auf seinen gesamten Nachlass gewählt.

Lösung über das auf den deutsch-französischen Erbfall anwendbare Recht:
- Da der Erblasser von der in der Verordnung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, ein anwendbares Recht zu wählen, findet dieses Recht Anwendung, hier also das deutsche Recht.
- Es spielt keine Rolle, ob sich sein gewöhnlicher Aufenthalt, sein Vermögen oder seine Erben in Frankreich befinden.
Bestimmung des zuständigen Gerichtes bei Streitigkeiten in internationalen Erbschaften
Artikel 4 der europäischen Verordnung vom 04.07.2012 lautet „Für Entscheidungen in Erbsachen sind für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.“
Falls der Verstorbene die Anwendung des Landesrechtes eines Mitgliedstaates der Europäischen Union für seine Erbschaft gewählt hat, sind die Gerichte dieses Staates für diesen Erbfall zuständig, unter Vorbehalt der Erfüllung der von der Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen.
Die Einführung des europäischen Nachlasszeugnisses durch die europäische Verordnung
Die Verordnung führt ein europäischen Nachlasszeugnis ein. Dieser Schein bezweckt die Möglichkeit für die Erben und Vermächtnisnehmer, ihren jeweiligen Status nachzuweisen und den Anteil, auf den sie Anspruch haben, sowie die Gewährung dieses oder jenes Vermögensgutes der Erbschaft. Dieses Zeugnis ist somit in allen Mitgliedsstaaten, ohne dass jegliches spezifisches Verfahren erforderlich wäre, anerkannt.
Dabei ist zu vermerken, dass diese Verordnung innerhalb der gesamten EU, bis auf Großbritannien, Irland und Dänemark, gilt.
Darüber hinaus können Informationen bezüglich der geltenden Bestimmungen für Erbfälle in den verschiedenen Staaten der EU eingeholt werden.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
Alle Urheberrechte vorbehalten
Bilder:Björn Wylezich, Gabriele Rohde
27 Kommentare zu « Die europäische Verordnung zu den grenzüberschreitenden Erbschaften »
Meine in D wohnenden Eltern wollen mir eine Immobilie schenken, ich bin Deutsche, lebe in Frankreich und bin dort steuerpflichtig. Gilt das deutsche Erbrecht ?
Guten Tag,
unser Vater (dt. staatsbürger) ist in Deutschland verstorben, hat allerdings eine Immobilie in Frankreich vererbt. Ein Testament liegt nicht vor. Kommt hier bezüglich der Erbquote französisches oder deutsches Erbrecht zur Anwendung? Seitens des beauftragten Notars haben wir diesbezüglich verschiedenste Auskünfte erhalten.
Hallo,
mein Vater lebte in Deutschland. Ich in Frankreich. Wo kann ich in Frankreich das Erbe ausschlagen? Beim deutschen Notar geht es meines Wissens nicht, oder?
Sehr geehrte Anwältin,
Meine Anfrage geht um die Zuständigkeit des Landesrechts bei einer Erbausschlagung.
Der Verstorbene ist Deutscher, hat in Deutschland gearbeitet, und ist im Dezember 2024 in Deutschland verstorben.
Sein letzter Wohnort war seit Mitte 2023 Volgelsheim Frankreich.
In Deutschland wurde das Erbe bereits beim Nachlassgericht ausgeschlagen.
Die Frage ist: französisches Recht ? Und muss das Erbe in Frankreich auch ausgeschlagen werden ?
Vielen Dank im Voraus
Bonjour Madame Berton,
Ich bin französischer Staatsbürger lebt und arbeitet seit über 50 Jahren in Deutschland.
Für mich gilt hier das deutsche Recht bzw. das deutsche Erbschaftsrecht
Meine Mutter, die in Frankreich lebte ist jetzt verstorben.
Für ihre Erbe soll das französische Erbschaftsrecht gelten !
