Verrechnungspreise Frankreich: Dokumentation und Kontrolle

Veröffentlicht am 11.01.24
Verrechnungspreise in Frankreich:: Dokumentation und Kontrolle
Verrechnungspreise Frankreich: Dokumentation und Kontrolle
Verrechnungspreise in Frankreich:: Dokumentation und Kontrolle

In der komplexen Welt der Verrechnungspreise, einem entscheidenden Bestandteil des internationalen Steuerrechts, markiert die erhöhte Aufmerksamkeit der französischen Steuerbehörden eine Ära der verstärkten Überwachung. Diese Fokussierung auf konzerninternen Transaktionen multinationaler Unternehmen unterstreicht die zunehmende Bedeutung der Einhaltung von Vorschriften, insbesondere durch die immer umfangreicher werdende Dokumentationspflicht, und der Transparenz angesichts internationaler Steuervorschriften. Und selbst die französischen Midcap-Unternehmen werden stärker unter die Luppe genommen.

Wenn Sie davon betroffen sind, sollten Sie erwägen, sich im deutsch-französischen bzw. internationalen Steuerrecht von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Verrechnungspreise, wesentliches Element der internationalen Besteuerung

Nach der Definition der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (abgekürzt: OECD) sind Verrechnungspreise „die Preise, zu denen ein Unternehmen materielle Güter oder immaterielle Vermögenswerte überträgt oder Dienstleistungen an verbundene Unternehmen erbringt“.

Konkret sind dies die Preise, die zwischen Unternehmen desselben Konzerns, die in verschiedenen Staaten ansässig sind, praktiziert werden; es sind also konzerninterne Transaktionen sowie das Überschreiten einer Staatsgrenze involviert.

Durch die Festlegung ihrer Verrechnungspreise üben die Unternehmen eines Konzerns unmittelbar einen Einfluss auf die Steuerbemessungsgrundlage der von diesen Transaktionen betroffenen Staaten aus. Aus diesem Grund achten diese Staaten darauf, dass die praktizierten Preise „Fremdvergleichspreise“ sind, um sicherzustellen, dass die in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmen für die getätigten Transaktionen angemessen entlohnt werden und somit eine indirekte Gewinnverlagerung in den anderen Staat vermieden wird.

Verschärfte Pflichten der Unternehmen zu Verrechnungspreisen

Die Frage der Verrechnungspreise ist ein wichtiges Thema im internationalen Steuerwesen. In Frankreich unterliegen Unternehmen Dokumentationspflichten, die sich auf Verrechnungspreise beziehen, und das Haushaltsgesetz 2024 hat diese Pflichten noch verschärft.

Seit dem 1. Januar 2024 ändert Artikel 116-I des Haushaltsgesetzes für 2024 (LF 2024) das französische Steuergesetzbuch (Code général des impôts, CGI) und enthält wesentliche Änderungen im Verrechnungspreisrecht, insbesondere zwei Maßnahmenpakete zur Stärkung der Kontrolle von Verrechnungspreisen bei Betriebsprüfungen.

Diese Maßnahmen betreffen also nicht die Geschäftsjahre, die im Jahr 2023 und früher beginnen.

Dokumentationspflicht für Verrechnungspreise verschärft

Die Dokumentationspflicht ist in Artikel L13 AA der französischen Abgabenordnung -Livre des Procédures Fiscales (abgekürzt: LPF)- geregelt. Es handelt sich um eine allgemeine Verpflichtung zur Vorlage der Verrechnungspreisdokumentation, die direkt und automatisch gilt, sobald die Steuerverwaltung eine Prüfung auslöst, so dass die Dokumentation von jedem betroffenen Unternehmen im Vorfeld erstellt werden muss.

Diese Verpflichtung hat das klare Ziel, einen effektiveren Kampf gegen internationalen Steuerbetrug zu entwickeln.

In Frankreich müssen bestimmte juristische Personen eine Dokumentation erstellen, in der sie ihre Verrechnungspreispolitik für Transaktionen mit verbundenen Unternehmen, d. h. anderen juristischen Personen, die zur selben Gruppe gehören, aber in einem anderen Staat ansässig sind, begründen.

