Rechtsmittel des Steuerpflichtigen gegen einen verbindlichen Vorbescheid der Finanzverwaltung
25.01.17

Eine Entscheidung des höchsten französischen Verwaltungsgerichtes vom 02.12.2016 ermöglicht es, Rechtsmittel gegen ein Steuerruling einzulegen
Das französische Steuerrecht ist oftmals auslegungsbedürftig und die Auslegung hat einen direkten Einfluss auf die Besteuerung. Dies kann zu Ungewissheiten für den Steuerpflichtigen führen. Vor diesem Hintergrund kann das Finanzamt beispielsweise auf Anfrage eines Steuerpflichtigen dazu aufgefordert werden, Stellung zur Auslegung von steuerrechtlichen Bestimmungen zu nehmen. Das nennt man ein Steuerruling oder auch verbindlicher Vorbescheid, das im französischen Recht in den Artikeln L77 bis L80 sowie R*80B-1 bis R*80 CB-6 der französischen Abgabenordnung geregelt ist.
Bis Ende 2016 hatten Steuerzahler in Frankreich keine Möglichkeit, die Stellungnahme der Finanzverwaltung im Ruling in Frage zu stellen. Hatte die Meinung der Behörde für den Steuerzahler negative Auswirkungen, so konnte er nichts dagegen unternehmen. In einer Entscheidung vom 02.12.2016 hat der französische Conseil d’Etat diese Regel gelockert und eine Ausnahme eingeführt.
Das Finanzamt legt einen Text bezüglich eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes nachteilig aus
Die vorliegende Entscheidung hatte ein Steuerruling über den Anwendungsbereich des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes zum Gegenstand. Dieser ermäßigte Steuersatz ist in Frankreich auf Bücher anwendbar und ein Verlagshaus wollte wissen, ob dieser Steuersatz auch auf die von ihm herausgegebenen Zeitschriften anwendbar sei. Das Verlagshaus hat in diesem Zusammenhang von dem Verfahren des Steuerrulings Gebrauch gemacht. Das französische Finanzamt hat sich in diesem Fall für die Anwendung des normalen Steuersatzes ausgesprochen und hat den ermäßigten Steuersatz hier abgelehnt, und somit eine klare steuerrechtliche Unterscheidung zwischen Büchern und Zeitschriften vorgenommen. Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht von Paris hat das Rechtsmittel, das vom Verlagshaus gegen dieses Steuerruling eingelegt wurde, abgewiesen. In zweiter Instanz wurde dem Antrag des Verlagshauses allerdings vom Oberverwaltungsgericht (Cour administrative d’appel) stattgegeben. Daraufhin wurde das höchste französische Verwaltungsgericht (Conseil d’Etat) angerufen.
Die Rechtsmittel gegen ein Steuerruling
Der Conseil d’Etat geht davon aus, dass die Möglichkeit, ein Rechtsmittel gegen das Steuerruling eines Finanzamts einzulegen, dem Steuerpflichtigen zustehen muss, für den das Steuerruling nennenswerte Auswirkungen hat, und zwar nicht steuerrechtlicher Natur, sondern vielmehr in wirtschaftlicher Hinsicht, oder der auf Grund des Steuerrulings ein Vorhaben ändern oder gar aufgeben muss. Dabei geht es darum sicherzustellen, dass das Steuerruling für den Steuerzahler keine zu strengen Auflagen schafft, beispielsweise in wirtschaftlicher Hinsicht. Im vorliegenden Fall, spricht die Anwendung des normalen Mehrwertsteuersatzes auf Zeitschriften gegen ihren Verkauf. Der Conseil d’Etat hat folglich entschieden, dass gegen die vom Finanzamt gegebene Antwort ein Rechtsmittel eingelegt werden konnte.
Dabei muss unterstrichen werden, dass das Verfahren gegen das Ruling verbindliche Schritte vorsieht, die streng zu beachten sind.
So muss der Steuerpflichtige:
- prüfen, dass die Bedingungen zum Einlegen des Rechtsmittels erfüllt sind;
- die Behörde um eine zweite Prüfung seiner Fragestellung bitten;
- das Rechtsmittel gegen das Steuerruling einlegen.
Dieses neue Rechtsmittel ist grundsätzlich eine gute Neuigkeit für Steuerpflichtigen, selbst wenn der Anwendungsbereich eher gering ist. Allerdings müssen die Zulassungsvoraussetzungen dieses neuen Rechtsmittels noch genau bestimmt werden, wobei die gerichtliche Auslegung helfen wird.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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Bilder: utoi, vege