Mobbing der Mitarbeiter und Untersuchungspflicht

Aktualisiert am 10.04.25
Untersuchungspflicht beim Mobbing
Mobbing der Mitarbeiter und Untersuchungspflicht
Untersuchungspflicht beim Mobbing

Mobbing oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist eine schwerwiegende Situation, die der Arbeitgeber nicht einfach so hinnehmen kann. Sobald eine Meldung eingegangen ist, muss der Arbeitgeber schnell reagieren. Auch wenn es nicht keine Pflicht dazu gibt, wird dringend geraten, eine interne Untersuchung durchzuführen, um den Sachverhalt zu beleuchten.

Wir führt man eine solche interne Untersuchung fehlerfrei durch? Welche Schritte sind einzuhalten, um sowohl die beschuldigte Person, das Opfer und die Gesellschaft zu schützen?

In diesem Artikel wird das zu beachtende Protokoll einer Untersuchung in einem Mobbingfall erläutert, um keine rechtlichen Risiken einzugehen.

Pflicht des Arbeitgebers bei Verdacht

Eine der Pflichtmaßnahmen besteht für den Arbeitgeber darin, eine interne Untersuchung durchzuführen, die die folgenden Elemente aufzeigt:

  • die Gegebenheit des Sachverhaltes auf objektive Art und Weise,
  • die Art des Sachverhaltes,
  • das Ausmaß und die Auswirkung des Sachverhaltes.

Wenn sich Mobbing bewahrheitet, kann die Sanktion bis zum Kündigungsverfahren gehen. Eine Abmahnung ist wie in Deutschland nicht Pflicht.

Der französiche Kassationshof hat vor kurzem daran erinnert, dass bei einem Mobbing-Verdacht keine Untersuchungspflicht besteht, wenn andere ausreichende Maßnahmen getroffen wurden (Cass. soc. 12 juin 2024). Die Untersuchung ist also eine der möglichen Maßnahme bei einem Verdacht auf Mobbing.

Modalitäten der Untersuchung von Fall zu Fall

Das frz. Arbeitsgesetzbuch sieht keine Modalitäten für die Untersuchung zu Mobbing vor. Folglich hat die frz. Rechtsprechung die Untersuchungsmodalitäten vorgegeben. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber frei entscheiden kann, wie er diese Untersuchung organisiert, solange er seine Pflichten und den gerichtlich vorgegebenen Rahmen beachtet.

Untersuchungen zu Mobbing oder sexueller Belästigung sind Gegenstand zahlreicher Rechtsstreitigkeiten, insbesondere in einigen Fällen, in denen die Mitarbeiter der Meinung sind, dass die Untersuchungen zum Beispiel nicht objektiv geführt wurden. Aus diesem Grund erlässt der frz. BGH, der Kassationshof, diesbezüglich regelmäßig Urteile.

2020 hat der Kassationshof dem Arbeitgeber zum Beispiel die Möglichkeit gegeben, im Rahmen einer internen Untersuchung nur einen Teil der Mitarbeiter, die potenzielle Opfer des Mobbings sind, anzuhören.

Kürzlich wurden weitere Urteile erlassen, die Arbeitgebern die Durchführung einer Untersuchung erläutern.

Keine Beweislast zur Einleitung der Untersuchung

Sobald dem Arbeitgeber, eine Meldung, die ein Mobbingverhalten betrifft, bekannt wird, muss er unverzüglich handeln, auch wenn keine Beweise vorliegen. Das Gesetz schreibt eine Präventionspflicht vor: Sollte ein Zweifel bestehen oder ein Hinweis oder eine Beschwerde, auch eine informelle, eingegangen sein, ist es erforderlich, eine Untersuchung in die Wege zu leiten.

