Übermäẞige Dauer eines Insolvenzverfahrens: Welche Möglichkeiten?

26.01.15
Zu langes Insolvenzverfahren
Zu langes Insolvenzverfahren
Zu langes Insolvenzverfahren

In dem Eröffnungsbeschluss eines Insolvenzverfahrens nach französischem Recht wird eine Frist für die Beendigung der Abwicklung festgesetzt. Das Insolvenzgericht kann diese Frist verlängern, wenn die Abwicklung im Insolvenzverfahren nicht fristgerecht beendet werden kann. Fristen sind aufgrund ihrer praktischen Bedeutung und der Notwendigkeit, sie stetig zu verbessern, oft Thema von Auseinandersetzungen und gesetzlichen Reformen im französischen Insolvenzrecht.

In einem Urteil vom 16.12.2014 hat der französische Kassationshof (Cour de cassation) erneut die für die Dauer des Insolvenzverfahrens und die Frist über den Abwicklungsabschluss einer Insolvenz anwendbaren Grundsätze klargestellt, welche in früheren Gerichtsentscheidungen festgelegt worden waren.

Eine Insolvenzverfahrensdauer von 34 Jahren ist nicht gerechtfertigt

Insolvenzverfahren vor dem Handelsgericht in FrankreichIn der dem französischen Kassationshof vorgelegten Angelegenheit ging es um ein im Juli 1976 eröffnetes Insolvenzverfahren. Der Schuldner hatte im Jahr 2011 das französische Handelsgericht (Tribunal de commerce) angerufen, um den Ausspruch der Beendigung des Insolvenzverfahrens zu bewirken. Er stützte sich auf die Verfahrensdauer von 34 Jahren und berief sich auf das Recht auf ein faires Verfahren innerhalb einer angemessenen Frist aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Klage des Schuldners wurde unter der Begründung, dass noch zu verwertende Aktiva vorhanden seien, nicht stattgegeben.

Der Schuldner ging in die Berufung. Das französische Berufungsgericht (Cour d’appel) hat ebenfalls befunden, dass die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verfahrens nicht vorlägen. Allerdings war es der Ansicht, dass das Verfahren nicht übermäẞig lange andauern dürfe. Im vorliegenden Fall sei dem Verfahren seine wirtschaftliche Rechtfertigung entzogen worden, welche darin lag, die Gläubiger zu befriedigen. Daher sei die die Vorenthaltung der Rechte des Schuldners nicht mehr gerechtfertigt. Das Berufungsgericht veranlasste die Einstellung des Insolvenzverfahrens.

Die Voraussetzungen für die Einstellung des Insolvenzverfahrens liegen nicht vor

Der französische Insolvenzverwalter hat einen Revisionsantrag gestellt. Er wies wiederholt darauf hin, dass die Dauer des Insolvenzverfahrens auf das Verhalten des Schuldners zurückzuführen sei. Letzterer habe eine Vielzahl von Verfahren eingeleitet, um die Einstellung des Insolvenzverfahrens zu verzögern.

Der französische Kassationshof hat in seinem Urteil vom 16.12.2014 die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben. Das oberste Gericht stellt erneut klar, dass die Einstellung nicht ausgesprochen werden kann, solange die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, d.h. solange noch verwertbare Aktiva vorhanden sind. Dementsprechend kann die Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht die Folge einer übermäẞig lange(n) Dauer des Insolvenzverfahrens sein. Der französische Kassationshof vertritt also eine formalrechtliche Auffassung.

Jedoch wurde das Gesetz mit Wirkung ab dem 1.7.2014 in diesem Bereich gelockert. Die Einstellung des Insolvenzverfahrens wegen unzureichender Aktiva kann nunmehr ausgesprochen werden, wenn das Interesse an seiner Durchführung gegenüber den Schwierigkeiten der Verwertung der restlichen Aktiva unverhältnismäẞig ist.

Ein eigener Anspruch des Schuldners im Insolvenzverfahren auf Schadensersatz

Der französische Kassationshof hat dagegen in seinem Urteil dem Schuldner einen Anspruch auf Ersatz seines Schadens zuerkannt, der ihm durch die Dauer des Vermögensbeschlags, der ihm jegliche Verfügung über sein Vermögen untersagt, entstanden ist. Das Gericht gewährt ihm das Recht, Schadensersatz wegen schwerwiegendem Fehler aufgrund einer nicht ordnungsgemäẞen Funktionsweise der öffentlichen Dienstleistung der Rechtspflege zu verlangen. Der französische Kassationshof hat auf diesem Wege versucht, die strengen gesetzlichen Vorgaben zu lockern.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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