Konkret umfasst die Dokumentation :

  1. eine allgemeine Beschreibung der Unternehmensgruppe, aus der hervorgeht, welche Verbindungen zwischen den Unternehmen bestehen und welche Verantwortlichkeiten sie innerhalb der Unternehmensgruppe haben ;
  2. spezifische Informationen über das geprüfte Unternehmen, einschließlich einer Beschreibung seiner Tätigkeit, der Unternehmen, mit denen es verbunden ist, und einer Erklärung, wie die Preise für die verbundenen  Unternehmen festgelegt wurden ;
  3. Vergleichspunkte zwischen der Situation des geprüften Unternehmens und der Situation anderer ähnlicher Unternehmen, um festzustellen, ob der Fremdvergleichsgrundsatz eingehalten wird.

Die Schwellenwerte, die wir im französischen Steuerrecht seit 2010 kannten und deren Überschreitung die oben erwähnte Dokumentationspflicht nach sich zog, wurden von 400.000 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro Umsatz vor Steuern bzw. Gesamtbruttovermögen gesenkt (Art. L13 AA LPF).

Diese Änderung der Schwellenwerte hat zur Folge, dass nun mehr Unternehmen von der Dokumentationspflicht für Verrechnungspreise betroffen sind und erst recht von den Sanktionen, die bei Nichteinhaltung dieser Pflicht vorgesehen sind.

Die Sanktionen sind ebenfalls strenger: Die Nichtbeantwortung oder nur teilweise Beantwortung der Anfrage der Steuerbehörde wird mit einer Geldstrafe von bis zu 0,5% des Betrags der nicht dokumentierten Transaktionen oder 5% der übertragenen Gewinne aus diesen Transaktionen geahndet. Diese Geldbuße muss mindestens 50.000 € betragen (Art. 1735 ter des CGI).

Eine weitere nicht zu vernachlässigende Änderung betrifft die Durchsetzbarkeit der Dokumentation gegenüber Unternehmen. Hier ist Artikel 57 des CGI betroffen. Zwar war bereits bekannt, dass es eine Vermutung der indirekten Gewinnverlagerung ins Ausland gibt, wenn zwischen dem französischen Unternehmen und dem im Ausland ansässigen Unternehmen Abhängigkeitsbeziehungen bestehen und zwischen den Unternehmen ungewöhnliche Vorteile gewährt werden, doch wurde Artikel 57 des CGI um einen neuen Absatz ergänzt. Dieser sieht vor, dass „wenn die Methode zur Bestimmung der Transferpreise von der Methode abweicht, die in der von einer juristischen Person der Verwaltung zur Verfügung gestellten Dokumentation vorgesehen ist (…) die festgestellte Differenz zwischen dem Ergebnis und dem Betrag, den es erreicht hätte, wenn diese Dokumentation eingehalten worden wäre, als indirekt übertragener Gewinn im Sinne des ersten Absatzes gilt, es sei denn, die juristische Person weist nach, dass keine Übertragung durch Erhöhung oder Senkung der Kauf- oder Verkaufspreise oder durch jedes andere Mittel stattgefunden hat“.

Dieser neue Absatz führt schließlich eine Umkehr der Beweislast bei der Vermutung der Gewinnverlagerung ins Ausland ein, wenn die Politik, die in der dem französischen Fiskus bei einer Prüfung übermittelten Dokumentation beschrieben wird, nicht eingehalten wird. Die Steuerverwaltung ist somit von der Pflicht befreit, das Vorliegen eines normalen Vorteils nachzuweisen, wie sie es bisher tun musste.

Zu beachten ist, dass es sich hierbei um eine einfache Vermutung handelt, die vom Steuerzahler widerlegt werden kann, indem er nachweist, dass die praktizierten Preise nicht darauf abzielen, Gewinne ins Ausland zu transferieren.