Welches Erbschaftsrecht gilt wirklich in diesem Fall ?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
S. Galley
Guten Tag. Mein Mann ist vor 3 Monaten verstorben. Ich lebe seit 21 Jahren in Frankreich, mein Mann ist nach unserer Eheschließung vor 7 Jahren in mein Haus gezogen. Seine 3 Kinder aus 1. Ehe wollen jetzt erben. Im Testament wurden sie enterbt, weil sie 20 Jahre keinen Kontakt hatten.
Das Leben von meinem Mann hat sich nur in Deutschland abgespielt (Grenzgänger).
Welches Erbrecht findet hier Anwendung?
Vielen Dank
Guten Morgen Madame Berton,
mein Mann ist französischer Staatsbürger lebt und arbeitet seit über 40 Jahren in Deutschland. Seine Mutter die in Frankreich lebte ist jetzt verstorben. Wie verhält es sich nun mit der Erbschaftssteuer, welches Erbschaftsrecht gilt in diesem Fall?
Besten Dank m Voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Simone herbert-Fugier
Vielen Dank für diesen Beitrag. Wie ist es zum Beispiel, wenn meine Mutter, mit deutscher Staatsbürgerschaft, dauerhaft wohnhaft in Frankreich, mit Wohneigentum in Frankreich, verstirbt und ich als Erbe eintrete? Welches Recht ist in diesem Fall anzuwenden und wäre eine Beratung in diesem Fall sinnvoll?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Ich bin deutsche Staatsbürgerin, lebe und arbeite aber schon lange in Frankreich, und mache dementsprechend auch dort meine Einkommenssteuererklärung. Wenn ich von meinen Eltern erben würde (ebenfalls deutsche Staatsbürger⋅innen mit Wohnsitz in Deutschland), welche Erbschaftsteuer und Freibeträge würden für mich gelten, die französischen oder die deutschen? Bzw. wovon hängt es ab, ob ich im Falle einer solchen Erbschaft in Frankreich oder Deutschland besteuert werde?
Bonjour, meine deutsche Mutter mit gewöhnlichem Wohnsitz in D ist verstorben, es findet also das deutsche Erbrecht Anwendung. Wenn ich als französische Steuerzahlerin (in F verheiratet) nun ihre Wohnung in D oder ihre Aktien verkaufe, wie muss dann der Erlös in Frankreich versteuert werden? Verkaufspreis minus Kaufpreis = zu versteuernde Einnahme ist ja nicht möglich. Danke im voraus für Ihre Anrwort !
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Guten Tag, eine ältere Dame hat mich kontaktiert und sie will mir ihr Vermögen von ca. 400000€ vor ihrem Tod vererben. Das Geld liegt nach ihren Angaben auf einer französischen Bank. Ihr Notar Herr Armin Klien hat mit mir Kontakt aufgenommen um die Formalitäten zu klären. Herr Klien ist nach seinen Angaben in der Pariser Notarkammer tätig. Ich denke leider, das ich hier betrogen werden Für einen Rat wäre ich sehr dankbar.
Wie hoch ist der Freibetrag bei Erbschaft für meinen Sohn, der in Frankreich wohnt, aber eine deutsche Staatsbürgerschaft hat
Vielen Dank für diesen Beitrag zum Thema Erbe. Ich suche gerade einen Anwalt für Erbrecht. Ich Interessant, dass eine Erbschaft als grenzüberschreitend betrachtet wird, wenn mehrere Länder davon betroffen sind.
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Hallo..mir geht es ähnlich wie der einen Dame hier…ich soll geerbt haben…von einer Dame die ich nicht kenne…..eine ziemlich große Summe… für die ich jetzt 250,- für den Versand…weitere 600,-€ für Versicherungen….einer Visakarte bezahlen soll…ich habe auch die Befürchtung betrogen zu werden… Dieser Herr Deschamps ist wohl Anwalt und mit dieser Sache persönlich betraut…
Ist es denn Rechtens Geld für ein ,, Erbe,, zu verlangen…???
Ich weiß bald nicht mehr weiter…ich habe kein Geld und will da auch nichts bezahlen… kann man das hier von hier aus Deutschland prüfen lassen…ob es seine Richtigkeit hat….????