  • Ein Arbeitnehmer vertraut seinem Manager an, dass er sich von einem Vorgesetzten gemobbt fühlt;
  • Ein Kollege erwähnt ein unangebrachtes Verhalten im Rahmen eines Team-Meetings
  • Ein Zeuge berichtet von abwertenden Äußerungen, die er in einer Abteilung gehört hat

Es besteht keine Beweislastpflicht, um eine interne Untersuchung einzuleiten. Zweck der Untersuchung ist je gerade, zu überprüfen, ob der gemeldete Tatbestand stimmt oder nicht.

Dem Arbeitgeber kann vorgeworfen werden, dass er seine Sicherheitspflicht verletzt hat, wenn er Beweise abwartet, bevor er eine Untersuchung beginnt. Er kann zu einer Verurteilung für Unterlassung führen, auch wenn eine Mobbing-Situation letztendlich nicht bewiesen werden konnte.

Eine vergebliche Untersuchung ist besser als gar keine Untersuchung.

Untersuchung ohne Vorwarnung bzw. Anhörung

Grundsätzlich sind die Maßnahmen zur Überwachung der Handlungen von Mitarbeitern sehr streng geregelt und müssen diesen mitgeteilt werden. In einem Konfliktfall zwischen einem Arbeitgeber und einem gekündigten Arbeitnehmer stellte sich die Frage, ob diese Transparenz auch bei Untersuchungsmaßnahmen im Rahmen von Mobbing gelten sollte. In einem Urteil vom 17.03.2021 (Revision, Nr. 18-25.597) hat der französische BGH, der Kassationshof, diese Frage beantwortet.

Der folgende Sachverhalt wurde dem Richter zur Kenntnis gebracht: Die Personalvertreter eines Unternehmens haben Mobbing von Mitarbeitern durch eine andere Mitarbeiterin mit dem Status „leitende Angestellte“ gemeldet.

Als der Arbeitgeber von diesen Vorwürfen entfuhr, hat er beschlossen, eine psychologische Stelle einzurichten, die die mutmaßlichen Opfer begleiten sollte und die Dienstleistungen eines auf psychosoziale Risiken spezialisierten externen Unternehmens in Anspruch zu nehmen, damit dieses den Sachverhalt untersucht. Denn die Sicherheit seiner Arbeitnehmer obliegt dem Arbeitgeber.

Das externe Unternehmen hat folglich die Mitarbeiter, die Opfer und Zeugen waren, zum Sachverhalt des Mobbings angehört. Diese Untersuchung hat ergeben, dass die Mitarbeiterin „rassistische und diskriminierende Beleidigungen geäußert und eine schwerwiegende Störung der Organisation und kollektiven Effizienz verursacht hat.“ Laut den Untersuchungen wurden in der Tat schockierende Bemerkungen gemacht wie „Nigger“ gegenüber einem farbigen Mitarbeiter, „dicke Kuh“ gegenüber einer schwangeren Mitarbeiterin und „Frischfleisch, wir werden sie vergewaltigen“ gegenüber einer jungen Praktikantin.

Der Mitarbeiterin wurde letztlich fristlos gekündigt.

Daraufhin hat die Mitarbeiterin entschieden, vor das französische Arbeitsgericht zu gehen, um den Grund ihrer Kündigung anzufechten. Sie war der Ansicht, dass die Untersuchungen auf unfaire Weise geführt worden waren, da sie hätte angehört und von ihrer Existenz informiert werden müssen. Sie hat sich auf Artikel L.1222-4 des frz. Arbeitsgesetzbuches gestützt, der verfügt, dass „keine Informationen, die einen Mitarbeiter persönlich betreffen, durch eine Vorrichtung gesammelt werden dürfen, die ihm vorher nicht zur Kenntnis gebracht wurde“.

Das Berufungsgericht von Paris hat die Position der Mitarbeiterin bestätigt und wies die durch diese externe Untersuchung gesammelten Beweismittel zurück.

