Berechnung von Überstunden

13.02.23
Berechnung der Überstunden
Berechnung von Überstunden
Berechnung der Überstunden

Die Regeln des französischen Arbeitsrechts in Bezug auf die Arbeitszeit sind kompliziert und oft schwer zu verstehen. In der Praxis beziehen sich die meisten Fragen auf die Modalitäten zur Berechnung der Überstunden. Nachstehend geben wir einen kurzen Leitfaden für alle diejenigen, die solche Überstunden berechnen und bezahlen müssen.

Die Inanspruchnahme von Überstunden

In der Praxis des französischen Arbeitsrechts stellt sich häufig die Frage der Behandlung von Überstunden. Im Jahr 2016 verbrachten die Franzosen für gewöhnlich jede Woche 36,3 Stunden auf der Arbeit, also für eine Arbeitswoche ohne besondere Ereignisse, wohingegen die deutschen Arbeitnehmer durchschnittlich 34,8 Stunden auf der Arbeit verbrachten.

Die gesetzliche wöchentliche Arbeitsdauer ist in Frankreich jedoch auf 35 Stunden festgelegt. Somit stellt jede tatsächlich gearbeitet Stunde über die 35 Wochenstunden hinaus, abgesehen von Ausgleichssystemen, eine Überstunde dar. Folglich werden häufig Überstunden geleistet.

Das Arbeitsrecht gibt dem Arbeitgeber die Möglichkeit, im Rahmen seiner Weisungsbefugnis Überstunden von seinen Arbeitnehmern zu verlangen, unter der Voraussetzung einer ausreichenden Vorankündigungsfrist. Allerdings unterliegt der Arbeitgeber, außer bei Ausnahmen, Einschränkungen in Bezug auf die jährliche Anzahl an Überstunden, die im Tarifvertrag des Unternehmens oder ansonsten im Gesetz (220 Stunden pro Jahr) festgelegt ist. Des Weiteren muss der Arbeitgeber die wöchentliche Höchstarbeitsdauer einhalten, wenn einer seiner Arbeitnehmer Überstunden leistet.

Der Arbeitnehmer hingegen hat keinen Anspruch darauf, Überstunden leisten zu dürfen.

Grundsätzlich können alle Arbeitnehmer die Zahlung von Überstunden fordern, auch leitende Angestellte.

Allerdings sind insbesondere folgende Arbeitnehmer nicht von Überstunden betroffen:

  • Arbeitnehmer mit einer jährlichen Tagespauschale;
  • Außendienstmitarbeiter, wenn sie keine überprüfbaren Arbeitszeiten haben;
  • Führungskräfte;
  • angestellte Geschäftsführer, die ihre Arbeitszeiten selbst festlegen;
  • Arbeitnehmer in Teilzeit;
  • Hausangestellte, Tagesmütter, Hausmeister und Gebäudebedienstete.

Des Weiteren stellen vom Arbeitnehmer über die gesetzliche Arbeitsdauer hinaus geleistete Stunden keine Überstunden dar.

Arbeitsstunden während dem Solidaritätstag, Arbeitsstunden, die der Arbeitnehmer im Rahmen individueller Arbeitszeiten von einer Woche auf die andere Woche verschiebt, und auch ein Stundenausgleich gelten nicht als Überstunden. Ebenso werden nicht gearbeitete Stunden, die für die Berechnung der Arbeitsdauer nicht als tatsächliche Arbeitszeit zählen, nicht berücksichtigt, also Bereitschaft, bezahlter Urlaub, usw.

Berechnung der Anzahl an Überstunden

Auch bei einer monatlichen statt einer wöchentlichen Abrechnung der Arbeitsstunden werden Überstunden im Rahmen einer Kalenderwoche, also von Montag 0 Uhr bis Sonntag 24 Uhr, berechnet. Ein Ausgleich von einer Woche auf die andere ist nur durch besondere Ausnahmeregelungen möglich.

Wenn also ein Arbeitnehmer mit einer vertraglichen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden in einer Woche 39 Stunden arbeitet und wegen fehlender Arbeit in der folgenden Woche nur 31 Stunden, hat er Anspruch auf die Zahlung seiner 4 Überstunden. Wenn die Organisation der Arbeitszeit sich jedoch über mehr als eine Woche erstreckt, kann die Berechnung der Überstunden über einen anderen Zeitraum als eine Kalenderwoche erfolgen.

Seit dem Arbeitsgesetz vom 08.08.2016 („loi Travail“) kann der Referenzzeitraum durch eine Betriebs- oder Niederlassungsvereinbarung auf bis zu 3 Jahre erhöht werden, wenn dies von der Branchenvereinbarung erlaubt wird.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass eine mit dem Arbeitnehmer abgeschlossene Stundenpauschale bereits feste, bezahlte Überstunden beinhaltet. So werden über diese Pauschale hinaus geleistete Stunden zusätzlich vergütet.