Diese Änderung ist nicht ohne Folgen, da es in der Praxis nicht selten zu Abweichungen zwischen der ursprünglich geplanten Verrechnungspreispolitik und den tatsächlich in der Buchhaltung erfassten Vorgänge kommt. Unternehmensgruppen, die davon betroffen sein könnten, sollten daher ihre Verrechnungspreisdokumentationen aktualisieren und sicherstellen, dass die tatsächlich praktizierten Preise mit den Vorgaben der Verrechnungspreispolitik übereinstimmen.

Erweiterte Möglichkeiten der Kontrolle des Preises bei der Veräußerung von immateriellen Vermögenswerten

Schwer bewertbare immaterielle Vermögenswerte bezeichnen immaterielle Vermögenswerte, für die es zum Zeitpunkt der Übertragung zwischen verbundenen Unternehmen weder verlässliche Vergleiche noch hinreichend sichere Prognosen über künftige Cashflows oder Erträge oder über die Höhe des endgültigen Erfolgs gibt. Im Klartext heißt das, dass der Erfolg dieser Transaktion zunächst ungewiss ist.

Früher konnten sich die Steuerbehörden nicht auf die Ergebnisse nach der Übertragung eines immateriellen Vermögenswerts stützen, um ihre Berichtigung zu rechtfertigen, aber Artikel 238 bis-0 I ter des französischen Steuergesetzbuchs ermöglicht dies: Dieser Text sieht vor, dass der Wert eines übertragenen immateriellen Vermögenswerts auf der Grundlage der Ergebnisse nach dem Geschäftsjahr, in dem die Transaktion stattgefunden hat, berichtigt werden kann. So wird eine nachträgliche Kontrolle eingeführt, um feststellen zu können, ob zum Zeitpunkt der Übertragung eine Über- oder Unterbewertung des Vermögenswerts vorlag.

Diese Neuerung ist auf vier Ausnahmen beschränkt, die in Artikel 238 bis-0 I ter aufgelistet sind, das sind Situationen, in denen die Berichtigung nicht anwendbar ist:

  • Der Steuerpflichtige belegt die Gültigkeit seiner Bewertung, indem er einerseits detaillierte Informationen über die zum Zeitpunkt der Verlagerung für die Preisfindung verwendeten Prognosen vorlegt. Andererseits muss der Steuerpflichtige nachweisen können, dass die erhebliche Differenz zwischen seinen Prognosen und den Ergebnissen in der Praxis entweder auf das Eintreten von Ereignissen zurückzuführen ist, die zum Zeitpunkt der Preisfestsetzung nicht vorhersehbar waren; oder auf das Eintreten von Ereignissen, die unter der Bedingung vorhersehbar waren, dass ihre Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt der Transaktion nicht erheblich unterschätzt oder überschätzt wurde.
  • Die Übertragung des betreffenden immateriellen Vermögenswerts ist durch eine für den betreffenden Zeitraum geltende bilaterale oder multilaterale vorherige Preisvereinbarung zwischen den Jurisdiktionen des Empfängers und des Übertragenden abgedeckt.
  • Die Differenz zwischen der Bewertung der zum Zeitpunkt der Transaktion erstellten Prognosen und der tatsächlich festgestellten Bewertung beträgt weniger als 20%.
  • Nach dem Jahr, in dem der immaterielle Vermögenswert zum ersten Mal Erträge von einem Unternehmen erwirtschaftete, das nicht mit dem Empfänger verbunden ist, ist eine Vermarktungsdauer von fünf Jahren vergangen. Während dieses Zeitraums betrug die Abweichung zwischen den zum Zeitpunkt der Transaktion erstellten Prognosen und den tatsächlichen Ergebnissen nicht mehr als 20 Prozent.

Schließlich verfügt die Steuerverwaltung nun über eine Sonder-Verjährungsfrist, um Berichtigungen nach der Übertragung schwer zu bewertender immaterieller Vermögenswerte vorzunehmen. Sie verfügt über eine Verjährungsfrist, die am Ende des sechsten Jahres nach dem Jahr, für das die Steuer geschuldet wird, endet (Artikel L171 B LPF).

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: Syahrir

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