Der Kassationshof ist hingegen der Auffassung gewesen, dass die externe Untersuchung, die auf Anfrage des Arbeitgebers mit dem Ziel, zusätzliche Informationen zum Mobbing zu erhalten, stattgefunden hatte, nicht unter die in dem vorgenannten Artikel L.1222-4 des frz. Arbeitsgesetzbuches vorgesehene Regel fällt. Das Vorgehen des Arbeitgebers verstößt folglich nicht gegen die Beweisführung – die im Rahmen dieser Untersuchung gesammelten Informationen können wirksam genutzt werden, um eine fristlose Kündigung zu begründen. Allerdings hat der Kassationshof nicht ausdrücklich erwähnt, aus welchem Grund dieser Artikel L.1222-4 des frz. Arbeitsgesetzbuches nicht auf Mobbing, das vom Arbeitgeber bewiesen werden muss, angewendet wurde. Dies ist fragwürdig, da es keine Vorschriften gibt, die eine Anpassung des vom Arbeitgeber zu erbringenden Mobbingbeweises vorsehen. Während bei einer internen Untersuchung, die vom Arbeitgeber durchgeführt wird, der betroffene Mitarbeiter vorher nicht informiert werden muss, da diese in der Kontrollgewalt des Arbeitgebers liegt, ist dies bei einer von einer externen Gesellschaft durchgeführten Untersuchung nicht der Fall. Die Validierung dieses Verfahrens ist vielleicht an die Tatsache gebunden, dass, wäre die Mitarbeitern vorgewarnt worden, sie Druck auf ihre Kollegen hätte ausüben können, die das Ergebnis der Untersuchung ohne Zweifel verfälscht hätten.

Freie Wahl des Arbeitgebers über die Organisation

Im Monat Juni 2022 hat der Kassationshof eine Klarstellung zur Zusammensetzung der Kommission vorgenommen, die die Untersuchung vornehmen kann (Revision Nr.21-11437).

Es handelte sich um einen 1990 eingestellten Mitarbeiter, ein Kundenberater, der Kassendirektor geworden ist. Ihm wurde 2015 wegen grobem Verschulden aufgrund von sexueller Belästigung und Mobbing, das von zwei Mitarbeiterinnen angeprangert wurde, gekündigt.

Der Mitarbeiter hat seine Kündigung angefochten und das Berufungsgericht von Rennes hat die Kündigung als grundlos ausgesprochen, da die interne Untersuchung seiner Meinung nach ungültig war.

Das Berufungsgericht von Rennes hat entschieden, den internen Untersuchungsbericht als Beweismittel zurückzuweisen, und zwar aus den folgenden Gründen:

  • der Bericht gab die Dauer der Vernehmung des Direktors nicht an;
  • die beiden betroffenen Mitarbeiterinnen wurden nicht getrennt angehört;
  • es waren nicht alle Mitarbeiter, die Zeugen des Sachverhalts wurden, angehört worden (nur 8 von 20 ohne Erklärung der Wahl der angehörten Personen);
  • das Protokoll wurde nicht unterzeichnet;
  • der Betriebsrat war nicht informiert worden und hatte sich mit der Akte nicht befasst (die Personalabteilung hat die Untersuchung vorgenommen).

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass diese Tatsachen die interne Untersuchung zu einer unfairen Untersuchung machten. 

Der Kassationshof hingegen ist der Ansicht, dass die vom Berufungsgericht von Rennes genannten Gründe für die Zurückweisung des Berichts als Beweiselement nicht ausreichen.

Der Kassationshof begründet seine Entscheidung insbesondere auf dem Freiheitsgrundsatz des Beweises vor den Arbeitsgerichten.

Der Kassationshof erinnert folglich daran, dass der Untersuchungsbericht „durch den Arbeitgeber vorgelegt werden kann, um das dem gekündigten Arbeitnehmer vorgeworfene Fehlverhalten zu begründen.