Es kann zum Beispiel ein pauschales Bruttogehalt von 3.000 Euro für 39 Wochenstunden vereinbart werden, so dass das pauschale Gehalt bereits den Zuschlag für die 4 festen Überstunden beinhaltet.

Berechnungsgrundlage für die Überstunden

Um den Wert einer Überstunde richtig zu berechnen, muss zunächst der Stundenlohn berechnet werden.

Dazu muss zum Gehalt des Arbeitnehmers jeder Betrag als direkte Gegenleistung für geleistete Arbeit hinzugerechnet werden. Dies ist insbesondere der Fall von Prämien, die fester Bestandteil der Art der Arbeit sind, wie beispielsweise eine Prämie für Arbeit in der Kälte oder eine Leistungsprämie, welche unmittelbar mit der Arbeit des Arbeitnehmers zusammenhängt (frz. Kassationshof, 29. April 1970, Nr. 69-40.263). Dementsprechend fließt eine Leistungsprämie, die nicht mit der individuellen Leistung des Arbeitnehmers verknüpft ist, nicht in die Berechnungsgrundlage für Überstunden ein.

Ebenso müssen auch variable Vergütungsbestandteile als direkte Gegenleistungen für die Arbeit des Arbeitnehmers in die Berechnungsgrundlage der Überstunden einfließen (frz. Kassationshof, 17. Dezember 1996, Nr. 93-42.003).

Da die Rückerstattungen von beruflichen Kosten keine Gehaltsbestandteile darstellen, werden diese von der Berechnungsgrundlage für Überstunden ausgeschlossen.

Berechnung der Überstunden für einen Arbeitnehmer in Teilzeit

Arbeitnehmer in Teilzeit leisten Überstunden, wenn sie mehr als die vertraglich vorgesehene Arbeitsdauer arbeiten. Es handelt sich also um das Pendant zu den Überstunden für Arbeitnehmer in Vollzeit, aber mit einem anderen gesetzlichen Rahmen.

Die Anzahl dieser Überstunden ist begrenzt. So ist es beispielsweise nicht möglich, dass ein Arbeitnehmer, der gewöhnlich in Teilzeit arbeitet, Überstunden leistet, die seine wöchentliche Arbeitszeit auf 35 Stunden (Vollzeit) erhöhen würden. Außerdem wird die Anzahl an Überstunden, die ein Arbeitnehmer in Vollzeit wöchentlich arbeiten darf, durch das Gesetz oder den im Unternehmen anwendbaren Tarifvertrag auf einen festen Grenzwert beschränkt.

Des Weiteren wird auf jede geleistete Überstunde ein Zuschlag von 10 % angewandt, begrenzt auf 1/10 der vertraglich festgelegten Arbeitsdauer, und von 25 % für jede zusätzliche geleistete Überstunden und begrenzt auf 1/3 der vertraglich festgelegten Arbeitsdauer.

Der Arbeitnehmer kann es auch ablehnen, Überstunden zu leisten, wenn er zu spät darüber informiert wurde oder wenn die Überstunden, die er leisten kann, in seinem Arbeitsvertrag begrenzt sind.

Zuschläge für Überstunden

Es gilt folgender Grundsatz:

  • Ab der 36. und bis zur 43. geleisteten wöchentlichen Arbeitsstunde muss das Grundgehalt um 25 % des Stundenlohns erhöht werden.
  • Ab der 44. geleisteten wöchentlichen Arbeitsstunde wird das Grundgehalt um 50 % des Stundenlohns erhöht.

Abweichend davon kann der anwendbare Tarifvertrag einen anderen Stundenzuschlag, wobei dieser Zuschlag mindestens 10 % betragen muss, sowie eine unterschiedliche Aufteilung als die gesetzliche vorsehen.

Des Weiteren werden nächtliche Überstunden, also zwischen 21 Uhr und 7 Uhr, mit einem gesetzlichen Zuschlag von 75 % berechnet. Ebenso wie für tagsüber geleistete Überstunden, kann ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung diesen Prozentsatz sowie die Zeiten für Nachtarbeit ändern.

Zahlung der Überstunden

Wenn die Überstunden vergütet und nicht durch Ruhezeit ausgeglichen werden, kann der Arbeitgeber:

  • die Überstunden auszahlen. Sie müssen zwingend und eindeutig auf dem Lohnzettel des Arbeitnehmers angegeben werden oder
  • eine Ausgleichsruhezeit gewähren, deren Dauer der Vergütung der Überstunden entspricht. Jede Stunde mit einem Zuschlag von 25 % führt also zu einer Ausgleichsruhezeit von 1 Stunde und 15 Minuten.

