Anwendbares Recht auf Arbeiten in der EU
03.01.14

Verlegung des Arbeitsorts einer Arbeitnehmerin in einen anderen Mitgliedstaat der EU
Das Europarecht sieht arbeitsrechtliche Bestimmungen für das auf einen Arbeitsvertrag anwendbare Recht in einem grenzüberschreitenden Fall vor.
In einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12.9.2013 wurden die Bestimmungen des europäischen Arbeitsrechts näher erläutert. In der Angelegenheit, die vor dem EuGH vorgetragen wurde, hat eine deutsche Arbeitnehmerin während vielen Jahren in Deutschland für die deutsche Gesellschaft Schlecker gearbeitet. Die Gesellschaft hat ihr im Jahre 1994 eine neue Stelle als Geschäftsführerin in den Niederlanden angeboten. Ein neuer Arbeitsvertrag wurde abgeschlossen. Die Arbeitnehmerin hat die Leitung von über 300 Niederlassungen und 1.250 Arbeitnehmern mehr als 11 Jahre in den Niederlanden ausgeübt.
Im Jahre 2006 hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin darüber informiert, dass ihre Stelle gestrichen wird und wies sie an, mit Wirkung zum 1. Juli 2006 eine Stelle als Bereichsleiterin in Deutschland zu übernehmen. Die Arbeitnehmerin hat eine Kündigungsschutzklage gegen ihren Arbeitgeber nach holländischem Recht in den Niederlanden eingeleitet und dabei einen Schadenersatzanspruch geltend gemacht. Sie hat gleichzeitig ihre Tätigkeit am 3.7.2006 in Deutschland aufgenommen. Die Arbeitnehmerin hat die einseitige Änderung ihres Arbeitsvertrages und insbesondere ihres Arbeitsortes durch ihren Arbeitgeber in Frage gestellt. Das niederländische Recht gewährt diesbezüglich einen höheren Schutz als das deutsche Arbeitsrecht.
Der EuGH verdeutlicht die Bestimmung des anwendbaren Arbeitsrechts
Das niederländische Gericht, das diese Angelegenheit und insbesondere die Problematik des auf den Arbeitsvertrag anwendbaren Rechts entscheiden sollte, hat dem Europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt. Sofern ein Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich, dauerhaft und ununterbrochen in ein- und demselben Land verrichtet, ist das Recht dieses Landes anzuwenden, auch wenn alle übrigen Umstände auf eine enge Verbindung des Arbeitsvertrags zu einem anderen Land hindeuten?
In vorliegender Angelegenheit war der Arbeitgeber eine juristische Person deutschen Rechts. Das Gehalt wurde in Deutscher Mark gezahlt. Die Altersrentenversicherung war bei einem deutschen Versicherer abgeschlossen. Die Arbeitnehmerin hatte ihren Wohnsitz in Deutschland beibehalten. Die Sozialbeiträge wurden in Deutschland bezahlt, obwohl die Arbeitnehmerin in den Niederlanden während vielen Jahren ununterbrochen gearbeitet hatte.
Der EuGH hat die folgende Vorabentscheidung erlassen: Die staatlichen Gerichte haben das auf den Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin anwendbare Recht unter Bezugnahme auf die Anknüpfungskriterien des Übereinkommens von Rom vom 19.6.1980 und insbesondere auf das Kriterium des Ortes der gewöhnlichen Verrichtung der Arbeit zu bestimmen. Wenn ein Vertrag enger mit einem anderen Staat verbunden ist, ist jedoch das Recht des Staates der Verrichtung der Arbeit auszuschließen und das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Dabei sind sämtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die das Arbeitsverhältnis kennzeichnen.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass auch dann wenn ein Arbeitnehmer die Arbeit im Einklang mit den Bestimmungen des Arbeitsvertrages gewöhnlich, dauerhaft und ununterbrochen in ein- und demselben Staat verrichtet, das nationale Gericht das in diesem Land anwendbare Recht ausschließen kann, wenn sich aus den gesamten Umständen ergibt, dass eine engere Verbindung zwischen diesem Vertrag und einem anderen Land besteht.
Wir können für die Praxis im deutsch-französischen Arbeitsrecht festhalten, dass man sich, z.B. im Falle der Einstellung eines französischen Mitarbeiters in Frankreich durch ein deutsches Unternehmen, niemals darauf beschränken kann, pauschal vom gewöhnlichen Arbeitsort auszugehen.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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