SARL und Nichtgesellschafter in der Gesellschafterversammlung

Veröffentlicht am 11.04.24
Versammlung der SARL und Nichtgesellschafter anwesend
SARL und Nichtgesellschafter in der Gesellschafterversammlung
Versammlung der SARL und Nichtgesellschafter anwesend

Die Hauptversammlung einer französischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung – in Französisch: Société à Responsabilité Limitée (SARL) – ist ein Schlüsselmoment im Leben eines Unternehmens, bei dem die Gesellschafter wichtige Entscheidungen über die Geschäftsführung und die strategische Ausrichtung des Unternehmens treffen können. Die Teilnahme eines Nichtgesellschafters an diesen Versammlungen (insbesondere eines Nichtgesellschafters, der sich für einen Gesellschafter hielt und abstimmte) wirft jedoch Fragen hinsichtlich der Gültigkeit und der Auswirkungen seiner Beteiligung auf. Dieser Artikel untersucht anhand einer Entscheidung des Kassationsgerichts vom 11. Oktober 2023(Nr. 21-24.646 FS-B) die Bedingungen, unter denen ein Nichtgesellschafter bei der Hauptversammlung einer SARL anwesend sein kann, und die sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen.

Gesellschafterversammlungen von SARLs und ihre Gültigkeit

Damit ein Beschluss in einer Versammlung gültig ist, ist es unerlässlich, dass diese Versammlung :

  • ordnungsgemäß einberufen wurde, d. h. die Gesellschafter müssen innerhalb der in der Satzung allgemein vorgesehenen Fristen einberufen worden sein,
  • nur Gesellschafter zählt,
  • die Regeln über die Stimmabgabe einhält.

Diese Grundprinzipien ermöglichen eine sichere Abstimmung ohne äußeren Einfluss.

Beteiligung eines Dritten für einen Gesellschafter

Die Teilnahme an den Generalversammlungen ist normalerweise den Gesellschaftern der SARL vorbehalten, da sie die Geschäftsanteile besitzen, die ihnen das Stimmrecht verleihen. Die Satzung der SARL kann die Teilnahme- und Abstimmungsmodalitäten festlegen, wobei sie sich immer an die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches halten muss.

Fälle, in denen ein Dritter eingreifen will, sind folgende:

  1. Fachkenntnisse und Beratung: Ein Gesellschafter holt Dritte für Fachkenntnisse oder Beratung zu bestimmten Themen heran. Diese Dritten können Steuerberater, Rechtsanwälte im Bereich des französischen Gesellschaftsrechts oder Berater sein. Ihre Teilnahme erfolgt in der Regel in beratender Funktion und sie haben kein Stimmrecht. Dies ist nur möglich, wenn alle Gesellschafter generell einverstanden sind.
  • Vertretung der Gesellschafter: Ein Gesellschafter kann sich bei einer Gesellschafterversammlung durch einen Dritten vertreten lassen, sofern diese Möglichkeit in der Satzung der SARL vorgesehen ist und der Drittvertreter die in der Satzung festgelegten Bedingungen erfüllt. Meistens beschränkt die Satzung diese Vertretungsmöglichkeit auf einen Mitgesellschafter.
  • Bevollmächtigter: In bestimmten Fällen kann ein Bevollmächtigter, der kein Gesellschafter ist, an den Hauptversammlungen teilnehmen.

Teilnahme eines Nichtgesellschafters, der sich für einen Gesellschafter hielt, an der Versammlung

Der konkrete Sachverhalt, zu dem der Kassationshof Gelegenheit hatte, seine Position zu erläutern, war folgender: Eine Mutter und ihr Sohn halten zusammen 500 Geschäftsanteile an einer SARL, d. h. alle Anteile, die das Kapital der Gesellschaft ausmachen.  Einige Jahre später erwirbt ein Ehepaar die gesamten Anteile der Mutter. Der Sohn seinerseits überträgt 200 Geschäftsanteile an zwei weitere Gesellschafter.

Als die Mutter starb, weigerten sich ihre Kinder, den Verkauf der Geschäftsanteile ihrer Mutter an der SARL an das Ehepaar anzuerkennen und klagten auf Anfechtung des Verkaufs der Anteile. Sie waren der Meinung, dass die Unterschrift auf den Urkunden über den Verkauf der Anteile nicht die ihrer Mutter sei. Die Urkunden seien daher gefälscht. Sie fordern den Richter auf, auch über die Auswirkungen der Anfechtung des Verkaufs zu entscheiden, ohne die Tragweite dieser Entscheidung zu bedenken.