In der Praxis wird in Unternehmen, die eine kollektive Arbeitszeit von mehr als 35 Wochenstunden ansetzen, regelmäßig auf Freizeitausgleich, sogenannte RTT (réduction du temps de travail), zurückgegriffen Dadurch werden den Arbeitnehmern zusätzliche Ruhezeiten als Gegenleistung für die geleisteten Überstunden gewährt.

Seit dem 01.01.2019 hat die französische Regierung auch beschlossen, Überstunden attraktiver zu machen. Diese neu eingeführten Maßnahmen sind besonders interessant für Arbeitnehmer, da Überstunden für sie, begrenzt auf 5.000 Euro, steuerbefreit sind. Dieser Höchstbetrag wurde für das Einkommen des Jahres 2022, das im Jahr 2023 zu versteuern ist, auf EUR 7.500 angehoben.

Des Weiteren unterliegen diese Überstunden keinen Sozialabgaben (Befreiung bis zu einem Satz von 11,31 %). Gleiches gilt für Überstunden von Arbeitnehmern in Teilzeit.

Diese Maßnahmen wurden für das Jahr 2022 fortgesetzt. Allerdings sollte der Arbeitgeber nicht vergessen, dass diese Entwicklungen hauptsächlich den Arbeitnehmern gewidmet sind. Auch wenn die Verhandlung einer Erhöhung der Arbeitszeit der Arbeitnehmer also wahrscheinlich erleichtert wird, darf nicht vergessen werden, dass die Kontrolle der Anzahl der Überstunden im Unternehmen wesentlich ist.

Der Nachweis von Überstunden

Überstunden stehen im Mittelpunkt vieler Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht. Die Frage des Nachweises von Überstunden ist von entscheidender Bedeutung.

Die Beweislast für Überstunden ist zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer aufgeteilt.

Es ist Sache des Arbeitnehmers, zuerst die Tatsachen zu liefern, die seinen Anspruch glaubhaft machen. Die Behauptung, dass er Überstunden geleistet hat, reicht nicht aus. Er muss dem Gericht Tatsachen vorbringen, aus denen hervorgeht, dass er Überstunden geleistet hat. Der Beweis ist frei unter der Bedingung der Loyalität. Die Rechtsprechung akzeptiert regelmäßig als Beweis für Überstunden z.B.:

1. eine technische Aufzeichnung der Überstunden in einer Software oder Anwendung,

2. eine Abrechnung der Stunden pro Datei,

3. eine Abrechnung der Zeiten für Arbeitsbeginn und -ende,

4. ein persönlicher Terminkalender,

5. E-Mails, die die Tätigkeit des Arbeitnehmers außerhalb der Arbeitszeit belegen.

Wenn die vom Arbeitnehmer vorgelegten Beweise ausreichend genau sind, muss der Arbeitgeber darauf reagieren und seine eigenen Beweise vorlegen, um sie zu widerlegen und die tatsächlich vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeitsstunden zu belegen.

Der Kassationshof erinnerte kürzlich in zwei Urteilen daran, dass der Richter die vom Arbeitnehmer vorgelegten Beweise nicht wegen ihrer angeblichen Unzulänglichkeit zurückweisen darf, da dies die alleinige Beweislast auf den Arbeitnehmer verlagern würde (Kassationshof, Sozialkammer, 14. Dezember 2022, Rechtsmittel Nr. 21-18.036 und 21-18.139).

Im ersten Urteil hatte die Arbeitnehmerin Tagebücher vorgelegt, in denen alle ausgeführten Aufgaben und der Zeitrahmen für jeden Arbeitszeitraum angegeben waren, sowie Zeugenaussagen und eine wöchentliche Abrechnung der geleisteten Arbeitsstunden. Das Berufungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Tagebücher Eintragungen enthielten, die im Nachhinein für die Zwecke des Rechtsstreits hinzugefügt worden waren, was sie nach Ansicht des Berufungsgerichts unzuverlässig und unglaubwürdig machte. Der Kassationshof hob das Urteil auf, da es die Beweislast nur der Arbeitnehmerin auferlegte.

In dem anderen Urteil hatte der Arbeitnehmer vorgelegt:

  1. eine Tabelle mit der Zählung der Arbeitszeiten,
  2. einen Bericht der Arbeitsaufsichtsbehörde mit den Anfangs- und Endzeiten der Arbeit,
  3. E-Mail-Aufzeichnungen des Arbeitnehmers und eine Liste der Arbeitszeiten.
  4. Bescheinigungen.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, dass diese Elemente nicht ausreichend waren. Das Kassationsgericht hob das Urteil auf. 

Die französischen Vorschriften über Arbeitszeit und Überstunden sind sehr streng. Wenn Sie eine qualifizierte Beratung und Vertretung im französischen Arbeitsrecht benötigen, wenden Sie sich bitte an unsere Anwaltskanzlei.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

Alle Urheberrechte vorbehalten

Bild: wayne_0216

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