Letztlich obliegt es den Richtern, die Beweiskraft der Untersuchung zu bewerten, unter der Bedingung, dass die vom Arbeitgeber durchgeführten Untersuchungen nicht illegal sind. Die Tatsachen-Richter müssen auch jedes andere von den Parteien erbrachte Element analysieren.

Im vorliegenden Fall gingen aus dem Untersuchungsbericht Elemente hervor, die das Mobbing kennzeichnen, ohne dass eine illegale Anhörung vorgenommen worden war.  Darüber hinaus ermöglichten die anderen vorgelegten Tatsachen (Protokolle der Gespräche, Bescheinigungen der Mitarbeiter) die Füllung der Lücken des Untersuchungsberichtes.

Auch wenn der Kassationshof dem Arbeitgeber erlaubt, von der Personalabteilung oder sogar einer Steuerberaterkanzlei eine Untersuchung durchführen zu lassen (Berufungsgericht von Bourges, 06.05.2011, Nr. 10-1128), muss dennoch daran erinnert werden, dass immer empfohlen wird, auf den Betriebsrat zurückzugreifen, um eine solche Untersuchung vorzunehmen, und folglich in der Betriebsordnung oder -vereinbarung zum Mobbing vorzusehen, dass der Betriebsrat miteinbezogen wird. Manchmal gibt es auch ernannte Ansprechpartner für Mobbing innerhalb des Betriebsrates.

Der Arbeitgeber verfügt jedoch über keine allumfassende Freiheit: Er darf eine Untersuchung nicht von dem als Haupttäter des Mobbings bezeichneten Mitarbeiter vornehmen lassen (Berufungsgericht von Paris, 05.07.2012, Nr. 10-082996).

Zusammenfassend stellt der Kassationshof dem Arbeitgeber die Bestimmung der Untersuchungsmodalitäten frei, solange diese ernst, fair, kontradiktorisch, unparteiisch und erschöpfend durchgeführt wird.

Erleichterung der Möglichkeiten, Mobbing zu beweisen

Der Kassationshof hat in einem Urteil vom 17. Januar 2024 klargestellt, dass es möglich sein kann, Mobbinghandlungen mithilfe einer unzulässigen Beweismethode, d. h. einer heimlichen Aufnahme, zu belegen. Das Gericht hatte bereits 2021 entschieden, dass es zulässig ist, ein Verhalten zu provozieren, um einen Beweis zu erhalten. Es gibt also eine Lockerung in Bezug auf die Beweisfürhung vom Mobbing.

Auf der anderen Seite wird dem beschuldigten Arbeitnehmer der Zugang zu seinen beruflichen E-Mails zur Verteidigung durch die Gerichte erleichtert – auf der Grundlage des Schutzes personenbezogener Daten.

Der Richter muss jedoch weiterhin

  • sich fragen, ob der rechtswidrige oder unfaire Beweis die Fairness des Verfahrens beeinträchtigt, und
  • muss das Recht auf Beweis gegen andere Rechte abwägen. Die Beeinträchtigung von Rechten muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen.

Im vorliegenden Fall fühlte sich ein Arbeitnehmer als Opfer von Mobbing und hatte einen Antrag auf gerichtliche Auflösung seines Arbeitsvertrags gestellt. Zu diesem Zweck hatte er heimliche Aufnahmen der Mitglieder des Ausschusses für Hygiene, Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (inzwischen durch den französischen Betriebsrat ersetzt) vorgelegt, um das Vorliegen von Mobbing zu begründen. Das Berufungsgericht hatte diesen Beweis als unzulässig erachtet.

Das Kassationsgericht bestätigte die Position des Berufungsgerichts und stellte fest, dass die Vorlage der Aufnahme nicht unbedingt erforderlich war, da andere Beweismittel bereits auf Mobbing schließen ließen. Es schloss jedoch nicht aus, dass ein solcher Beweis erbracht werden kann, wenn er sich als unerlässlich erweist und in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel steht.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

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Bild: fotomowo

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