Nichtigkeit von Beschlüssen aufgrund der Teilnahme eines Nichtgesellschafters

Die Richter, die von den Erben angerufen wurden, um den Verkauf der Gesellschaftsanteile an das Ehepaar anzufechten, entschieden bei dieser Gelegenheit auch über die Folgen dieser Anfechtung. Sie entschieden, dass alle Gesellschafterversammlungen, an denen das Ehepaar teilgenommen hatte, ungültig waren. Der Erbe und zugleich Gesellschafter der SARL versuchte in dem Gerichtsverfahren, diese Situation der Nichtigkeit aller Versammlungen zu vermeiden. Tatsächlich wurden mehr als ein Jahrzehnt an Beschlüssen, insbesondere zur Feststellung des Jahresabschlusses, zunichte gemacht. Der Erbe und zugleich Gesellschafter beantragte beim Kassationsgericht, für Nichtigkeiten Artikel L223-27 des Handelsgesetzbuchs anzuwenden, der Folgendes besagt: „Jede unregelmäßig einberufene Versammlung kann für nichtig erklärt werden. Die Nichtigkeitsklage ist jedoch nicht zulässig, wenn alle Gesellschafter anwesend oder vertreten waren“.

Diese Gesetzesbestimmung gibt dem Richter die Möglichkeit, aber nicht die Pflicht, Versammlungen für nichtig zu erklären. Der Richter könnte je nach den Umständen des Falles beurteilen, ob die Nichtigkeit der abgehaltenen Versammlungen ausgesprochen werden muss, wobei er insbesondere das Gesellschaftsinteresse berücksichtigt.

Dieses Argument wurde jedoch vom Kassationsgericht zurückgewiesen, das die Gelegenheit nutzte, um sehr deutlich zu differenzieren:

  • die Nichtigkeit aufgrund einer nicht ordnungsgemäßen Einberufung der Versammlung und
  • Nichtigkeit, die auf der Anwesenheit eines Nichtmitglieds bei der Versammlung beruht.

Die Richter halten hier fest, dass nur die Teilnahme eines Dritten an einer Hauptversammlung einen Grund für die Nichtigkeit darstellt. Dieser Grund ist völlig verschieden von dem, der die Unregelmäßigkeit der Einberufung begründet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir es hier nicht mit einer Unregelmäßigkeit bei der Einberufung zu tun haben, sondern mit der Durchführung der Versammlung an sich.

Verbot für Dritte, an Gesellschafterversammlungen teilzunehmen

Artikel 1844 des Zivilgesetzbuches ist eindeutig: „Jeder Gesellschafter hat das Recht, an den kollektiven Entscheidungen teilzunehmen“; im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Person, die nicht Gesellschafter ist, nicht berechtigt ist, an den kollektiven Entscheidungen einer Gesellschaft teilzunehmen.

Das Gericht stützt sich insofern auf diesen Artikel, als es letztlich davon ausgeht, dass das Paar aufgrund der Unregelmäßigkeit der Übertragung nie diese Eigenschaft als Gesellschafter hatte.

Folglich müssen die Versammlungen, an denen das Ehepaar teilgenommen hat, rückwirkend für nichtig erklärt werden und die auf diesen Versammlungen gefassten Beschlüsse werden ebenfalls für nichtig erklärt. Die Nichtigkeit von Beschlüssen, die vor mehr als zehn Jahren gefasst wurden, stellt eine starke Sanktion dar und wird sich zweifellos auf das Leben der Gesellschaft auswirken.

Die Teilnahme eines Nichtgesellschafters und sein Einfluss auf die Entscheidung

Mit dieser Entscheidung bestätigten die Richter, dass die Hauptversammlung für nichtig erklärt werden muss, wenn ein Nichtgesellschafter daran teilgenommen hat. Das Gericht verlangt, dass die Teilnahme des Nichtmitglieds das Ergebnis der Beschlüsse der Hauptversammlung beeinflusst hat.

In diesem speziellen Punkt nuancieren die Richter ihre Position, die sie in einem einige Monate zuvor ergangenen Urteil eingenommen hatten.

Um die Nichtigkeit auszusprechen, muss ein Nichtgesellschafter nicht nur an der kollektiven Beschlussfassung teilnehmen, sondern diese Teilnahme muss auch geeignet gewesen sein, den Beschlussfassungsprozess zu beeinflussen. Konkret muss man nachweisen können, dass die getroffenen Entscheidungen anders ausgefallen wären, wenn die Nichtgesellschafter nicht an der Versammlung teilgenommen hätten.

In der Praxis kann man sich vorstellen, dass diese Bedingung letztlich auf einer Frage der Mehrheit beruht. Die Teilnahme eines Nichtgesellschafters ist nämlich nicht geeignet, das Ergebnis von Beschlüssen zu beeinflussen, wenn die für die Abstimmung erforderliche Mehrheit oder das Quorum auch ohne Berücksichtigung dieser Teilnahme eingehalten wird.

Diese vom Kassationsgericht gefundene Lösung gilt nicht nur für SARLs, sondern auch für alle kollektiven Entscheidungen, die auf der Grundlage von Artikel 1844 Absatz 1er getroffen werden, der eine Bestimmung des allgemeinen Rechts ist. Somit könnten auch andere Gesellschaftsformen betroffen sein.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: vegefox.com

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